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Artikel Tagged ‘Little Britain’

That was the year that was

20. Januar 2009 3 Kommentare

Der British Comedy Guide hat gerade die BCG Awards für 2008 vergeben, und die Leser, auf der Abstimmung die Preisverleihung beruht, haben guten Geschmack bewiesen.

Tatsächlich aber erklärt sich der Award für die beste neue Sitcom, der an „The Inbetweeners“ ging, nur daraus, daß 2008 ein eher mittelgutes Comedyjahr war. Denn die Sitcom um vier Vorstadt-Teenager ist zwar gut, aber nicht überdurchschnittlich. Dazu sind die Hauptfiguren zu standardisiert: Will ist der Neue an der Schule, der seinen Platz in der Gemeinschaft erst erkämpfen muß, wobei ihm sein hochnäsiges Strebertum ein bißchen im Weg steht, Simon ist der romantische Uncoole, Jay das halbcoole Großmaul und Neil der etwas zu langsame, auf dessen Kosten die anderen ihre Witze reißen. Gemeinsam machen sie erste Erfahrungen mit Mädchen, Alkohol und Autos — und an dieser Stelle wird klar, daß „The Inbetweeners“ für Zuschauer über 20 kaum etwas zu bieten hat. Allerdings wüßte ich aus dem letzten Jahr ebenfalls keine bessere neue Sitcom.

„Lab Rats“ erhält den Award für die schlechteste neue Sitcom 2008 völlig zu Recht: Eine solche Anhäufung von Zoten, in denen vornehmlich Leute angepinkelt und frauenfeindliche Sprüche geklopft werden, ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Rätselhaft, daß die BBC Shows wie diese überhaupt in Auftrag gibt.

Über „Outnumbered“ (beste fortgesetzte Sitcom) und „Peep Show“ (beste Sitcom) werde ich noch berichten, dito über „Harry and Paul“ (beste Sketchshow), deren zweite Staffel sehr gut war, viel besser als die erste — was aber auch kein Wunder ist, schließlich zählen Paul Whitehouse und Harry Enfield zu den ganz Großen der britischen Comedy. Wer nach dem „Flying Circus“ eine zweite brillante Sketchshow kennenlernen möchte, dem sei Whitehouse‘ und Charly Higgsons „The Fast Show“ wesentlich wärmer empfohlen als das überbewertete „Little Britain“.

Update: Ich habe „Lab Rats“ und „Clone“ verwechselt. „Lab Rats“ war einfach nur langweilig, „Clone“ dagegen die Pinkel- und Frauenwitz-Sitcom von Mark Gatiss, der sich vor allem mit der (in meinen Augen eher halbguten) Provinz-Sitcom „The League of Gentlemen“ hervorgetan hat.

It’s a priest thing you wouldn’t understand

9. Januar 2009 1 Kommentar

Drei katholische Priester auf einer abgelegenen Insel westlich von Irland sollten das Sitcom-Dreamteam der Neunziger Jahre werden und Channel 4 einen seiner wenigen Comedy-Hits dieser Tage liefern: „Father Ted“ — der in den Top Ten meiner Lieblingsbritcoms aller Voraussicht nach für immer unter den ersten fünf bleiben wird — mutet auf den ersten Blick ein wenig altmodisch an und ist tatsächlich zum größeren Teil als Fourth-Wall-Sitcom gedreht, was seinerzeit völlig wider den Zeitgeist lief. Möglicherweise aber wurde erst die Mischung aus surrealer, oft sehr physischer Komik und einer harmlosen, leicht anachronistischen Form zu dem Treibstoff, der „Father Ted“ in ungeahnte komische Höhen aufsteigen ließ: Die Unschuld der Form gestattete es überhaupt erst, einen durchgehend delirierenden, schmutzverkrusteten Father Jack (Frank Kelly) zu zeigen, der zwischen seinen alkoholinduzierten Schläfchen flucht („Feck! Girls! Arse!“) und trinkt, was er kriegen kann — Kloreiniger, Bremsflüssigkeit, egal. Die Harmlosigkeit, mit der Ardal O’Hanlon Father Dougal spielt, macht dessen Dummheit erst zu der naiven Art eines Zehnjährigen: Man muß ihm einfach nachsehen, daß er nicht an Gott oder irgendeine Form organisierter Religiosität glaubt. Und auch Father Ted (Dermot Morgan), der dazu berufen ist, Jack und Dougal unter Kontrolle zu halten, verzeiht man seinen Hang zu Ruhm und Geld, der hin und wieder mit seinem Beruf als Pfarrer und seinem Glauben kollidiert („The money was only resting in my account!“).

