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…“The Thick of It“

7. Juni 2010 2 Kommentare

Armando Iannuccis Politsatire „The Thick of It“ (BBC2) hat bei den gestrigen Preisverleihung der British Academy of Film and Television Arts, kurz: den Baftas abgeräumt. Beste Sitcom, bester männlicher Hauptdarsteller (Peter Capaldi als Malcolm Tucker), beste weibliche Hauptdarstellerin (Rebecca Front als Nicola Murray): drei Awards für eine so intellektuelle, politische Sitcom, das ist sehr erfreulich.

Weiterhin wurde „The Armstrong and Miller Show“ (BBC1) als „Best Comedy Programme“ ausgezeichnet; der „YouTube Audience Award“ ging an „The Inbetweeners“ (E4, hier ein Clip bei YouTube). E4 darf sich außerdem darüber freuen, daß mit „Misfits“ eines seiner jungen ComedyDramas prämiert wurde.

Hier findet sich ein ausführlicher Text zur Bafta-Preisverleihung in Bezug auf Comedy; nachstehend ein Ausschnitt aus der „Armstrong and Miller Show“: Der Ursprung des Smalltalks.

And the Bafta goes to…

Heute abend werden die Baftas vergeben, denen ich mangels sensationeller neuer Comedy in den letzten zwölf Monaten allerdings eher halb interessiert entgegensehe. In der Sparte Comedy Programme sind nominiert:

  • „The Armstrong and Miller Show“
  • „The Kevin Bishop Show“
  • „Stewart Lee’s Comedy Vehicle“
  • „That Mitchell and Webb Look“

Mein Favorit in dieser Kategorie wäre selbstverständlich Stewart Lee, dessen Stand-Up-Show (an der auch Armando „The Balding God“ Iannucci beteiligt ist) nicht  nur die einzige neue unter den Nominierten, sondern auch die originellste ist: solipsistisch, beißend, finster — ganz nach Lees Motto If you prefer a milder comedian, please ask for one.

„Armstrong and Miller“ liefern klassische Sketch-Comedy, die wesentlich von der Chemie zwischen Alexander Armstrong und Ben Miller lebt („Worst Week of My Life“) und zwar eine ganze Menge gute Ideen hat, aber schwerlich die Neuerfindung des Comedy-Rades ist. Gleiches gilt für Mitchell & Webb sowie Kevin Bishop: letzterer hat die schnellsten Gags, erstere haben den Vorteil, Mitchell und Webb zu sein. Alle drei (außer Lee) müssen sich das vergiftete Lob gefallen lassen, „solide“ zu sein: gut gemacht, handwerklich top, in weiten Teilen auch verläßlich komisch, aber eben traditionell.

Nominiert in der Sparte Situation Comedy sind

  • „The Inbetweeners“
  • „Miranda“
  • „Peep Show“
  • „The Thick of It“

Von diesen vier fallen für mich persönlich zwei sofort raus: Miranda Harts „Ich bin so ein liebenswerter Tollpatsch“-Sitcom und die Coming-of-Age-Comedy „Inbetweeners“, die gewiß viele Wiedererkennungs-Gags für 17jährige am Start hat, nicht aber für meine Generation. „Peep Show“ (sechs [!] Staffeln) und „The Thick of It“ (je nach Zählweise zwei bzw. drei Staffeln) sind beide verdienstvoll, aber über beide wurden auch schon sehr viele Loblieder gesungen.

Auch dieses Jahr finde ich es unerklärlich, daß „Outnumbered“ nicht einmal nominiert ist (bis auf Hugh Dennis als besten männlichen Performer). Aber es ist ja auch Miranda Harts unfaßbarer Mist nominiert (und Hart selbst sogar noch als „Best Female Perfomance in a Comedy Role“), während sagen wir „Psychoville“ oder „Gavin & Stacey“ ignoriert wurden.

Einzige Kategorie, die mich am Rande interessiert, ist dieses Jahr Drama Series, in der ich sowohl „Misfits“ als auch „Being Human“ gerne an erster Stelle sähe; beide Serien seien an dieser Stelle abermals schwer empfohlen.

Die komplette Comedy-Shortlist findet sich im British Comedy Guide.

Dramedy mit Geist (und, äh, Werwolf und Vampir)

28. Januar 2010 8 Kommentare

Fantasy ist nicht mein Genre. Horror schon eher, aber eigentlich nur, solange Zombies eine Rolle spielen. Geister halte ich für Kinderkram, und wenn ich irgend etwas auf den Tod (haha!) nicht ausstehen kann, dann Vampire. Schon gar nicht die kastrierten, asexuellen Vampire, die momentan Bücher und Leinwände bevölkern. Kinderkram, aber von der unangenehmen, der „Narnia“-Sorte.

Andererseits war ich froh, für „Misfits“ eine Ausnahme von meiner Fantasy-Abstinenz gemacht zu haben, und von dort war es kein weiter Weg mehr zu „Being Human“. Und abermals bin ich angenehm überrascht worden: „Being Human“ war zu Recht so erfolgreich, daß die BBC gerade die zweite Staffel zeigt (BBC3, sonntags, 21 Uhr).

Annie, Mitchell und George sind drei Twentysomethings, die zusammen in einem Haus in Bristol wohnen. Mitchell ist Ire, Pfleger in einem Krankenhaus, trägt gerne schwarze Klamotten und hat wegen seines ungezwungenen Charmes gute Chancen bei den Frauen. Und er ist ein Vampir. Damit geht er allerdings weit souveräner um als George mit seinem Handicap: Er ist Werwolf, verdrängt das aber, so gut es geht — schon weil es so überhaupt nicht zu seinem ansonsten eher zurückhaltenden, intellektuellen Wesen paßt. Annie schließlich lebt am längsten im Haus, bzw.: sie „lebt“ dort, denn genaugenommen ist sie tot, ein Geist, der an das Haus gebunden ist. Die drei haben sich nach langer Suche zu Beginn der Serie gefunden, denn sie eint eines: Sie wollen ihre dunklen Seiten nicht die Oberhand gewinnen lassen, sie wollen menschlich, wollen Menschen sein: being human.

