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Switch, Switch, hurra! Reloaded

Alle zwei Jahre wieder: Heute abend um 22.15 Uhr auf ProSieben läuft die erste Folge der neuen Staffel „Switch Reloaded“ — und zwar abermals mit einigen Nummern von meiner Wenigkeit.

Fantastischerweise ist der gesamte Cast trotz langer Pause, diverser anderer Projekte der Beteiligten und neuer Produktionsfirma wieder an Bord — diese Kontinuität ist, glaube ich, ein nicht unerheblicher Faktor für den Erfolg von „Switch“. Was nicht heißen soll, dass es nichts Neues geben wird. Im Gegenteil: So ziemlich alles ist neu in dieser Staffel. Jedenfalls die meisten Fernsehformate, die parodiert werden. Unter anderem werden das „Aktenzeichen XY“, „Die Geissens“ und „Berlin — Tag & Nacht“ sein. Ein echter Knaller könnten auch die Parodien auf den „Tatort“ aus Münster werden. Am meisten freue ich mich aber auf die Umsetzung der brillanten Idee, wie man „Obersalzberg“ weiterführen kann, obwohl das nach der letzten Staffel (in der der Russe Berlin ja schon erreicht hatte) nicht sehr wahrscheinlich erschien. Doch Stefan Stuckmann, von dem die ganze „Obersalzberg“-Reihe bei „Switch“ stammt, hat einen Weg gefunden.

Was riecht hier denn so komisch?

Was habe ich gelernt aus dem Sketcheschreiben für „Switch“? Zum einen musste ich (abermals) feststellen, ein wie großer Teil des deutschen Fernsehens mir unbekannt ist — und das, obwohl er zum Teil erschreckend erfolgreich ist. „Berlin — Tag & Nacht“ etwa. Wer hätte gedacht, dass es ein Format gibt, das sich Pseudo-Doku-Soap nennt? Oder Inga Lindström. Hätte ich glatt für einen Schwedenkrimi gehalten, hätte ich nicht für „Switch“ was davon gucken müssen. Und wie bei „Um Himmels Willen“ vor zwei Jahren war es auch hier: wenn man es ironisch guckt, lacht man ganz gut — jedenfalls die erste halbe oder Dreiviertelstunde. Danach ist dann zu klar, wo es lang geht, wer mit wem in dieser Rosamunde-Pilcher-Variante für Schwedenfreunde am Ende in der Kiste landen wird.

Zum anderen: So gut es für die Kreativität auch ist, Einschränkungen zu unterliegen — bei „Switch“ etwa die Festlegung auf einen einzigen Schauplatz und die Kürze der einzelnen Szenen (die bei „Switch“ logischerweise „Switches“ heißen und von denen es meist drei braucht für einen Sketch): sobald die Einschränkungen so weit gehen, dass man auf Dialogscherze reduzierte Sketche schreiben muss, tu ich mir schwer. Ich mag einfach visuelle Gags, Aufziehscherze (so heißt das, wenn die Kamera gegen Ende einer Nummer von z.B. einem Protagonisten wegzoomt und man sieht, dass alles ganz anders ist als gedacht) und Slapstick. Leute, die mit dem Fahrrad in Mülltonnen fahren — da könnte ich mich kaputtlachen, schon beim Schreiben. Grobe Reize? Von mir aus.

Zuguterletzt habe ich gelernt, warum Bücher übers Schreiben von Comedy für die Tonne sind: Weil man nicht aus Büchern lernen kann, komisch zu sein, so wenig, wie man aus Büchern das Fahrradfahren lernt. Ich jedenfalls brauche immer neue Ansätze, Herangehensweisen und Anläufe: Mal hilft es, wenn ich mich frage, wie wohl ein z.B. „Seinfeld“-Autor eine Nummer für „Switch“ angehen würde (nämlich vermutlich mit viel Gelaber). Manchmal hilft es mir, nur von einem einzigen komischen Bild auszugehen (etwa: jemand simuliert in einer unpassenden Situation ganz offensichtlich, auf dem Handy angerufen zu werden, und geht allen damit auf die Nerven) und einen Sketch drumherum zu stricken. Neulich habe ich von einem Cartoonisten des New Yorker gehört, er gehe wiederum ganz anders an Cartoons heran, nämlich so, dass er sich zuerst eine bestimmte Reaktion seiner Leser auf den Cartoon vorstelle — zum Beispiel eine Mischung aus ungläubigem Staunen und Entsetzen — und dann überlege, wie er diese Reaktion erzeugen könnte. Das Geheimnis ist wohl, dass man sich selbst überraschen muss. Das wiederum kann man vielleicht üben oder Routine darin erwerben, aber lernen? Ich weiß nicht.

