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„Gently“ (adv.): „behutsam“

Nein, eine behutsame Adaption war das nicht. Howard Overman hat aus Douglas Adams‘ „Dirk Gently’s Holistic Detectiv Agency“ etwas (fast) völlig Neues gemacht: „Dirk Gently“ (BBC4), einen Krimi rund um einen exzentrischen Privatdetektiv, der in den bizarren Fall einer verschwundenen Katze, einer Zeitmaschine und zweier Morde verwickelt wird.

Es ist schon sehr, sehr lange her, daß ich Adams‘ Roman gelesen habe, bald an die zwanzig Jahre. Damals fand ich ihn, wenn ich mich recht erinnere, im Vergleich zum sprühend komischen, überdrehten „Anhalter“ etwas verhaltener, weniger leicht zugänglich, erwachsener. Allerdings muß ich gestehen: An allzu viel erinnere ich mich nicht. Möglicherweise, weil der Roman sehr kompliziert angelegt ist: Er ist nicht linear erzählt, die tatsächliche Chronologie ist sehr undurchschaubar; überhaupt ist „undurchschaubar“ vermutlich das treffendste Wort für den Plot.

„Dirk Gently“ dagegen hat viele Elemente einer typisch britischen Krimiserie: Stephen Mangan als Gently ist ein kauziger, äußerst ungewöhnlicher Ermittler, Darren Boyd als Gentlys Sidekick Richard MacDuff sein straighter Counterpart, dem Gently stets die Tür vor der Nase zuhauen und das Geld aus der Tasche ziehen darf. Beide Schauspieler gehen voll in ihren Rollen auf: Mangan darf wieder den Spinner mit den Haaren und dem unsteten Blick geben, Boyd den oft perplexen Zukurzgekommenen. Sie sind beide perfekt in ihren Rollen, auch wenn ich zwischendurch nicht sicher war, ob sie nicht zu perfekt sind und einfach sie selbst sind, statt ihre Standard-Rollen ein bißchen zu variieren und tatsächlich zu spielen. Auch Susan (Helen Baxendale, „Friends“) ist sehr straight angelegt und erdet Gentlys irre Vorstellungen von der Verbundenheit aller Dinge noch mehr als MacDuff, dem man von vorneherein ebenso wenig über den Weg traut wie Gently. Die Action ist, ebenfalls typisch für britische Krimis, weitgehend reduziert; statt dessen nehmen die „walk and talk“-Szenen, die viele Krimis auf die Dauer etwas ermüdend machen, grotesk viel Raum ein. Das dürfte nicht zuletzt auf ein knappes Budget zurückzuführen sein, Overman nutzt diese Beschränkung aber und übersteigert die retardierenden Momente so sehr, daß sie parodistisch werden.

Diesen Einschränkungen der Produktion fallen allerdings genau die Elemente zum Opfer, die der durchschnittliche Douglas Adams-Fan vermutlich erwartet: fremde Planeten, elektrische Mönche, außerirdische Siedler kommen in der Fernsehversion nicht vor — abgesehen von einer Zeitmaschine gibt es gar keine Science-Fiction-Elemente. Im Grunde bedient sich Overman nur bei den Figuren Adams‘ und einigen Plot-Outlines, die er zu einer weitgehend neuen Story, eben: einem regulären Krimi verwebt. Wie schon der Disclaimer sagt: „Dirk Gently“ ist based on the novel, nicht adapted from. Ein feiner Unterschied, den man als Zuschauer erst mal schlucken muß. Wie Dan Owen es beschreibt: „Eine Overman-Adaption des ‚Anhalters‘ würde vermutlich komplett auf der Erde spielen, wo Arthur Dent als Anhalter auf der M6 diverse Spinner trifft.“

Womöglich wäre aber genau das die richtige Lösung für die BBC-Serie des „Anhalters“ von 1981 gewesen. Diese krankte damals enorm an den viel zu großen Effekten und Kulissen, die allen nachfolgenden Zuschauergenerationen schnell billig vorkommen mußten, und daran, daß sich die Adaption zu sehr an Douglas Adams‘ Vorgaben hielt.

