Guter böser Laurie
Abermals hat das britische Fernsehen (diesmal in Zusammenarbeit mit dem us-amerikanischen) eine Serie hervorgebracht, die so gut ist, dass man ihr keine zweite Staffel wünscht: „The Night Manager“ (BBC1/AMC; seit gestern in Deutschland via Amazon Prime zu sehen), die aktualisierte Verfilmung eines John-le-Carré-Thrillers um den erfolgreichen, charismatischen und höchst kriminellen Waffenhändler Richard Roper (Hugh Laurie) und den Nachtportier eines Kairoer Hotels und ehemaligen britischen Soldaten Jonathan Pine (Tom Hiddleston), der in den Wirrungen des arabischen Frühlings zufällig an ein Dokument gerät, das die Machenschaften Ropers aufdeckt. Woraufhin Pine in Zusammenarbeit mit Angela Burr (Olivia Colman), der Leiterin einer MI6-Unterabteilung, sich in die Kreise Ropers einschleicht — gefährlich, weil weite Teile des MI6 selbst in die Waffenschiebereien verwickelt sind, und verführerisch, weil nicht nur der Charme Ropers, sondern auch dessen Luxusleben ihre Wirkung auf Pine nicht verfehlen. Wird also Pine, von Roper zu seinem persönlichen Assistenten gemacht, die Seiten wechseln? Oder einen dummen Fehler begehen und sich in die Geliebte seines Chefs, Jed (Elizabeth Debicki), verlieben?
„The Night Manager“, eine sechsteilige Miniserie, sieht gut aus, denn offenbar ist viel Geld schon allein in die Drehs in aller Welt geflossen, und es macht Spaß, denn von Regie (die die Dänin Susanne Bier übernommen hat, die bislang vorwiegend für’s Kino gedreht hat) und Buch bis hin zu dem exzellenten Cast stimmt hier alles: Laurie genießt es sichtbar, einen Bösewicht zu spielen, der geistreich, jugendlich, sympathisch und attraktiv sein kann, Colman darf einmal mehr die (hier auch noch schwangere) Frau spielen, die als Polizistin/Agentin von allen unterschätzt wird wie schon in „Broadchurch“, und nicht zuletzt Tom Hollander als Ropers rechte Hand Lance Corkoran ist es gestattet, funkelnd bösartige Facetten zu zeigen, die man nach „Rev.“ (BBC2, 2010 – 14) nie an ihm vermutet hätte.
Einziger Wermutstropfen: „The Night Manager“ war so erfolgreich, dass eine zweite Staffel schon ausgemacht ist — und erzählt doch eine so abgeschlossene Geschichte, dass es schwer fällt sich vorzustellen, wie eine zweite Staffel da noch mithalten soll. Ein Problem, das immer mehr gute Fernsehserien haben: das oben schon erwähnte „Broadchurch“ etwa, das einen (sehr) abgeschlossenen Kriminalfall erzählte — und sich in der zweiten Staffel darauf verlegte, chronologisch weiter zu erzählen, nämlich die Gerichtsverhandlung des überführten Mörders und alles, was sich aus ihr für die kleine namensgebende Gemeinde ergibt, in der er stattfindet.
Das fand ich damals recht brilliant; im Nachhinein muss man aber einräumen, dass die Serie an die Qualität der ersten Staffel damit nicht mehr anschließen konnte, die tatsächlich enorm spannend war — ein dramaturgisches Element, das in der zweiten Staffel zwangsläufig (oder jedenfalls in der Dosierung der ersten) fehlte.
„Happy Valley“ (BBC1 seit 2014) hingegen, von dem ebenfalls kürzlich die zweite Staffel lief, obwohl ich es nach der sensationellen ersten hätte gut sein lassen, hat den Spagat geschafft und abermals einen Kriminalfall geschildert, ebenfalls in einer eher überschaubaren Stadt, der für die alternde Polizistin Catherine Cawood (Sarah Lancashire) wiederum mit höchst persönlichen Elementen verkompliziert wird, ohne dass das in der Wiederholung dieser sehr speziellen Umstände unangenehm aufgefallen wäre. Autorin Sally Wainwright, die ich schon nach der ersten Folge der ersten Staffel „Happy Valley“ für ihr Können bewundern musste, ist es gelungen, dieses Rezept zu variieren, so dass es sowohl der ersten Staffel treu bleiben als auch genügend Neues bieten konnte, ohne als Selbstplagiat oder zu weit vom Original entfernt empfunden zu werden.
Und, gna gna, natürlich hängt auch hier das Damoklesschwert einer weiteren Staffel abermals über der Serie — kann man diesen Zaubertrick denn nun ein drittes Mal …?
Für „The Night Manager“ könnte dieser Trick besonders tricky werden, denn wenn ich das richtig sehe hat le Carré keinen weiteren Jonathan-Pine-Roman geschrieben, so dass es hier nicht nur den Grundgedanken der ersten Staffel, sondern auch noch den Geist des Originalautors zu bewahren gilt. Das hat, trotz einiger mittelgroßen Eingriffe in das Buch, in der ersten Staffel gut funktioniert, weil le Carré selbst als kreativer Berater der Produktion zur Seite stand.
Vielleicht fühlt sich le Carré ja so geschmeichelt, dass er auch bei der zweiten Staffel „The Night Manager“ selbst mit Hand anlegt. Und wenn sie es dann noch schaffen, auch den fabelhaften Hugh Laurie wieder mitspielen zu lassen … toi, toi, toi.
Ach komm, das ist ja wohl nict dein Ernst „alternde Polizistin“???? Die ist in den besten Jahren, den BESTEN. Keine Anzeichen von Altern. Echt jetzt, aber, Männer halt. . .
Haha, ja, erwischt – war nicht die beste Formulierung. Allerdings ist sie ja nun Großmutter, ihr Enkel ist was, zehn?, und sie merkt schon immer mal wieder, dass sie nicht mehr die jüngste ist. Vielleicht hätte ich genau das schreiben sollen, alternd klingt tatsächlich, na ja, unangemessen.
Die Kritik der Kommentatorin halte ich für berechtigt. Ein fast schon tattriger Mime wie Hugh Laurie wird hier mit dem Attribut „jugendlich“ geadelt, während eine – immerhin noch sehr agile – Ü50-erin als „alternd“ abgekanzelt wird. Man hätte statt „alternde“ vielleicht „sehr rüstige Polizistin“ oder „die noch junggebliebene Beamtin“ schreiben sollen.