Wie bei „Misfits“ halte ich es der Serie zunächst einmal zugute, daß dieses lächerliche Setup überzeugend genug erzählt wird, daß man die meisten dummen Fragen (warum, wie, woher) erst gar nicht stellt. Sondern zunächst dem Charme der Darsteller erliegt, und dann sogar die unausweichliche Transformation Georges in einen Werwolf hinnimmt, weil nicht einmal sie die Atmosphäre ruiniert (bin das ich oder sind Verwandlungen von Menschen in, nun ja, Schäferhunde immer und per se albern?).

Mit dem Fortschreiten der Serie trägt dann die zweite Ebene immer mehr: Daß neben allen Fantasy-/Horror-Plots beständig die conditio humana diskutiert wird. Denn Georges dunkle Seite als Werwolf ist natürlich kaum etwas anderes als eine Ästhetisierung der Triebe, die dem Menschen innewohnen und die es zu unterdrücken gilt, soll es zu so etwas wie Kultur und Zivilisation kommen; ähnlich könnte man Mitchells Vampirtum als Bildlichmachung des Bösen, Asozialen sehen, das ebenfalls bekämpft werden muß, will man nicht zur dunklen Seite der Macht gehören. Annies Geisterdasein schließlich ist etwas eher Passives, nämlich neurotische Bindung, unaufgelöste Konflikte, in ihrem Falle konkret mit ihrem Verlobten, der immer noch der Hausbesitzer und Vermieter ist und hin und wieder mit seiner neuen Freundin auftaucht.

Konkret komische Momente sind in „Being Human“ (sechs Folgen á knapp unter 60 Minuten) seltener als etwa in „Misfits“; allerdings spürt man unter der ernsten Oberfläche eine deutlich humorvolle Erzählhaltung. „Being Human“ nimmt sich insgesamt nicht so ernst wie reine Drama-Serien (etwa das sensationell humorfreie „Survivors“, das ich auch gerade sehen durfte) — ich meine: da leben ein Vampir, ein Geist und ein Werwolf in einer WG — wie ernst kann das sein? Und doch funktionieren auch die Horror- und Drama-Elemente: Als Annie etwa herausfindet, was genau sie noch in dieser Welt hält, und ihre tief sitzende, unkontrollierbare Wut sie zu einem Poltergeist macht, der beginnt, die Wohnungseinrichtung zu demolieren, ist das durchaus spannend. So spannend sogar, daß ich gar nicht allzu viel verraten möchte.

Von Autor Toby Whitehouse stammt auch das Comedy-Drama „No Angels“; er selbst ist auch Stand Up-Comedian und war in einer kleinen Rolle in „Bridget Jones’s Diary“ zu sehen.

Neue Helden

14. Januar 2010 10 Kommentare

Der Serienansatz ist nicht neu: Gewöhnliche Menschen, die plötzlich die Fähigkeiten von Superhelden haben, das gab es schon in „Heroes“ und „The 4400“. Aber „Misfits“ (E4 2009), die britische Variante des Themas, ist besser, weil es typisch englisch ist: einen Ticken dreckiger — und zwei lustiger.
https://www.youtube.com/watch?v=dkL6AOFgmls&hl=de_DE&fs=1&

Sie sind die letzten, von denen man sich retten lassen würde, und sie haben auch nichts dergleichen vor: fünf straffällig gewordene Jugendliche reißen ihre Sozialstunden in einem pittoresk desolaten Industriestadtviertel herunter. Großmaul Nathan wird von seiner Mutter vor die Tür gesetzt und ist damit obdachlos, Supernerd und Brandstifter Simon hat den flackernden Blick eines jungen Klaus Kinski, Vorstadtschlampe Kelly gibt sich als die Billigversion von Katie Price (falls das überhaupt vorstellbar ist), Partygirl Alisha ist beim Autofahren unter Alkoholeinfluß erwischt worden, und der Schwarze Curtis hat sich eine hoffnungsvolle Sportlerkarriere durch Drogenhandel versaut. Nun müssen sie Parkbänke streichen und Senioren die Langeweile bei Kaffee und Kuchen vertreiben — und nach einem mysteriösen Gewitter, bei dem sie beinah von koffergroßen Hagelkörnern erschlagen werden, auch noch mit merkwürdigen Begabungen umzugehen lernen, die einer nach dem anderen an sich feststellt: Kelly kann Gedanken lesen (die meistens nicht sehr schmeichelhaft für sie sind — sogar ihr Hund schlabbert ihr erst das Gesicht ab und denkt dann: Wenn die wüßte, daß ich mir gerade die Eier geleckt habe…), Simon wird hin und wieder unsichtbar, ohne diese Gabe aber steuern zu können, und Curtis hat in besonderen Momenten Flashforwards (bzw. kann tatsächlich in der Zeit zurückreisen und die Gegenwart verändern). Ihr Problem: Nicht nur sie haben durch das Gewitter merkwürdige Befähigungen erhalten…

Spoilers ahead, darum hier mein Tip: Wer dieses düster-komische Jugenddrama im Stile von „Skins“ mit allen überraschenden Wendungen sehen möchte, sollte lieber bestellen statt weiterzulesen.

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