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Gute Witze, schlechte Witze

2. September 2014 6 Kommentare

Seit ich (bewusst) fernsehe, gibt es amerikanische Sitcoms, bei denen ich immer mal wieder beim Durchzappen hängen geblieben bin; einige davon habe ich irgendwann regelmäßig geguckt; zwei davon habe ich irgendwann komplett auf DVD erworben und auch noch einmal von A bis Z geguckt: „Seinfeld“ (NBC, 1989 – ’98, deutsche Erstausstrahlung 1995 auf ProSieben) und „Frasier“ (NBC, 1993 – 2004, dt. Ea. 1995 auf Kabel eins). Jetzt, nachdem das Box Set in Großbritannien auf erschwingliches Niveau gefallen ist, ist „Cheers“ dran (NBC 1982 – ’93, dt. Ea. 1985 im ZDF).

Klar, nach „Cheers“ kamen US-Sitcoms, die mich mehr geprägt haben: „Married … with Children“ (Fox, 1987 – ’97, dt. Ea. 1992 auf RTL als „Eine schrecklich nette Familie“) und „Frasier“, weniger schon wieder „Friends“ (NBC, 1994 – 2004, dt. Ea. 1996 auf Sat.1). Heute bleibe ich hin und wieder bei „The Big Bang Theory“ (CBS, seit 2007, dt. Ea. 2009, ProSieben) und „How I Met Your Mother“ (CBS, 2004 – ’15, dt. Ea. 2008, ProSieben) hängen, aber erwerben und von Anfang an gucken würde ich sie nicht. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit.

Alle diese Sitcoms hatten drei Gemeinsamkeiten:

– Sie liefen sehr lange und hatten viele Folgen pro Staffel (i.d.R. über 20), so dass sie schon allein qua Menge praktisch täglich liefen und laufen, oft sogar mehrere Folgen am Tag. Man konnte ihnen gar nicht entkommen. Schon gar nicht früher, als es noch nicht so viele Sender gab.

– Sie waren praktisch statisch, d.h. es kamen zwar über die Staffeln hinweg Figuren dazu und andere Figuren verließen die Show, aber abgeschlossene Handlungsbögen (wie sie bei britischen Sitcoms mit ihren sechs Folgen pro Season die Regel sind) gab es praktisch nicht. Dass mal eine Figur eine andere heiratete (Niles etwa Daphne) war schon ein Höhepunkt und auf lange Sicht auch schon einigermaßen knifflig, weil es das Beziehungsgefüge der Figuren ja nicht unwesentlich veränderte. Die Frage will they, won’t they war damit nämlich beantwortet.

– Sie waren alle live vor Publikum aufgezeichnet.

Als ich gestern nun die ersten drei Folgen „Cheers“ zum ersten Mal in dieser Reihenfolge gesehen habe (womöglich auch tatsächlich zum ersten Mal, jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern, wie Diana überhaupt zum Bar-Team gestoßen ist), war ich überrascht: überrascht, wie gut „Cheers“ gealtert ist. Denn 1982 war ich zehn, die Fernsehstandards haben sich seitdem stark geändert, und ich wüsste auf Anhieb weder eine deutsche noch eine englische Sitcom aus dieser Zeit, die heute noch den Test der Zeit so gut bestünde.

Aber „Cheers“ funktioniert wie ein Uhrwerk: Diana (Shelley Long) kommt in der Pilotfolge als die neue Figur in ein schon bestehendes Setting (das der Bar), und zwar auf eine Weise, die ihre spannungsgeladene Beziehung zu Sam (Ted Danson) klärt: sie, Studentin der Boston University, ist mit ihrem Verlobten, dem Professor Sumner Sloan auf dem Weg zur Hochzeit und in die Flitterwochen. Er will nur noch den Ehering von seiner zukünftigen Exfrau holen, Diana wartet so lange im Cheers. Und wartet. Und wartet. Und lässt sich so lange von Sam aufziehen, der als ehemaliger Jock, als gutaussehender (und dem Vorurteil nach dümmlicher) Sportler das Gegenteil von dem ist, was Diana als männliches Ideal vorschwebt. Während umgekehrt natürlich auch sie als halbintellektuelle Oberschichtsangehörige überhaupt nicht in sein Beuteschema passt.

