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Endlich Herbst (2): Neue US-Comedys im Schnelldurchlauf

Die Herbstseason der amerikanischen TV-Sender hat eine Menge Comedy zu bieten, aber welche neue Serie taugt wirklich etwas? Genau läßt sich das natürlich erst nach zwei oder drei Folgen sagen, aber hier sind schon mal meine Vermutungen zu…

Better With You

ABC, 22 Min., Sitcom, Multi-Camera, Laugh Track

Worum geht’s? Drei Großstadt-Paare und ihre Beziehungsprobleme: Ein Paar (Ende dreißig) ist seit neun Jahren Jahren glücklich zusammen, ohne verheiratet zu sein, ein Paar (Anfang dreißig) erst sieben Wochen, aber schon bereit, vor den Altar zu treten, das dritte Paar (über sechzig) ist seit 35 Jahren verheiratet und hat sich kaum noch etwas zu sagen. Tatsächlich sehen wir aber eine Familie: die beiden Frauen der jüngeren Paare sind Schwestern, die Alten ihre Eltern.

Und ist das lustig? Ungefähr so wie „Dharma & Greg“: Solide, aber überraschungsfrei, alles leicht übertrieben gespielt und mit einer nervigen Lachspur verstärkt. Ein Restaurantbesuch zu sechst ist der Höhepunkt der ersten Folge: Das jüngere Paar gesteht seine Heiratsabsicht, die von den Eltern zwar ohne Begeisterung, aber auch ohne Entsetzen aufgenommen wird. Zwar ist Casey ein Trottel (ungefähr wie Joey aus „Friends“), aber immerhin gibt es eine Hochzeit — wenn schon die ältere Schwester nicht und nicht heiraten möchte. Ben, Caseys Schwager in spe, versucht dem jüngeren zu helfen, indem er ein Kärtchen mit Konversations-Dos-and-Don’ts vorbereitet („Nicht über die Schönheits-OP ihres Vaters sprechen — vor fünf Jahren hatte er noch Segelohren, und von einem Tag auf den anderen waren sie weg!“) — nützt aber natürlich nichts („I like your ears!“).

Fazit? „Modern Family“ — nur eben unmodern. Eine Sitcom für die konservative Mehrheit der Amis.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Nein.

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Nach dem Klick: Kurzkritiken zu „My Generation“, „Shit My Dad Says“, „Outsourced“, „Raising Hope“ und „Running Wilde“!

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My Generation

ABC, 45 Min., Mockumentary, Single Camera

Worum geht’s? Ein Kamerateam begleitet neun High-School-Absolventen des Jahrgangs 2000 in Austin/Texas zehn Jahre nach ihrem Abschluß. Was ist aus ihnen geworden: Aus dem Overachiever Steve, Brenda The Brain, Falcon dem Rockstar, Caroline dem Mauerblümchen? Zum Teil das, was man erwartet hätte, zum Teil etwas ganz anderes — aber die meisten haben auf die eine oder andere Weise noch mit ihren ehemaligen Kommilitonen zu tun. Manchmal mehr, als ihnen lieb wäre.

Und ist das lustig? Ist es! Bei einem Ensemble-Stück wie diesem braucht es naturgemäß eine Weile, bis alle Charaktere eingeführt sind; das wird hier durch zahlreiche Rückblenden (in denen der Altersunterschied verblüffend überzeugend wirkt) und Namens-Einblendungen gelöst. Die Charaktere sind alle sehr unterschiedlich und ihre Lebensentwürfe natürlich ebenso, aber die Erzählstruktur gleicht diese Unterschiede aus. Die Serie macht sich über ihre Figuren nie lustig und hält sich auch mit belly laughs zurück — jedenfalls zu Beginn: Im letzten Drittel gibt es bereits eine so lustige cringe comedy-Szene, die sich um peinliche Geständnisse bei einem Blind Date dreht, daß man zu ahnen beginnt, welches Potential in „My Generation“ steckt. Ich hatte jedenfalls sofort Lust auf mehr, zumal es auch noch eine Enthüllung gab, auf welche Weise zwei Figuren miteinander verbunden sind, mit der ich nicht gerechnet hätte und die überraschend viel Drama in die Episode brachte.