Aber was ich weiß: Heute abend um 22.15 Uhr ist „Switch“-Pflicht. Für alle. Morgen frage ich ab!

  1. Trantor
    28. August 2012, 08:56 | #1

    „Ich mag einfach visuelle Gags, Aufziehscherze (so heißt das, wenn die Kamera gegen Ende einer Nummer von z.B. einem Protagonisten wegzoomt und man sieht, dass alles ganz anders ist als gedacht)“

    Dann dürfte also die Szene mit Katze & Hans ziemlich eindeutig von Dir gewesen sein? 🙂

  2. hannes seth
    28. August 2012, 09:38 | #2

    Hallo Oliver,

    in der Schule habe ich einst gelernt, nach Vorträgen von Mitschülern zunächst über die guten Aspekte des Vortrags zu sprechen. Nun denn: Die Ähnlichkeit der Charaktere mit ihren Vorbildern ist bisweilen unheimlich, allen voran natürlich Martina Hill (ihre Katzenberger ist, nun ja, die Katzenberger. Spot on.) und Max Giermann (über den man wohl kein Wort mehr verlieren muss, er macht ja fast alles. Und das immer treffend). Von der alten Garde sticht noch Peter Nottmeier (als Konny Reimann) raus und vielleicht Kessler als Stromberg/Hitler (obwohl die Rolle, seien wir ehrlich, mittlerweile totgespielt ist). Danach wirds dann schwieriger. Das restliche weibliche Ensemble wird entweder in Fatsuits gezwängt und spielt dann die ‚lustigen Dicken‘ (Comedytrope, Comedygold. haha) oder Frauke Ludowig, die dann aussieht wie jede, außer Frauke Lodowig.
    Bernhard Hoëcker spielt Bernhard Hoëcker.
    Die ‚Neuen‘ haben dann aber doch die meiste Screentime, weshalb die Parodien im großen und ganzen recht häufig funktionieren. Womit ich beim Kern einer Comedysendung und beim Kern des Problems bin, das ich mit der Sendung habe: dem Humor.
    Aua.
    Katzenberger, die Geissens und Konny Reimann sind deshalb populär, weil sie bereits Parodien von Menschen sind: laut, grell und bis zu Absurdität entstellt. Es ist einfach nicht mehr möglich, ihren Wahnsinn zu überhöhen; wozu auch? Wieso muss man die Geissens auch noch das Pferd, das sie für ihre Töchter gekauft haben, noch verspeisen lassen? Die Katzenberger lästert über den neuen möglichen Freund (Hans) ihrer Mutter (in einer der wenigen lustigen Monologe: ‚Meine Oma hat immer gesagt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Ich weiß zwar nicht, was der Spruch bedeutet, aber er passt so gut, weil er auch Hans heißt. Aber woher kennt meine Oma den?), dann kommt der von dir so geschätzte Aufzieher und – haha – Hans sitzt neben ihr, er hat die ganze Beleidigungsarie mitbekommen. Und er ist ganz dick. Weil das ja per se lustig ist.
    Gerade die Aufzieher haben grundsätzlich das Problem, dass man grundsätzlich schon weiß, das genau das passiert. Der Kontext wird umgedreht. Immer und immer wieder. Das ist überraschungsarm und damit tödlich für Comedy.
    Der Rest sind dann Pippikacka-Witzchen und Hitler. Und Lafer und Lichter, die gemeinsam schwul sind.
    Ich bin fest davon überzeugt, dass es genügen würde, die Dialoge der Originale zu komprimieren und nachzuspielen. Dieser Wahnsinn ist in sich bereits so absurd und over-the-top, dass die dicke Schippe ‚Gags‘ obendrauf nur mehr zerstört, als das sie – beim lachen – hilft. Zumal der Inhalt dieser Schippe in den meisten Fällen pubertierender Witzebuch-Humor ist. Und der kommt bei weitem nicht an die Stärke des Schauspiels heran. Leider.
    Der nächste Absatz hat jetzt weniger mit Switch zu tun:
    Bleibt also abzuwarten, ob man im deutschen Fernsehen nochmal irgendwann eine Comedy sehen wird, die subtilen Humor zeigt, Charaktere mit denen ich mitfühlen kann, die glaubhaft sind und keine Klischees (Ich schiele in deine Richtung, Stromberg) und mich zum lachen bringt. Das mache ich nämlich ganz gerne, dieses lachen.