Während Diana also auf ihre Verlobten wartet (der selbstverständlich nicht zurückkehrt), wird uns das restliche Personal vorgestellt: Coach (Nicholas Colasanto) als seniler Alter, der für irrlichternd-abseitige Witze zuständig ist, Carla (Rhea Perlman) als verbitterte Kellnerin, dere Gebiet die schneidend-treffende Punchline ist, sowie die Stammgäste Norm (George Wendt) und Cliff (John Ratzenberger), die das tun, was Bargäste tun: saufen und Quatsch reden („Bier? Ja, davon habe ich gehört“).

Die Dialoge aber sind so schnell und mit guten, nacherzählbaren Pointen gestrickt, dass ich kaum mit dem Mitschreiben nachgekommen bin: visuelle Scherze, Dialogscherze, schnell reingestreute Gags (das Telefon klingelt. Carla: „Who’s not here?“ alle Gäste: „Me!“) — alle Witze zeitlos (also ohne Anspielungen ewta auf zeitgenössische Promis oder Themen), immer in charakter (also nicht nur komisch, sondern auch die Figur beschreibend, die den Gag liefert) und selten der erwartbarste Witz, sondern meistens ein besserer. Wenn es aber der Witz war, den ich habe kommen sehen, dann war er immerhin viel schöner ausgeführt, als ich es erwartet hätte.

Aber das sind halt die Vorteile, wenn man erfahrene Produzenten (in diesem Falle James Burrows, Glen Charles und Les Charles) und Autoren hat (u.a. Ken Levine und Earl Pomerantz), die in der Lage sind, so gute Witze gut in Szene zu setzen, dass ein Live-Publikum sich wegschmeißt vor Lachen.

Und dann habe ich „Welcome to Sweden“ gesehen (NBC, 2014).

Gut, das hätte ich nicht, wenn nicht Amy Poehler („Parks and Recreations“) als Produzentin hinter dieser Show steckte, in der ihr Bruder Greg Poehler die Haupt- und sie selbst eine Nebenrolle spielt. Wie auch Aubrey Plaza (dito „Parks and Rec“), Will Ferrell, Gene Simmons von Kiss, Patrick Duffy und andere Prominente.

„Welcome to Sweden“ ist eine mit nur einer Kamera gefilmte Sitcom (das immerhin im schönen Schweden), also ohne Publikum. Und das ist auch besser so, denn viel zu lachen hätte da auch niemand. Was jetzt nicht bedeuten soll, dass das die Anforderung an jede Comedy ist; Louis CK etwa schafft ja auch (oft) gute Sitcomfolgen, die ohne große Lacher auskommen.

Aber „Welcome to Sweden“ behauptet, komisch zu sein. Stattdessen liefert die Show über US-Expat Bruce (Poehler), der mit seiner schwedischen Frau Emma (Josephine Bornebusch) in ihre Heimat zieht, dann allerdings nur konventionelle Peinlichkeitsscherze, die ohne große Pointen auskommen — wenn sich etwa Emma mit einer Freundin auf Schwedisch über eine sterbende gemeinsame Bekannte unterhält und Bruce dazwischenkaspert, indem er sich über die schwedische Sprache lustig macht. Oder komisch gemeinte Figuren wie Emmas Slacker-Bruder Gustaf, der aber über diese eine Eigenschaft großer Faulheit hinaus völlig flach bleibt.

Ich habe so eine Ahnung, dass „Welcome to Sweden“ in dreißig Jahren nicht mehr so gut funktioniert wie „Cheers“ heute. Aber das ist nur so eine Ahnung. Als Kontrastmittel zu einer klassischen Sitcom hätte es aber kaum ein besseres geben können.

Und „Welcome to Sweden“ hat so (unfreiwillig und eher zufällig) meine These untermauert, dass es kein Zufall ist, dass die großen Sitcoms, die, mit denen wir auf- und die uns ans Herz wachsen, alle live vor Publikum gedreht sind. Schon weil ein Livepublikum der beste Test dafür ist, wie komisch eine Sitcom tatsächlich ist.

„Cheers“ ist komisch, nach dreißig Jahren immer noch. „Welcome to Sweden“ nicht.

Ich werde über die nächsten Wochen nach und nach die 42 DVDs durcharbeiten, die der Ziegel von einer Komplettbox „Cheers“ hat, oder es jedenfalls versuchen, und darüber bloggen. Wenn es etwas Bloggenswertes gibt jedenfalls.