Das klerikale Trio mit zwei Hirnzellen und seine teeverrückte Haushälterin Mrs. Doyle stürmen auch viel zu schnell die Herz der Zuschauer, als daß diese die Abenteuer von „Father Ted“ ernsthaft als religions- oder kirchenkritisch einstufen könnte: Tatsächlich beschwerte sich nach der ersten Folge ein Zuschauer, „Father Ted“ sei antikatholisch, während sich ein anderer beschwerte, die Serie sei prokatholisch. In Wahrheit dient das Setting in der irischen Landgemeinde einfach der Fallhöhe: Es ist viel komischer, wenn Priester gemeinsame Urlaube im Wohnwagen verbringen, Seniorenfußballspiele organisieren, Ähnlichkeitswettbewerbe veranstalten, sich bei versehentlichen rassistischen Beleidigungen gegen Chinesen erwischen lassen, beim Eurovision Song Contest mitmachen, das Erbe eines Nazidevotionalien sammelnden Kollegen antreten oder in einer Parodie auf „Speed“ mit einem explosiven Milchwagen fahren, als wenn Nicht-Priester das tun.

Außerdem waren Mathews und Morgan in diesem Setting entscheidend im Vorteil: Sie hatten bereits als komische Priester Comedy-Erfahrung gesammelt. Mathews war in einer U2-Parodieband („The Joshua Trio“) als Priester aufgetreten, Morgan hatte zu seiner Zeit als Lehrer Stand-Up-Gigs in der Rolle von Father Trendy, der zu vielen Themen des Alltags weise Worte auf Lager hatte, wie etwa über den Rolls Royce, den er vor einem Hotel in Dublin gesehen hatte: „It made me think wouldn’t it be nice of we all had Rolls. And then I thougt but we all do have Rolls oder should I say roles — which we must fulfill.“

Für Linehan und Mathews, die sich zuvor schon hauptsächlich als Sketch-Autoren für die „Fast Show“ und „The Day Today“ Meriten erworben hatten, begannen nach „Father Ted“ große Karrieren: Sie schrieben für Steve Coogan und Chris Morris’ sowie für die Sketchshow „Big Train“, die Sitcoms „Black Books“ und „Hippies“; Linehan führte bei „Little Britain“ und „Black Books“  Regie. O’Hanlon war Mitbegründer von Irlands erstem alternativen Comedy-Club, „The Comedy Cellar“ (1988 in Dublin) , geht mit Stand Up-Programmen regelmäßig auf Tour und hatte mit drei Staffeln „My Hero“ (BBC1 2000 – 2002) einen weiteren großen Publikumserfolg. Nur Dermot Morgan blieben größere Erfolge verwehrt: Er starb mit nur 45 Jahren am Tag bevor die dritte Staffel „Father Ted“ ausgestrahlt werden sollte. Die pseudoirische Wortschöpfung „feck“ übrigens hat es in das seriöse Oxford English Dictionary geschafft — „das Vermächtnis von ‚Father Ted’“ (Pauline McLynn alias Mrs. Doyle).

Alle drei Staffeln und das Weihnachts-Special sind in diversen DVD-Ausgaben erhältlich.