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Horace and Pete

Louis C.K. hat, völlig überraschend und ohne jede Ankündigung, eine neue Serie am Start, die er ausschließlich über seine eigene Homepage vertreibt. Sie heißt „Horace And Pete“, die erste Folge kostet fünf Dollar (!), und ich verstehe sie kein bisschen. Hier sind ein paar Fragen, vielleicht kann mir ja jemand helfen.

  1. Warum zeichnet man eine Serie, die in einer Bar spielt (wie z.B. „Cheers“) im Stile einer Sitcom auf, also im Multicam-Verfahren, verzichtet dann aber, zumindest weitgehend, auf Witze?
  2. Warum holt man sich, selbst Stand-Up-Comedian, Komödianten wie Alan Alda und Steven Wright dazu und Schauspieler, die ein ausgesprochen komisches Talent haben, wie Edie Falco und Steve Buscemi — und gibt ihnen dann praktisch keine Witze?
  3. Warum zeichnet man eine über 60minütige Folge wie ein Theaterstück auf, verzichtet aber auf Publikum?
  4. Warum gibt man Fans, die einen als Comedian kennen und von denen man fünf Dollar für die erste Folge einer Serie haben möchte, nicht zumindest einen Trailer oder ein paar Informationen vorab, dass man sich auf eine völlig unlustige, anstrengende Stunde einzustellen hat?
  5. Warum?
  6. Nein, ernsthaft jetzt: Warum?
  7. Warum?

Zwischendurch hatte ich kurz die Theorie, Louis C.K. versuchte hier die Parodie einer Sitcom, die naturgemäß ja keine Oneliner, keine erkennbaren Gags haben dürfte. Aber weil er sicher wüsste, dass Parodien nie länger sein dürfen als das Original, im Gegenteil eher kürzer sein müssen, kann das eigentlich nicht sein.

Bleibt nur die Vermutung, er wollte tatsächlich alles genau so haben: so aus der Zeit gefallen, altmodisch, rätselhaft. Und die Frage: Warum?

Also: Warum?

  1. bert
    8. Februar 2016, 00:00 | #1

    Fand die erste Folge auch eher befremdlich, kann deine Frage also nachvollziehen.
    Vielleicht sind wir zu dumm?
    http://www.metacritic.com/tv/horace-and-pete

    Evtl. ist der Louis-Hype samt rosa Brille noch zu stark.

  2. Wabble
    8. Februar 2016, 00:20 | #2

    Bestimmt will er das genauso haben, und irgendwie ist es ja auch konsequent. LCK hat sein Standup in den letzten Jahren Richtung „Meinung sagen“ entwickelt (eigentlich ja das Prinzip deutschen Kabaretts) und dabei komische Verfremdung fast weggelassen. Zugleich ist er mit Louie von Gags auf absurd-traurige Miniaturen und dann auf irgendwas ziemlich formlos trauriges umgestiegen. Vielleicht ja ein Problem des großen Erfolgs, wenn man irgendwann glaubt, es sei eh alles genial, was einem so durchs Hirn geht.

  3. Kai Schwind
    8. Februar 2016, 13:50 | #3

    Ich glaube bei Louie CK ist ein solcher formeller und Stimmungs-mässiger „Ausreisser“ quasi systemimmanent. Wenn man sich seine frühen Kurzfilme anschaut und die Art und Weise wie er die neue Sitcom quasi im Alleingang an FX vorbei produziert, passt Horace and Pete doch eigentlich ganz gut ins Oeuvre. Das scheint mir in erster Linie ein Problem der Erwartungshaltung zu sein – in seiner Begleit-EMail für Abonnenten hat er ja klar gestellt, dass das hier keine Sitcom sein soll, und es nicht auf die Witze ankommt. Ausserdem wollte er die Zuschauer mal völlig unvorbereitet auf etwas loslassen (keine Trailer, keine Rezensionen vor Release etc). Ich musste mich auch erst Mal an die Stille und die vielen langen Einstellungen gewöhnen. Auch passt die Performance bei allen Leuten nicht unbedingt zusammen (Jessica Lange kommt mE nicht wirklich klar mit ihrer Rolle und der Art fürs Theater zu spielen. Das war wahrscheinlich eine Saison American Horror Story zu viel). Geschrieben ist es allerdings sehr clever, finde ich. Auch bei der Form geht es ihm eindeutig um „gefilmtes Theater“, weniger um sitcom. Ich finde diesen Clash aus völlig anachronistischer Präsentationsform (TV Theater der 60er + Cheers-look-a-like) und Befindlichkeitsstudie der aktuellen Situation in den USA eigentlich ganz spannend. Und: wie grandios spielt Alan Alda?! Allein deshalb lohnt sich das Anschauen.