Brits getting L.A.’d

11. Januar 2011 7 Kommentare

Wer hat sich nicht schon mal gefragt, warum und wie aus guten Fernsehserien schlechte Adaptionen für einen anderen Markt gemacht werden? Wie zum Beispiel aus „The IT Crowd“ „Das iTeam — Die Jungs mit der Maus“ wurde und wer um Himmels willen den Firmenboß Reynholm, im Original Chris Morris/Matt Berry, mit Sky du Mont besetzt hat? „Episodes“ (Showtime/BBC2) hat die Antwort.
https://www.youtube.com/watch?v=xuzYli5F7d8?fs=1&hl=de_DE

Die geht ungefähr so: Sean und Beverly Lincoln (Stephen Mangan, Tamsin Greig) haben gerade (abermals) zwei Baftas für ihre Serie „Lyman’s Boys“ abgeräumt, als sie auf der Aftershow-Party von Merc Lapidus, dem Präsidenten eines amerikanischen Fernseh-Networks, angesprochen werden. Er, so erklärt der Senderboß, liebe ihre Show so sehr, daß er Sex mit ihr haben wolle — sie sei perfekt für den amerikanischen Markt. Außer natürlich, Sean und Beverly hätten etwas gegen Sturzbäche schnell verdienten Gelds (die Serie sei ja schon geschrieben), eine Villa und ein Leben im ewigen Frühsommer L.A.s. Er würde gerne mit ihnen anstoßen, so Lapidus, sei jedoch trockener Alkoholiker; er wisse aber sehr genau, was er wolle, seit er Krebs gehabt habe und ihm klar geworden sei, daß Gott auf niemanden warte.

Es ist ein sehr einnehmender Auftritt des Amis, gänzlich unbritisch distanzlos, und Sean und Beverly sind etwas überrumpelt, aber sehr geschmeichelt. Gegen viel Geld haben sie nichts einzuwenden, und die Überblendung von der verregneten Londoner Nacht zum sonnendurchfluteten blauen Himmel Kaliforniens, unter dem Sean und Beverly in einer offenen Cabrio-Limousine in Richtung ihrer riesigen Villa fahren, macht ihre Entscheidung augenfällig. Schon alleine der riesige, im Badezimmerboden eingelassene Pool ist so verheißungsvoll, daß Sean und Bev sich umstandslos die Kleider vom Leib reißen — und feststellen müssen, daß es ungefähr drei bis vier Tage dauert, bis genügend Badewasser eingelaufen ist.

Nicht die letzte Enttäuschung. Lapidus hat in Wahrheit keine Minute ihrer Serie gesehen, denn „he is not a big TV watcher“, wie die doppelzüngigen Executives erklären, mit denen es Sean und Beverly nun zu tun bekommen. Tatsächlich soll ihr britischer Hauptdarsteller Julian, ein Schauspiel-Veteran und Shakespear-Darsteller, für die Rolle abermals vorsprechen, obwohl er bereits gesetzt war. Prompt fällt er durch — Mercs Vorname leitet sich nicht zufällig von „mercurial“ (launisch, sprunghaft) ab — und wird ersetzt durch jemanden, der in der Rolle eines soignierten Internatsleiters so zuhause ist wie Daniela Katzenberger in einer Universitätsbibliothek: Matt LeBlanc.

Die Rollenverteilung ist schnell klar: Hie die verständigen, halbwegs normalen Engländer — da die unberechenbaren Amerikaner, große Kinder, die gar nicht daran denken, irgendwelche Zusagen einzuhalten, aber immer glauben, zum Wohle aller zu handeln. Vor allem der doublespeak der Sender-Angestellten ist dabei ein Quell stetiger Freude:

BEVERLY

And if we say no?

SENDER-NUSS

You don’t want to say no to Merc. You really want him on your team.

SEAN

I thought he was on our team?

SENDER-NUSS

Totally! But if he likes Julian – and he will! – you’re pretty much guranteed you’re on the air!

BEVERLY

He already guaranteed we’re on the air.

SENDER-NUSS

Absolutely! But you see, nothing is set in stone.

SEAN

Actually, Merc said it was set in stone.

SENDER-NUSS

And it is! But, you know...

BEVERLY

Clearly, we don’t know.

SENDER-HEINI

It’s in stone! But... stone! There is things that’s stronger than stone.

SEAN

Like what?

SENDER-NUSS

Like Merc!

Weil aber die Rollenverteilung so schnell klar ist, fällt leider auch die Kritik an dieser ersten Folge „Episodes“ ein wenig zwiespältig aus: denn die kam ohne allzu viele große Lacher aus und war alles in allem ein bißchen erwartbar. Das muß aber kein Makel sein, es bedeutet allenfalls, daß vielleicht eine Doppelfolge zum Serienstart besser gewesen wäre — für gewöhnlich ist die zweite Folge ja schon um einiges komischer. Und Matt LeBlanc, der in der ersten Episode kaum eine Szene hatte, wird ab der zweiten Folge für zusätzlichen Pfeffer sorgen — David Crane, eine Hälfte des „Episodes“-Autorenduos neben Jeffrey Klarik, war schließlich selbst einer der Creators von „Friends“.