  3. 28. August 2012, 09:54 | #3

    Trantor :

    Dann dürfte also die Szene mit Katze & Hans ziemlich eindeutig von Dir gewesen sein? :)

    Nee, die Katze ist nicht von mir.

    Die Kritik, Switch sei zu unsubtil, lasse ich nicht gelten: Nichts gegen Subtilität, aber in einer Show, die das deutsche Fernsehen parodiert, kommt man mit subtil nicht weit, glaube ich. Dass man über manchen Wahnsinn in der Vorlage kaum noch drüber (oder drunter) kommt, ist vermutlich tatsächlich so, aber deswegen kann man ja nicht nur noch das Nachtstudio und die Tagesthemen parodieren. Die Mischung machts, denke ich, und da haben sie in der ersten Folge vermutlich auf größere Knaller gesetzt.

  4. hannes seth
    28. August 2012, 10:06 | #4

    Deshalb habe ich den Teil mit der fehlenden Subtilität auch nach der Zeile: ‚Das hat jetzt weniger mit Switch als mit der generellen Comedy in Deutschland zu tun‘ gesetzt. Hier ging es eher um Serien.
    Wovon sich Switch aber – meiner Meinung nach – nicht lösen kann, ist der dümmliche PipiKacka-Flachwitz. Und der ist doof.

  5. igor
    29. August 2012, 02:41 | #5

    war denn in der ersten folge schon ein nagel-sketch dabei?

  6. 29. August 2012, 09:47 | #6

    Der eine oder andere. Aber für detailliertere Auskünfte bin ich viel zu bescheiden!

  7. Ralf
    30. August 2012, 10:47 | #7

    Auch ich finde die Verkleidungen überwiegend gelungen (außer bei Frauke Ludowig, die nun wirklich gar keine Ähnlichkeit hat) – aber damit hat sich’s meistens auch.
    Das Problem, das ich immer schon mit diesem Format hatte, ist, dass wenn der Gag des Wiedererkennens erst einmal durch ist, sich die Szene trotzdem noch ewig und meistens eher unwitzig dahinzieht. Es fehlen einfach die guten Pointen.
    Es sind allermeistens nur die Verkleidungen bzw. eben der daraus resultierende Wiedererkennungseffekt, der komisch ist; die Szenen sind es in den allermeisten Fällen nicht.
    Das gilt sogar für die besseren Nummern. Und natürlich erst recht für die weniger gelungenen. Das meiste wird schon nach ein paar Sekunden einfach langweilig.
    Lafer und Lichter als schwules Pärchen… Wahnsinnswitz. Und der dann ausgewalzt auf zig Sketche ohne einen wirklichen Lacher.
    Und Hitler als Stromberg hat zwar in der Büroatmosphäre (sogar oft sehr gut) funktioniert; aber das was diese Woche lief, das war wirklich wahnsinnig öde.
    Wenn eine englische Reihe Witze auf diesem Gagniveau machen würde, dann würde sie hier zurecht verrissen.
    Ich bin dann mal wieder raus bei Switch.