  4. debruehe
    8. Februar 2016, 20:10 | #4

    Ich war anfangs auch etwas irritiert. Aber irgendwie passt’s ja schon in die Reihe radikale „TV“-Experimente. Und irgendwie war’s auch recht gut.

    Die zweite Episode kostet übrigens $2, die dritte dann glaube ich 3.

    Ein Grund für das Multikamera-Format ist wohl, dass es sehr schnell und billig produziert und veröffentlicht werden kann, wodurch dann wiederum auch diverse Kommentare zum aktuellen Geschehen vorkommen. Gestemmt hat Louis CK das alles ja allein, wie er im Newsletter schreibt.

    Wen’s interessiert, hier der Newsletter:

    http://pastebin.com/L1AkCJ9A

  5. Stefan Lingenhöfer
    14. Februar 2016, 03:49 | #5

    Bin von der Nachricht über den Start der Serie auch sehr überrascht. Hieß es doch noch das „Louie“ pausiert wird, weil LCK an einem Film (und bei solchen Nachrichten wird immer ganz flau) arbeitet. Nun, jetzt also neue Serie im Kneipensetting. Ich konnte noch nicht reingucken, jedoch …

    Subtrahiert man bei „Louie“ die Stand-Up-Routines bleibt da auch mehr Drama oder „Awkwardness“ als schenkelklopfende SitCom weswegen ich mich nun erst mal drauf einlassen werde. Wieso aber das Produkt „Louie“ für sowas auf Eis gelegt werden muß, vor allem weil ich das Gefühl habe das da längst nicht alles erzählt worden ist, bleibt das Geheimnis von LCK …

  6. 14. Februar 2016, 11:28 | #6

    Ich bin nach 2 Folgen schon angefixt. Die Serie ist eher wie ein gutes Theaterstück, nicht witzig, aber keinesfalls witzlos. Bin schon jetzt riesen Fan von „Uncle“ Pete

  7. 14. Februar 2016, 16:52 | #7

    Bitte um Verzeihung, wenn die Bearbeitung der Kommentare etwas länger dauert, ich bin im Urlaub.

  8. Edda
    18. Februar 2016, 08:48 | #8

    ich glaube von allem hier gemeinten ein bisschen und erhöhe um ein „interaktiv“. Horace und Pete ist eine digitale bewegtbild-bastelvorlage aus der sich der downloader selbst was lustiges basteln kann.
    zum beispiel sowas:
    https://www.youtube.com/watch?v=YUs2qqYPwGU
    oder sowas:
    https://www.youtube.com/watch?v=j1vqDkA64xE

  9. 18. Februar 2016, 10:18 | #9

    Haha, der Pupsclip ist sehr gut. Aber ich bin auch ein einfach gestrickter Typ.

  10. David
    21. Februar 2016, 16:46 | #10

    Ich bin offenbar der einzige der nach „So Did the Fat Lady“ endgültig aufgehört hat Louie zu gucken. Ich könnte ihm den überheblichen Erklärbären ja noch verzeihen wenn es denn hin und wieder wenigstens noch lustig wäre. Naja, zum Glück geht Broad City weiter…

  11. Bernardo Soares
    22. Februar 2016, 21:53 | #11

    Ich versteh gar nicht, warum das keiner versteht. Endlich mal eine Serie, die genau die Familien- und Vaterfixierung des amerikanischen TV brutal als Scheinwelt entlarvt und zeigt, dass die Familie, wie sie sich die klassischen Sitcoms vorstellten (und wie sie in diesen ganzen ach so liberalen Versionen letzlich mit leichten Änderungen fortgeschrieben wird), eine unendliche Last für alle Beteiligten wäre. Endlich eine Serie, die das Format der (amerikanischen) Sitcom brutalstmöglich mittels des Inhalts untergräbt und die weitergedachte Version der YT-Clips darstellt, die die Lachspur aus Big Bang Theory und anderen rauslöschen, um zu zeigen, wie böse und gemein und überhaupt nicht witzig die eigentlich sind.