UPDATE Dan Owen vergibt bei Obsessed With Film gerade mal einen von fünf Sternen. Seiner Ansicht nach erzählt „Episodes“ im Wesentlichen die Story der zweiten Staffel „Extras“, in der Ricky Gervais miterleben muß, wie seine usprünglich ambitionierten Pläne für eine Sitcom nach und nach zerstört werden und aus seiner Serie eine schreckliche Mißgeburt wird. Allerdings fehle „Episodes“ der Hook, mit dem man ein Publikum in Bann schlägt, das nicht so sehr an Fernseh-Interna interessiert sei — wie es bei „Extras“ der Umstand war, daß Geravis‘ Figur ein Durchschnittstyp gewesen sei, der einfach berühmt und erfolgreich sein wollte. Wohingegen Sean und Beverly zwei bafta-ausgezeichnete Autoren spielten, in die sich der Zuschauer nicht so leicht hineinversetzen könne. Ein nicht ganz unberechtigter Einwand, diese Parallele zu „Extras“. Ob sie eine so geharnischte Kritik rechtfertigt, möge jeder für sich entscheiden.

„Gently“ (adv.): „behutsam“

20. Dezember 2010 6 Kommentare

Nein, eine behutsame Adaption war das nicht. Howard Overman hat aus Douglas Adams‘ „Dirk Gently’s Holistic Detectiv Agency“ etwas (fast) völlig Neues gemacht: „Dirk Gently“ (BBC4), einen Krimi rund um einen exzentrischen Privatdetektiv, der in den bizarren Fall einer verschwundenen Katze, einer Zeitmaschine und zweier Morde verwickelt wird.

Es ist schon sehr, sehr lange her, daß ich Adams‘ Roman gelesen habe, bald an die zwanzig Jahre. Damals fand ich ihn, wenn ich mich recht erinnere, im Vergleich zum sprühend komischen, überdrehten „Anhalter“ etwas verhaltener, weniger leicht zugänglich, erwachsener. Allerdings muß ich gestehen: An allzu viel erinnere ich mich nicht. Möglicherweise, weil der Roman sehr kompliziert angelegt ist: Er ist nicht linear erzählt, die tatsächliche Chronologie ist sehr undurchschaubar; überhaupt ist „undurchschaubar“ vermutlich das treffendste Wort für den Plot.

„Dirk Gently“ dagegen hat viele Elemente einer typisch britischen Krimiserie: Stephen Mangan als Gently ist ein kauziger, äußerst ungewöhnlicher Ermittler, Darren Boyd als Gentlys Sidekick Richard MacDuff sein straighter Counterpart, dem Gently stets die Tür vor der Nase zuhauen und das Geld aus der Tasche ziehen darf. Beide Schauspieler gehen voll in ihren Rollen auf: Mangan darf wieder den Spinner mit den Haaren und dem unsteten Blick geben, Boyd den oft perplexen Zukurzgekommenen. Sie sind beide perfekt in ihren Rollen, auch wenn ich zwischendurch nicht sicher war, ob sie nicht zu perfekt sind und einfach sie selbst sind, statt ihre Standard-Rollen ein bißchen zu variieren und tatsächlich zu spielen. Auch Susan (Helen Baxendale, „Friends“) ist sehr straight angelegt und erdet Gentlys irre Vorstellungen von der Verbundenheit aller Dinge noch mehr als MacDuff, dem man von vorneherein ebenso wenig über den Weg traut wie Gently. Die Action ist, ebenfalls typisch für britische Krimis, weitgehend reduziert; statt dessen nehmen die „walk and talk“-Szenen, die viele Krimis auf die Dauer etwas ermüdend machen, grotesk viel Raum ein. Das dürfte nicht zuletzt auf ein knappes Budget zurückzuführen sein, Overman nutzt diese Beschränkung aber und übersteigert die retardierenden Momente so sehr, daß sie parodistisch werden.