Fazit? ComedyDrama at it’s best — sieht nach einer der besseren Serien der Fall Season aus.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Auf jeden Fall!

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Shit My Dad Says

CBS, 22 Min., Sitcom, Multi-Camera, Laugh Track

Worum geht’s? Um den misanthropen Vater eines Mittzwanzigers, der dauernd lustige, meistens böse Sachen sagt („Bike? Take a look out there, does that look like Bangkok? I’m not getting a bike“).

Und ist das lustig? Nein. Oder sagen wir es so: Wenn Oneliner der Zuckerguß auf der Sitcom-Torte sind, dann hat man hier nach fünf Minuten einen Zuckerschock. Leckere Torten müssen jedenfalls aus mehr als aus Glasur bestehen — hier haben sich alle Beteiligten aber angestrengt, jede weitere Zutat zu vermeiden: Die Story ist dünn bis abwesend (der gescheiterte Sohn will Geld vom Vater und zieht wieder zuhause ein), die Figuren werden auf die plumpeste denkbare Weise eingeführt („Come hug your brother from another mother!“), und auf Schauspieltalent wurde vollständig verzichtet. Wozu auch teure Schauspieler einkaufen, wenn ohnehin Bill Shatner die Hauptrolle spielt?

Fazit: Man muß Bill Shatner dafür bewundern, wie er einen Beruf daraus gemacht hat, Bill Shatner zu sein.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Äh… Nein.

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Outsourced

NBC, 22 Min., Sitcom, Single Camera

Worum geht’s? Todd ist Leiter des Callcenters einer Scherzartikelfirma (Scherzartikelfirma sagt im Grunde schon alles, oder?). Zu Beginn der Show wird er outgesourced und nach Indien geschickt, um dort mit einer indischen Trottelbande eine neue Telefonzentrale aufzubauen, und stellt fest, daß Inder lustige Namen haben („Man Meat“), daß in Indien Kühe vor dem Fenster stehen, aber nicht geschlachtet werden dürfen, man vom Essen Dünnpfiff kriegt und Inder keine Ahnung vom lustigen Leben in den USA haben, wo man künstliche Kotze und Hüte kaufen kann, die aussehen wie ein Stück Käse. Haha, Käse…!

Und ist das lustig? Nur wenn man auf billige Namenswitze („Man Meat“) steht und über Dünnpfiff lachen kann. Die Witze gehen jedenfalls sämtlich zu Lasten der Inder („Man Meat“), die alle Trottel sind.

Fazit: Stereotypen können lustig sein! Bzw. halt, Moment, wirklich?

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Wer auf stereotype trottelige Inder steht: Nur zu.

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Raising Hope

FOX, 24 Min., Sitcom, Single Camera

Worum geht’s? Jimmy, Anfang zwanzig, white trash mit Eltern, die kaum älter zu sein scheinen als er selbst, kommt wie die Jungfrau zum Kind: Ein One-Night-Stand — schon hat er ein Baby, das er auch noch alleine aufziehen muß (um nicht zu viel zu spoilern, will ich mal nicht verraten, warum die Mutter von der Bildfläche verschwindet). Naiv wie er ist, ist er dafür alles andere als geeignet — entscheidet sich aber doch für seine Tochter. Auch wenn er sie zunächst im familieneigenen Einkaufswagen (der sonst als Grill dient) herumschieben muß, nicht weiß, daß man einen Kindersitz auf der Auto-Rückbank befestigen muß, und sich fragt, ob man für ein weißes Baby auch Babynahrung kaufen darf, auf der ein dunkelhäutiges oder asiatisches Kind abgebildet ist.

Und ist das lustig? Durchaus: Viel physical comedy, viele visuelle Gags — Humor, den man als laddish beschreiben könnte, sprich: für Jungs. Der Produzent kommt von „My Name is Earl“ und „Family Guy“, und das sieht man auch. Frauen werden dafür von Szenen, in denen etwa auf Babys gekotzt wird, eher weniger begeistert sein.

Fazit: Recht solide Comedy von Humor-Profis. Um nicht zu sagen: Vollprofis.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Ich werde es auf jeden Fall tun — ob ich bis zum Serien-Finale dranbleibe, weiß ich aber noch nicht; auch bei „My Name is Earl“ und „Family Guy“ hat sich für meinen Geschmack ab einem gewissen Punkt alles zu oft wiederholt.

