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Halbtot gelangweilt

Die Besprechungen der neuen US-Comedies, die die Herbst-Season so mit sich gebracht hat, geht weiter: René Reinholz hat sich schon mal „Bored to Death“ angesehen.

Auch wenn die Versuchung natürlich groß ist, liefe der allzu naheliegende Sparwitz doch ins Leere: HBOs neuestes Comedyexperiment „Bored to Death“ ist zwar nicht so sterbenslangweilig, wie es der Titel suggerieren mag. Sie ist aber auch bei weitem nicht so unterhaltsam und geistreich, wie das Produktionsteam anscheinend glaubt.

https://www.youtube.com/watch?v=KSyIz9_HktQ&hl=de&fs=1&

Der in Brooklyn lebende Schriftsteller Jonathan Ames (so benannt nach — wie meta! — dem New Yorker Schriftsteller und Schöpfer der Serie, Jonathan Ames) wurde soeben von seiner Freundin verlassen, weil er sein Versprechen, endlich das Kiffen und Weißweintrinken aufzugeben, nicht gehalten hat. Damit auch sofort klar ist, in welche Richtung „Bored to Death“ geht, wird man freundlicherweise gleich zu Beginn der ersten Folge mit der Nase draufgestoßen. Von einem Möbelpacker gefragt: „What are you? Another self-hating New York Jew?“ erwidert Jonathan mit wehmütigem Blick: „Hm. Yes, I am. Yeah.“ — Und ein weinerlicher, selbstmitleidiger, banaler Slacker dazu. Was ihn allerdings nicht zwangsläufig sympathisch oder interessant macht.

Jonathan, dem nach dem Auszug der Freundin kaum mehr als eine Matratze, ein leerer Kleiderschrank und einige Stapel Bücher geblieben sind, stößt (natürlich nicht!) zufällig auf ein abgegriffenes Exemplar von Raymond Chandlers Roman „Farewell My Lovely“. Nach kurzer Lektüre inspiriert, schaltet er eine Annonce auf dem Kleinanzeigenportal Craigslist, um seine Dienste als Privatdetektiv anzubieten. Ohne Lizenz zwar, aber vielleicht benötigt ja trotzdem jemand seine Hilfe. Kurz darauf meldet sich tatsächlich eine junge Frau, deren Schwester verschwunden ist, und Jonathan stürzt sich, den Chandler gut sichtbar in die Jackentasche stopfend, in sein erstes Abenteuer. So weit, so konstruiert.

Seinem neuen literarischen Vorbild nacheifernd, versucht er nun, Nachforschungen anzustellen, gerät aber, weil er eben kein abgebrühter Philip-Marlowe-Typ, sondern ein Schlaffi ist, in manch peinliche Situation: Weder Whisky noch Zigarettenrauch bekommen ihm, er läßt sich widerspruchslos von einem patzigen Stundenhotelportier beschimpfen und flieht, als er die Schwester seiner Auftraggeberin schließlich findet, aus Angst vor dem Entführer, ihrem meth-abhängigen, aber einigermaßen harmlosen Exfreund, ins Bad. Von einer aufgeschreckten Nachbarin herbeigerufen, verhaftet die Polizei am Ende ausgerechnet den Freizeitdetektiv, der doch nur hatte helfen wollen.

Ein wenig fühlt man sich an „Manhattan Murder Mystery“ erinnert, doch Jason „One Expression“ Schwartzman, den ich anfangs für Steve Carells kleinen Bruder hielt, geht kaum als Woody Allen für Arme durch. Da nützt es auch nichts, daß „Bored to Death“ großspurig als noir-otic comedy beworben wird. Willkommene Abwechslung, vor allem in den nächsten Folgen, versprechen in dieser Hinsicht immerhin Jonathans bester Freund, der abgerissene, liebeskummergeplagte Comiczeichner Ray (Zach Galifianakis, zuletzt in „Hangover“), und Jonathans Chef George (Ted Danson), wenngleich hier besonders Dansons Talent an seine Rolle als Partylöwe und Womanizer verschwendet wird.

„Bored to Death“ wirkt auf mich wie eines jener halbgaren, betont skurrilen Humorprodukte, wie Judd Apatow, Ben Stiller und Wes Anderson sie regelmäßig produzieren, die endlos um mäßig originelle Ideen und langweilige Figuren kreisen, aber selten richtig in die Gänge kommen. Es ist, als würde man einem Insiderwitz beiwohnen, über den alle wissend lachen, den aber in Wahrheit keiner der Anwesenden versteht. Viel lieber hätte ich mehr von dem thematisch sehr ähnlichen „Andy Barker, P.I.“ mit Conan O’Briens derzeitigem Sidekick Andy Richter gesehen, das NBC vor zwei Jahren leider schon nach nur sechs Folgen wieder aus dem Programm nahm. Auf HBO dürfte „Bored to Death“ jedoch praktisch unabsetzbar sein, und das ist schade.

  1. MK
    7. Oktober 2009, 11:49 | #1

    Klingt ja nicht sonderlich spannend. Werde mir mal den Pilot anschauen.

  2. Tim
    7. Oktober 2009, 21:19 | #2

    „Bored to Death“ wird nicht nur nicht abgesetzt, sondern bekommt eine zweite Staffel. Was ich nicht schade finde, weil ich selbst wenn ich nicht begeistert bin, aber doch durch die Serie amüsiert, es jedem annehmbaren Ansatz gönne, sich entwickeln zu können. Das gilt auch für „Hung“, daß ähnlich mittelmäßig mit guten Momenten war. Sollte sich in der zweiten Staffel keine Evolution zeigen, kann man immer noch aufgeben. So viel Zeit verschwendet man mit den paar halbstündigen Folgen ja nun nicht.
    „Andy Parker, P.I.“ fand ich übrigens ziemlich schwach. Doch Absetzen nach sechs Folgen hätte auch nicht sein müssen.

  3. butters
    30. Oktober 2010, 18:40 | #3

    Ich liebe „Bored to Death“ und ich war die letzten Jahre selten begeistert über neue Komikprodukte.

    Der Plot hatte mich auch nicht hinter dem Ofen vorgelockt – Film Noir Comedy: Käse -,
    aber die Chrakatere und das Setting – Alternativszene in Greenwich Village? Jedenfalls Prenzlauer Berg auf New Yorkish – reissen alles heraus. Jason Schwartzman, Zach Galifianakis und Ted Danson sind ein großartiges Trio und ich würde gerne mit ihnen mit zusammen versagen bzw. mich von anstrengenden Frauen zum Gruppenkuscheln überreden lassen (not): einfach mal selber schauen und zwar nach der ersten Folge noch eine, da ich gerade die erste nicht so prickelnd fand. Sogar der self-hating Jew-Witz klappt nicht ganz, später hingegen…: „May I sit on the horse? I never sat on a horse… I’m jewish!?“.. da stimmte für mich das Timing.

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