Diesen Einschränkungen der Produktion fallen allerdings genau die Elemente zum Opfer, die der durchschnittliche Douglas Adams-Fan vermutlich erwartet: fremde Planeten, elektrische Mönche, außerirdische Siedler kommen in der Fernsehversion nicht vor — abgesehen von einer Zeitmaschine gibt es gar keine Science-Fiction-Elemente. Im Grunde bedient sich Overman nur bei den Figuren Adams‘ und einigen Plot-Outlines, die er zu einer weitgehend neuen Story, eben: einem regulären Krimi verwebt. Wie schon der Disclaimer sagt: „Dirk Gently“ ist based on the novel, nicht adapted from. Ein feiner Unterschied, den man als Zuschauer erst mal schlucken muß. Wie Dan Owen es beschreibt: „Eine Overman-Adaption des ‚Anhalters‘ würde vermutlich komplett auf der Erde spielen, wo Arthur Dent als Anhalter auf der M6 diverse Spinner trifft.“

Womöglich wäre aber genau das die richtige Lösung für die BBC-Serie des „Anhalters“ von 1981 gewesen. Diese krankte damals enorm an den viel zu großen Effekten und Kulissen, die allen nachfolgenden Zuschauergenerationen schnell billig vorkommen mußten, und daran, daß sich die Adaption zu sehr an Douglas Adams‘ Vorgaben hielt.

„Dirk Gently“ dagegen hat mich nicht enttäuscht. Insbesondere der letzte Akt, die Auflösung des Rätsels um die verschwundene Katze, fand ich clever und komisch: Hier hat man Overmans Liebe zu einfachen, aber verblüffenden Wendungen gespürt, die „Misfits“ zu einer so brillanten Serie machen. Die Produktions-Standards sind nicht ganz die von „Sherlock“, aber ich würde trotzdem gerne mehr Folgen „Dirk Gently“ sehen und hoffe, daß die BBC schnell welche ordert. Schon wegen der tollen Princess, die Gently fährt. Wenn sie fährt.

In the News

Zwei Todesfälle und eine Geburt:

„Bellamy’s People“ wird keine zweite Staffel erhalten. Das berichtet Chortle. Der Spoof der „Fast Show“-Genies Paul Whitehouse und Charlie Higson wurde nach der ersten Series von der BBC abgesetzt — wenig überraschend, konnte doch die Umsetzung der erfolgreichen Radio-Comedy ins Fernsehen nicht so recht überzeugen.

Auch Sarah Silverman wird nach drei Staffeln ihrer „Sarah Silverman Program“ keine weitere Season produzieren. Keine Überraschung, hatte Comedy Central doch schon die letzte Staffel mittendrin auf einen mitternächtlichen Sendeplatz verschoben und zuvor schon das Budget gekürzt.

Die gute Nachricht zum Schluß: Matt LeBlanc hat die Rolle als Matt LeBlanc bekommen, die er in der US-britischen Coproduktion „Episodes“ spielen soll — und zwar als Fehlbesetzung in einem US-Remake einer erfolgreichen britischen Fernsehserie. Könnte lustig werden (dieses Blog berichtete) und erinnert ein wenig an die selbstironische (und ziemlich bittere) Sitcom „The Comeback“, in der LeBlancs „Friends“-Kollegin Lisa Kudrow sich bereits 2005 über ihren Status als alternde Schauspielerin im Fernsehbusiness lustig gemacht hat. Der erste Trailer sieht jedenfalls gut aus:
https://www.youtube.com/watch?v=9BaZIAlQnAY?fs=1&hl=de_DE

In the News (6)

4. Oktober 2009 1 Kommentar

„Curb Your Enthusiasm“ wird, nach zwei zunehmend komischen, aber „Seinfeld“-freien Folgen, in der heutigen Folge auf endlose Ankündigungen endlich Taten folgen lassen: Jerry Seinfeld, Jason Alexander, Julia Louis-Dreyfus und Michael Richards werden nach fast elfeinhalb Jahren erstmals wieder gemeinsam vor der Kamera stehen. Und das vor Originalkulissen im Originalstudio, wie sie in einem langen Interview mit Hollywoodinsider verraten:

Michael Richards: „The only thing that was missing was on the back wall of Jerry’s apartment in the hall where you enter from, I had written “Funny” in red paint on the wall. And that wasn’t on the wall. It was missing. But we didn’t need any touch-up. That’s what was so profound. It just all came together pretty easily.“