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Running Wilde

FOX, 22 Min., Sitcom, Single Camera

Worum geht’s? Der nicht mehr ganz junger Taugenichts Steve, Erbe eines Öl-Imperiums, will seine Jugendliebe Emmy zurückerobern. Problem: Sie ist Umweltaktivistin und kämpft am Amazonas für die Rechte der Urwald-Indianer — und gegen Wilde Oil. Ihre zwölfjährige Tochter Puddle aber haßt das Leben im Regenwald, will lieber unter normalen Umständen aufwachsen und spricht nicht mehr mit ihrer Mutter (dafür mit dem Zuschauer als Erzähler-Off-Stimme). Als Steve sich selbst einen „Humanitarian Award“ verleiht und Emmy dazu einlädt, folgt sie seiner Einladung, um ihn von den Plänen der Firma abzubringen, den Urwald zu roden und die Indianer zu vertreiben. Puddle nutzt die Gelegenheit, um sich mit Steve zu verbünden und in den USA zu bleiben.

Und ist das lustig? In weiten Teilen: ja. Das liegt zum einen an Will Arnett, den man aus „Arrested Development“ und „30 Rocks“ kennen kann, zum anderen daran, daß auch der Humor von „Running Wilde“ so ähnlich funktioniert wie in diesen beiden Shows: eine etwas größere Version der Welt, etwas bunter, etwas lauter und viel komischer. In einer Nebenrolle übrigens: Peter Serafinowicz, der es offenbar nach Amerika geschafft hat. Hoffentlich findet er den Weg zurück.

Fazit: Das könnte was werden, wenn die Macher sich beherrschen und es nicht so übertreiben, daß die Prämisse unglaubwürdig wird und das odd couple allzu odd.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Klar — schon wegen des prima Gags mit den Amazonas-Indianern, die Steve Emmy zuliebe alle in ein Hotel in die USA eingeladen hat, wo sie fröhlich im Pool planschen („They’re happy here!“).

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Nach all den US-Comedys habe ich, das nur am Rande, übrigens noch die erste Folge der dritten Staffel „Inbetweeners“ (Channel 4 bzw. E4) gesehen, in der die Oberstüfler eine Modeschau veranstalten. In dieser Folge hängt einem von ihnen während seines ganzen Laufes auf dem Catwalk ein Ei aus dem allzu engen Höschen, und die Kamera bleibt gefühlte sieben Minuten voll drauf — wahnsinnig geschmacklos, irre lustig, eine Szene, die in keiner US-Sitcom jemals vorkommen würde, und genau der Grund, warum ich dann doch immer wieder zu Britcoms zurückkehre.

  1. 25. September 2010, 13:28 | #1

    „Shit My Dad Says“ ist in der Tat schrecklich, es ist so altbacken, dass man jede Sekunde Alf an der Tür erwartet. Freuen würde ich mich nun über ein Buch vom Vater mit dem Titel „Shit My Son Produces“.

    Dass „Raising Hope“ sich schnell totlaufen könnte, befürchte ich nur ein ganz bisschen. Die Serie hatte für mich bei meinem bisherigen Screening den größten Lacher gehabt: Windel öffnen und auf das Baby kotzen ist einfach sensationell komisch.

  2. 26. September 2010, 01:54 | #2

    habs gerade gesehen, shit my dad says, als tv-serie langweilig. schöne oneliner gibt es übrigens hier zu lesen, die find ich ganz gut:
    http://twitter.com/oldwhitemansays

  3. 26. September 2010, 09:21 | #3

    Also bislang bin ich enttäuscht.