    Und dazu, glaube ich, ein ziemlich klares Stimmungbarometer der politischen Lage in den USA, die gerade in einem hässlichstmöglichen Wahlkampf gefangen sind, in dem sie drastisch sehen, wie die letzten zwanzig Jahre Politik konsequent in der Katastrophe enden. Ist nicht lustig, aber dennoch gut.

  12. Bernardo Soares
    22. Februar 2016, 21:57 | #12

    Um zu versuchen, die Fragen zu beantworten:

    Ich vermute Folgendes:
    1. Weil die Multicam-Sitcoms auch nicht witzig sind.
    2. Weil Louis CK wie an sich selbst auch an diesen das tragische Moment sucht
    3. Weil das Publikum immer nur als Lachlieferant auf Kommando gut war
    4. Weil er will, dass Leute sich das anschauen und nicht die Interpretation vorgeliefert kriegen (hatte er, glaube ich, sinngemäss in einem blogpost erwähnt)

  13. tp
    23. Februar 2016, 21:25 | #13

    Ich habe die erste Folge betrunken und wehleidig geguckt und war begeistert. Musste auch ein paar Mal sehr lachen, glaube ich. Also: darum!

  14. David
    5. März 2016, 16:11 | #14

    Also bitte, wir sind doch hier unter uns. Wer bitte schön setzt sich hier denn Samstag Abend noch hin und guckt nostalgisch DVDs der Bill Cosby Show und muss noch den Vaterkult der klassischen US-Sitcom ausgetrieben kriegen? Was ich viel lieber mal dekonstruiert sehen möchte: weiße, nicht gerade attraktive Mittvierziger-Comedians, die sich in ihren Serien ausschließlich Liebschaften mit Pamela Adlon oder Parker Posey gönnen, aber dann noch als trauriger Clown den dicken Frauen ihr Leben erklären möchten.

  15. tp
    5. März 2016, 23:17 | #15

    Ich habe gerade die zweite Folge unterbrochen, weil ich dringend meiner Fassungslosigkeit ob des Verrisses in der aktuellen Humorkritik Ausdruck verleihen muss. Uncle Pete erzählt sehr anrührend von einer KZ-Befreiung, nachdem Louis C.K. und Steve Buscemi einen wunderbar improvisierten Dialog über Sterblichkeit gehalten haben, das Ganze noch mit Bezug zur aktuellen deutschen Flüchtlingsdebatte und garniert mit einem Bild von Louis halbnackt im Bett, und Oliver Nagel verreißt das? Hat Lous ihm die Frau ausgespannt, oder was?!

  16. 6. März 2016, 01:22 | #16

    Die Humorkritik stammt allerdings nicht von mir.

  17. Bernardo Soares
    6. März 2016, 11:49 | #17

    @ David

    Ich habe nach dem Posten auch bemerkt, dass „endlich“ etwas hoch gegriffen war. Ich finde aber, Serien wie Big Bang Theory oder How I Met Your Mother, die den Freundeskreis als fürchterliche Familie inszenieren, sind aktuelle Beispiele dafür, dass Bill Cosby und Konsorten keineswegs Vergangenheit sind. Auch wenn ich mir die nicht anschaue, kann ich einen Kommentar dazu durchaus goutieren.

    Was das mit den Frauen angeht, bin ich einverstanden. Noch mehr als das peinliche unattraktive Männer-attraktive Frauen-Ungleichgewicht war mir bei Louie (v.a. Staffel 4, wenn ich mich richtig erinnere) aufgestossen, dass viele der Frauenfiguren komplett gaga waren und Louie immer so der schlurfige Normaloslacker, der wegen ihnen in schräge Situationen geriet. In Horace & Pete ist es das seltsame und total aus dem Rahmen fallende junge-Hipster-Stereotyp, das mich irritiert. Er scheint da einen Punkt über Gentrifizierung machen zu wollen, der fällt aber total flach, weil die Figuren so platt sind.

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