„Dirk Gently“ dagegen hat mich nicht enttäuscht. Insbesondere der letzte Akt, die Auflösung des Rätsels um die verschwundene Katze, fand ich clever und komisch: Hier hat man Overmans Liebe zu einfachen, aber verblüffenden Wendungen gespürt, die „Misfits“ zu einer so brillanten Serie machen. Die Produktions-Standards sind nicht ganz die von „Sherlock“, aber ich würde trotzdem gerne mehr Folgen „Dirk Gently“ sehen und hoffe, daß die BBC schnell welche ordert. Schon wegen der tollen Princess, die Gently fährt. Wenn sie fährt.

  1. 20. Dezember 2010, 14:10 | #1

    Zack, geflattert.

    Danke für die Kritik. Freue mich schon drauf, das anzuschauen … Hoffentlich kommt da mehr …

  2. 20. Dezember 2010, 15:19 | #2

    Der Flattr-Button taucht im Google-Reader nicht auf, bitte im Text des Blogs drauf verweisen, sonst übersehe ich ihn leicht.

  3. Janni
    20. Dezember 2010, 16:46 | #3

    Ging mir wohl ähnlich wie dir: Während ich mittendrin ein paar Mal dachte, och nö, dieser Witz ist zu offensichtlich, dieser Dialog nicht nötig und hätte man hier nicht vielleicht mal ein großes Feuerwerk abbrennen können, kam ich zum Ende immer mehr mit Tempo und Setting zurecht. Wäre für mich deshalb extrem schade, von Dirk nichts weiteres sehen zu können. Denn ein traumhafter Cast ist es allemal und ich denke, mißverstanden fühlt sich Adams nicht durch die Umsetzung. Der elektrische Mönch, Thor und abgetrennte Köpfe auf Schallplatten füllten bestimmt noch ein paar gute Folgen.
    Zum TV-BBC-Anhalter kann ich sagen: Kommt bloß niemand auf die Idee, dieses episch langsame, betuliche Schlachtschiff von TV-Produktion jemandem als Zugang zum Anhalter-Universum an das Herz legen zu wollen. Das habe ich optmistisch in jungen Jahren ein oder zwei Mal versucht, weit kam ich damit nicht.

  4. Peter
    23. Dezember 2010, 18:20 | #4

    „Womöglich wäre aber genau das die richtige Lösung für die BBC-Serie des “Anhalters” von 1981 gewesen. Diese krankte damals enorm an den viel zu großen Effekten und Kulissen“

    Also ich muss doch sehr bitten. Gerade die wackeligen Kulissen waren doch klasse. Und erst die Zeichentrick-Animationen, die den tragbaren (ein tragbarer Computer, man stelle sich das nur vor!) Anhalter illustriert haben.

    „daß sich die Adaption zu sehr an Douglas Adams’ Vorgaben hielt.“
    Na ja, mir ist es 1000 mal lieber, die alte BBC-Serie zu sehen, als diesen unerträglichen Mist, der in die Kinos kam. Das war der absolute Mega-Schrott.

  5. hansemann
    1. Januar 2011, 17:20 | #5

    boah, kannste das nächste mal bitte! SPOILER! in die Überschrift reinschreiben?? >:(

  6. robert
    4. Januar 2011, 10:38 | #6

    Ich fand Gently nicht schlecht gemacht. In der Tat, es uebernimmt nur wenig vom Original aber die Grundidee blieb erhalten.
    Das einzige was mich ein wenig stoerte war, das ich oft das Gefuehl hatte, das Gently mich sehr an Sherlock erinnerte – bestimmte Kameraeinstellungen und vor allem die Musik waren doch sehr aehnlich.
    Und doch – ich hoffe doch sehr auf ein Wiedersehen mit ihm.

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