    Better With You ist erträglich, aber einfach zu überzogen gespielt und der Dummbatzer geht mir schon nach ein paar Sekunden auf die Socken. Sehr vorhersehbar, auch wenn einige Dialoge schön spitz sind. 5/10

    Raising Hope ist mir zu krampfig, zu sehr versucht die Lacher aus allem rauszukitzeln. Und dann die „menschlichen“ Momente gemischt mit Fäkalhumor, ne, geht garnicht, auch wenn die Kassiererin lecker ist. 3/10

    Die Empfehlung zu Running Wilde kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Selten so gelangweilt, nicht mal eine handvoll guter Gags (die Pony-Geschichte war mässig witzig), überdrehte und unglaubwürdige Charaktere, ein Drehbuch voller Lücken und Hängern, was durch Hektik und Skurrilität überdeckt werden soll. 30 Rock für ganz Arme. 1/10

  4. 26. September 2010, 22:33 | #4

    juergen, der Account gehört zur Serie Community, die gerade in die zweite Staffel gegangen ist. Es ist ein Seitenhieb auf die Serie Shit My Dad Says – hinter oldwhiteman stecken die Sprüche des Charakters, den Chevy Chase spielt.

  5. 26. September 2010, 22:36 | #5

    Ich werde mit My Generation nicht warm. Aus dem einzigen Grund, dass mich die Inszenierung so extrem enttäuscht. In Zeiten von Real-Live-TV sollten Mockumentaries einfach mehr wie Doku aussehen. Hier stimmt keine einzige „beobachtende“ Kameraeinstellung. Dazu sind die Schauspieler einfach zu schlecht geführt, um das auch nur annähernd authentisch wirken zu lassen. In Sachen Mockumentary kommt irgendwie nichts an wahre „The Office“.

  6. 1. Oktober 2010, 08:10 | #6

    Von „Shit my Dad says“ hatte ich – auch wenn ich nicht mehr so recht weiß, warum – mehr erwartet, so ist es nicht mal eine durchschnittliche Sitcom. Da ist was erwähnte „Community“ (ohne Laugh Track) um Längen besser, die vorletzte (?) Folge der ersten Staffel, bei der es zu einem Paintball-Kampf auf Leben und Tod um den Preis „prior registration für alle Kurse“ kommt, war beispielsweise großartig.

    Raising Hope fand ich ganz vielversprechend, gerade die Einführung der Personen und Hintergrundgeschichte war trotz der begrenzten Zeit gut gelungen (im Gegensatz zu „Shit…“). Und es ist auch mal witzig, Matt Dillahunt in einer komischen Rolle zu sehen, ich kannte ihn bisher eigentlich immer nur als zwielichtigen/bösen Charakter („4400“, „Terminator SCC), „Burning Notice“). Eine Serie, die mit Babys und der ach so großartigen Mutter-/Vaterschaft etwas respektlos umgeht, kann nie schaden (der Autositz!).

    My Generation werde ich auch weiter schauen, die bisher aufscheinenden und überraschend häufig eher traurigen als lustigen Hintergrundstories der Charaktere wirkten gut konstruiert und sorgen dafür, dass die Serie wesentlich mehr als eine Variotion einer Highschool-Comedy ist. Die Kritik an den Kameraeinstellungen teile ich allerdings und auch die Fragen/Kommentare des „Dokumentarteams“ könnten etwas zurückgefahren werden, aber das lag vielleicht auch daran, dass es sich um die erste Folge handelte und man mehr „erklären“ wollte.

    Bei „Running Wilde“ bin ich allerdings auch eher der Ansicht von MK. Die einzige halbwegs sympathische und außerdem überraschend gut gespielte Figur ist die der Tocher Puddle. Will Arnett fand ich schon bei 30 Rock sehr nervig, was, wie man hier merkt, nicht an seiner Figur, sondern an seiner Art zu spielen liegt. Eigentlich schade, aus der Story ließe sich sicher eine akzeptable Comedy machen, aber nicht so.

  7. 1. Oktober 2010, 11:55 | #7

    ja, die zweite folge „running wilde“ hat mich auch mit dem gefühl hinterlassen, daß das wohl nicht der ganz große wurf ist. (wie auch die zweite folge „boardwalk empire“ sehr enttäuschend war und alles so verrätselt weitererzählt hat wie schon die erste folge – mich haben die figuren jedenfalls alle weiterhin kalt gelassen. und wo wir schon bei nicht-comedys sind: „terriers“ gucke ich dafür immer lieber.)

  8. 4. Oktober 2010, 13:48 | #8

    Tja, My Generation ist schon abgesetzt, hab´ zwar die zweite Folge noch nicht gesehen, aber ist schon etwas schade, da hätte ich gern wenigstens eine komplette Staffel gesehen.

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