  8. Marc
    30. August 2012, 23:14 | #8

    Also ich sach ma: Die Kommentare klingen ja ganz schön streng. Ich bitte einfach mal um Gnade für ein Comedy-Format, welches m. M. nach zu den besten in Deutschland gehört und in manchen Momenten einfach brillant ist. Gebt Switch Zeit. Die zwei Jahre Pause hatten ihre Gründe (wen Näheres interessiert, der kann auf dwdl googeln); ein Wechsel der Produktionsfirma muss auch verkraftet werden; hinzu kommt, dass Switch mittlerweile zum Liebling des Feuilletons wurde, was die Arbeit oft nicht einfacher macht.
    Um aber auch als halbwegs kritischer Geist dazustehen: Bei manchen „Opfern“ bin ich mir nicht sicher, ob die Mühe lohnt. Sicher, D. Katzenberger ist eine hohle Nuss, andererseits auch eine arme Sau, vor allem aber habe ich sie noch nie im Original gesehen. D. h.: ich weiß wohl, wer sie ist, konnte ihr aber bislang bequem ausweichen. Da sollte man das Parodie-Potential für andere Penetranzen verwenden.

  9. Stevland
    6. September 2012, 10:41 | #9

    Ich habe jetzt nur die zweite Folge gesehen. Und kenne Switch auch sonst nur vom sporadischen reinzappen.
    Es ist wie immer. Die Parodien der Leute die ich kenne (in diesem Fall Alzmann und Westermann) sind großartig. In den alten Folgen mochte ich auch Lafer und Beckmann sehr. Da ich mich schon seit längerem aus der deutschen Fernsehlandschaft ausgeklingt habe, kenne ich vieles einfach nicht, das macht natürlich das ganze Format schwierig für mich.
    Die Sketche an sich finde ich leider furchtbar. Platt und vorhersehbar.
    Werd aber trotzdem ab und an reinschauen.

  10. Elch
    24. September 2012, 18:01 | #10

    Tut mir Leid, die meisten Gags erschließen sich mir nicht, da ich 90% der vorgeführten Serien aus dem deutschen Fernsehen nicht kenne.
    Ich finde, das ist an der Serie ein grundsätzliches Problem, das Zielpublikum von Switch am Montagabend scheint doch ein komplett anderes zu sein als das Publikum von beispielsweise“Volle Kanne im ZDF.

    Wenn Serien, wie die genannte, persifliert werden, dann fühle ich mich betrogen, es scheint von den Produzenten anscheinend vorausgesetzt, dass ich ein Erwerbsuntätiger, Arbeitsloser, Rentner oder gelangweilter Pförtner bin, der nichts besseres zu tun hat, als sich 24 Stunden kreuz und quer durch die Fernsehlandschaft zu glotzen.

  11. 24. September 2012, 19:51 | #11

    Tut mir leid, dieser Vorwurf ist so ungerechtfertigt, dass ich kurz antworten muss: Sehr viele Shows, die bei Switch parodiert werden, sind genau danach ausgesucht, nämlich dass sie erfolgreich bei der Switch-Zielgruppe sind. Sie können glauben, dass das sowohl für den Sender als auch für die Produktion entscheidend wichtig ist.

    Aber natürlich gibt es auch viele Parodien, weil der Cast (der ein großes Wort mitzureden hat) bestimmte Shows und Personen gerne parodieren möchte. Pro7 wünscht sich bestimmte Parodien. Und insgesamt wird darauf geachtet, dass es möglichst bunt zugeht bei Switch. Also werden neben großen Serien auch Frühstücks- oder Regionalfernsehen und sogar Internetsendungen parodiert.

    Trotzdem geht es auch mir so, dass ich etliche Sendungen nicht kenne (bzw. kannte, bevor ich durch Switch darauf aufmerksam gemacht worden bin) – dann sollte natürlich immer noch der Anspruch gelten, dass sie auch dann noch komisch sein sollten, wenn dieser Mehrwert wegfällt.

    Aber natürlich, wer etwas nicht lustig findet, findet es halt nicht lustig. Kann man nix machen.

  12. Elch
    26. September 2012, 21:25 | #12

    Vielleicht habe ich ein wenig zu drastisch formuliert, ich möchte Switch nicht grundsätzlich die Komik absprechen. Es leuchtet mir natürlich ein, was sie von der spezifischen Zielgruppe schreiben, ich gehöre so gesehen nicht dazu.

    Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass Anspielungen immer eine bekannte Basis als Grundvoraussetzungen besitzen sollten, um ihre volle Wirkung zu erzielen.
    Man kann über unbekannte Anspielungen lachen, aber es bleibt meiner Meinung nach immer der Nachgeschmack eines „Insider-Witzes“.

    @Oliver

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