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„Even the one with Joey!“

Eine gute Idee erkennt man daran, dass sie einem so naheliegend erscheint, dass man sich fragt, warum noch niemand früher darauf gekommen ist. Rufus Jones‘ neue Sitcom „Home“ (Channel 4, soeben angelaufen) ist so ein Fall.

Der aus Syrien geflüchtete Sami (Youssef Kerkour), der sich im Kofferraum einer britischen Mittelschichtsfamilie versteckt über den Kanal nach Großbritannien schmuggelt und dort von der großherzigen mater familias Katy (Rebekah Staton, „Raised by Wolves“) Obdach erhält, gegen den Willen ihres Freundes Peter (Jones), das ist ein Ansatz, mit der derzeitigen Weltlage umzugehen, mit Flucht und Umgang mit Flucht, der gleichzeitig aktuell und absolut klassisch ist: denn das ist das Rezept, das von „ALF“ bis „Pumuckl“ immer das gleiche ist.

Oder eben bei „Paddington“, den Peter selbst zur Sprache bringt: „He’s not Paddington!“ O doch, das ist er. Gut ausbalanciert ist das Verhältnis der Figuren in „Home“, denn Peter ist nicht etwa Ehemann von Katy, sondern ihr neuer Freund. Es ist ihr Haus, ihr Sohn, sie kann Peter ganz leicht in die Schranken weisen (oder sogar aus-), und die Ähnlichkeit zwischen Peter und Sami wird offensichtlich, als beide die Nacht auf je einem Sofa im Wohnzimmer verbringen müssen, obdachlos gemacht von Mächten, denen sie schutzlos ausgeliefert sind.

Und so resultieren viele Witze weniger aus der Fremdheit Samis in seiner neuen Umgebung als aus seiner Ähnlichkeit mit ihr: Er ist Englischlehrer wie Katy, und er liebt, klaro, England ohnehin: „Winston Churchill! Elizabeth II.! Top Gear! Even the one with Joey!“ Ja, wir stehen Geflüchteten nicht mehr gegenüber wie die Familie Tanner ALF, wir wissen eigentlich ganz gut, wer sie sind und wie.

Bislang hat „Home“ noch keinen großen Widerhall gefunden, aber es ist ja auch noch früh. Die erste Folge gibt Anlass zur Hoffnung, hier komme mal wieder eine große kleine Sitcom aus Großbritannien, eine vom Zuschnitt „Lead Balloons“ etwa, „Fresh Meat“ oder „Extras“ (ich fürchte mich, btw, etwas vor Gervais‘ neuer Serie „After Life“ — jemand schon was gesehen davon?) — an diesen Serien hat Rufus Jones nun auch schon mitgeschrieben, also ist diese Hoffnung am Ende nicht ganz unberechtigt.

  1. edda
    10. März 2019, 19:30 | #1

    Ich hab grade „After Live“ in einem Rutsch weggeschaut. Perfektes Sonntagnachmittagentertainment!
    Ist mir ja ein bisschen peinlich, aber ich fand sogar die Pipikaka-Witze super. Weil supertrocken!
    Es ist natürlich nicht Charlie Brooker, hat aber zum Ausgleich auch nur Spuren von „Derek“.
    Und ja, hätte ganz schön schief gehen können. Isses aber nicht!

  2. 11. März 2019, 12:26 | #2

    Stimmt, die ersten beiden Folgen haben mich auch sehr angenehm überrascht. Kritik folgt, wenn ich alles gesehen habe!

  3. edda
    13. März 2019, 10:00 | #3

    „Home“ war ein sehr guter Tipp. Danke!
    Hab grade die erste Folge gesehen und werde definitiv weiterschauen.
    Wie so oft in britischen Comedyserien, und ganz anders als in den meisten deutschen, werden alle Charaktere ernst genommen.
    Ich glaube, Rufus Jones hat das Paddington/ALF-Konzept weiterentwickelt und etwas verschoben, indem er dem alien einen riesigen Haufen theoretisches Wissen über unsere Welt mitgegeben hat, während wir darüber staunen, dass es überhaupt Ähnlichkeiten gibt.
    Sehr weise, sehr wahr. Großes Potenzial!

    PS Großartige Frauenfigur. Hab sofort Freundschaft geschlossen.

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