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Empfehlung des Hauses

Es ist schon eine Weile her, daß Kochen der neue Rock’n’Roll und die englische Küche besser wurde, als ihr Ruf bis heute ist: Jamie Olivers erste Fernsehshow „The Naked Chef“ lief 1999 an; da gab es die neue britische Begeisterung für Haute Cuisine bereits eine ganze Weile. So lange sogar schon, daß bereits von 1993 bis ’96 drei Staffeln „Chef!“ auf BBC1 gelaufen waren, in denen Lenny Henry einen cholerischen Sternekoch in einem Gourmet-Restaurant auf dem Land spielte, bei dem sich Überheblichkeit und Talent die Waage hielten. Es ist also keine ganz fangfrische Idee, heute eine Sitcom zu machen, in der Alan Davies einen überheblichen, talentierten Chefkoch in einem Nobelrestaurant auf dem Land spielt.

Zum Glück haben Matt King und Oliver Lansley das berücksichtigt, als sie „Whites“ geschrieben haben (BBC2, dienstags). Ihr Chefkoch Roland White (dem eine gewisse Ähnlichkeit mit Bob Geldof nicht abzusprechen ist) hat sein Haltbarkeitsdatum erreicht, wo nicht überschritten. Ihm ist langweilig geworden über die Jahre, er spricht lieber seine Autobiographie (um die ihn niemand gebeten hat) ins Diktiergerät, als in der Küche zu arbeiten, und er kocht schon seit Jahren die gleichen Gerichte — meistens mit Fleisch. Mit sehr viel Fleisch. Seine Restaurant-Managerin Caroline hätte gerne, daß er auch mal ein, zwei vegetarische Gerichte in Angriff nimmt, und sein Souschef Bib hätte gerne, daß er überhaupt mal irgendwas in Angriff nimmt. Selbstredend wird aus Whites Buchvertrag nichts, denn die Verlegerin, Gast der Restaurant-Eigentümerin, ist: Vegetarierin. Und auch der Besuch des Sternekochs Shay Marshall in der zweiten Folge endet im Desaster, denn der hat, vor Urzeiten, mal als Lehrling bei Roland angefangen, seinen Chef aber längst einge- und überholt. Und nicht zuletzt hat Roland auch noch eine Rechnung mit ihm offen, die er nun auf hinterhältige Weise zu begleichen gedenkt.

Im Trailer: Kellnerin Kiki und Souschef Bib klären, was das Wort „Steak“ bedeutet.

https://www.youtube.com/watch?v=lN4V_tgXuNY?fs=1&hl=de_DE

„Whites“ (eine Kamera, kein Laugh Track) ist, ganz ähnlich wie „Rev.“, ein Slow Burner, der nicht auf schnelle Lacher und burleske Comedy setzt. Erst nach zwei, drei Folgen ist mir die Serie ans Herz gewachsen: Als klar wurde, daß die Charaktere lebendig sind und glaubwürdig, mit der gelegentlichen Ausnahme (etwa der naiv-geschwätzigen Kellnerin Kiki), die aber das Ensemble eher abrundet als herauszufallen. Alan Davies ist erstaunlich gut in seiner Rolle, obwohl er bislang noch nicht als Sitcom-Schauspieler in Erscheinung getreten ist (mir war er nur aus der Panel-Show „QI“, „Quite Interesting“, mit Stephen Fry bekannt).

Eine echte Überraschung aber ist Darren Boyd („Hippies“, zweite Staffel „Green Wing“, zweite Staffel „Saxondale“) als stellvertretender Chefkoch Bib, der immer überfordert und so schwach ist, daß er selbst gegen den Lehrling keinen Stich macht. Boyd spielt Davies, obwohl er dazu in der Lage wäre, zum Glück nicht an die Wand, sondern ergänzt ihn: Bib schätzt Roland als genialen Koch und ist ihm loyaler Freund, Roland weiß das und springt für den dauernd gestreßten Bib ein — auch wenn es ihm manchmal schwerfällt, seine Lethargie zu überwinden.

https://www.youtube.com/watch?v=3-m6EBVAcfg?fs=1&hl=de_DE

Es hilft der Serie, daß sie prominent besetzt ist: neben Boyd spielen Katherine Parkinson („The IT Crowd“) als Managerin und Isy Suttie (kann man in „Peep Show“ als Dobby schon gesehen haben), und es tauchen prominente Stargäste auf: etwa Kevin Bishop („The Kevin Bishop Show“, „Star Stories“) und Julia Deakin (Marsha in „Spaced“). Auch die Autorenduohälfte Matt King spielt selbst mit, und auch ihn kann man kennen: Als Superhans in „Peep Show“ und aus „Star Stories“.

„Whites“ erscheint am 22. November auf DVD.

  1. Kenny von Spenny
    26. Oktober 2010, 17:33 | #1

    @ „Alan Davies ist erstaunlich gut in seiner Rolle, obwohl er bislang noch kaum als Schauspieler in Erscheinung getreten ist“

    Naja, wie man’s nimmt – ich würde sagen etwa genauso selten in Erscheinung getreten wie hierzulande meinetwegen Ottfried Fischer als Pfarrer Braun.

  2. 26. Oktober 2010, 17:36 | #2

    von mir aus – mir ist er bislang jedenfalls nie aufgefallen… ich passe es mal an.

  3. Dashcroft
    26. Oktober 2010, 21:21 | #3

    Allzu viele Fernsehrollen hatte Alan Davies tatsächlich noch nicht, fast fragt man sich, womit der Mann eigentlich sein Geld verdient, wenn er nicht in der nun auch schon etwas in die Jahre gekommenen Panelshow „QI“ den ewigen achtelgebildeten Verlierer geben muß.

    „Bob & Rose“ und natürlich „Jonathan Creek“ kann ich allerdings empfehlen, und seine Live-DVD „Urban Trauma“ gefiel mir ebenfalls sehr gut. Abraten muß ich jedoch von der unterirdischen DVD „Lafter Hours“, von dessen Kauf Davies inzwischen sogar selbst auf Amazon abgeraten hat: http://www.amazon.co.uk/review/R23UQ35RT1L4N2/ref=cm_cr_pr_viewpnt#R23UQ35RT1L4N2

  4. peter
    27. Oktober 2010, 01:36 | #4

    danke für den tipp. hab mir sofort 2 folgen angeguckt und bin soweit zufrieden um nicht zu sagen begeistert.

  5. Christian
    27. Oktober 2010, 07:10 | #5

    Noch eine kleine wertvolle Comedy Series mit Alan ist zu empfehlen:
    The Good Housekeeping Guide (http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2006/08_august/24/comedy_house.shtml%5D
    Ebenfalls ein Slow Burner aber sehr cool anzusehen!

  6. Jeun
    28. Oktober 2010, 08:45 | #6

    Ja, das sieht glotzenswert aus, das wird ausgecheckt. Merci auch von mir für den Tip!

  7. Frank
    31. Oktober 2010, 22:53 | #7

    Optisch hat er was von Fawlty.

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