Matt LeBlanc („Friends“) wird die Hauptrolle in der britisch-amerikanischen Coproduktion „Episodes“ spielen, die im Fernsehmilieu stattfinden wird und den Trend zu amerikanischen Remakes englischer Sitcoms satirisch aufgreifen soll. LeBlanc soll darin die amerikanische Fehlbesetzung eines englischen älteren Gelehrten spielen, über den sich die Produzenten in die Haare kriegen. Es soll aber in erster Linie eine romantische Comedy über Liebe am Arbeitsplatz werden — denn die Produzenten sind miteinander verheiratet. Könnte gut werden, wird „Episodes“ doch von Hat Trick produziert (die neben dem Dauerbrenner „Father Ted“, den ich hier gar nicht oft genug empfehlen kann, allerdings auch das unsägliche „Kröd Mandoon“ versemmelt haben) und von Mark Bussell und Justin Sbresni betreut, die das höchst empfehlenswerte „The Worst Week of My Life“ gemacht und auch seine (allerdings eher mäßige) Umsetzung für den US-Markt betreut haben. Ich persönlich bin ja ein Fan von Fernsehen, das sich mit sich selbst beschäftigt (siehe „Curb“), und empfehle daher hier nochmal fix „Moving Wallpaper“ und „Dead Set“; „30 Rock“ und „Extras“ muß man ja wohl nicht mehr extra erwähnen.

Außerdem meditiert die London Times darüber, what British comedy says about us (ich wage kaum darüber nachzudenken, was deutsche Comedy über uns aussagt), und der Guardian denkt laut darüber nach, ob der „Anhalter“ immer noch lustig ist. Ich tippe ja: Er ist es.

ABComedy (2)

4. Oktober 2009 8 Kommentare

Heute also wie angekündigt die zwei weiteren US-Sitcom-Neustarts von ABC, besprochen wiederum vom Britcoms-Gewährsmann René Reinholz. Herr Reinholz, bitte übernehmen Sie!

Am überzeugendsten in diesem Viererblock ist die etwas arg 70er-Jahre-mäßig betitelte Mockumentary „Modern Family“ mit Ed „Al Bundy“ O’Neill und der als Denise Bauer aus „Boston Legal“ bekannten Julie Bowen; entwickelt haben die Serie Christopher Lloyd und Steven Levitan, beide vormals Produzenten von „Frasier“. Das Kamerateam begleitet drei Paare: den Geschäftsmann Jay und seine heißblütige Frau Gloria, Claire und Phil und das schwule Paar Mitchell und Cameron. Ohne zu viel zu verraten, sei gesagt, daß alle drei Paare miteinander in Verbindung stehen.

Da ist Phil, Vater von drei nicht ganz unkomplizierten Kindern, der sich für einen coolen Dad hält („I’m hip: I surf the web, I text – LOL: laugh out loud, OMG: oh, my God, WTF: why the face?“) und seine Kinder mit seinen abgeschauten „High School Musical“-Tanznummern zur Verzweiflung bringt. Oder Glorias elfjähriger Sohn aus erster Ehe, der in eine Sechzehnjährige verliebt ist und ihr — gegen den stiefväterlichen Rat — mit selbstgepflückten Blumen und einem selbstgeschriebenen Gedicht Avancen macht. Und Gloria selbst, die sich lachend an ihre gescheiterte Ehe erinnert: „It seemed like all we did was fight and make love, fight and make love, fight and make love. One time, I’m not kidding you, we fell out the window together:“ — Darauf Jay verdutzt: „Which one were you doing?“ Sehr schön auch Mitchell und sein Freund Cameron mit Hang zur Drama-Queen, die gerade aus Vietnam zurückgekehrt sind, wo sie ein kleines Mädchen adoptiert haben, und dies nun ihrer nichtsahnenden Familie beibringen müssen.

Trotzdem verläßt man sich trotz der zugegeben klischeeträchtigen Ausgangssituation erfreulicherweise nicht auf allzu Bekanntes und Bewährtes. Die ersten beiden Folgen sind im Gegenteil sehr sehenswert, wenn auch das Potential, das „Modern Family“ zweifellos hat, noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Jetzt könnte man eigentlich auch schon gut unterhalten und hoffnungsfroh abschalten, aber es läuft ja noch „Cougar Town“ mit Courteney Cox („Friends“) als Jules, eine geschiedene, alleinerziehende Mutter eines Siebzehnjährigen. Der Titel der Serie bezieht sich auf cougars (Pumas), in gewissen Kreisen, wie man hört, auch MILFs genannt, also attraktive Frauen über 40, die sich weitaus jüngere Männer suchen.

Da sie nun geschieden ist, läßt sich die selbstredend unglückliche Jules — denn wer kann schon ohne Partner? — von ihrer Kollegin Laurie dazu überreden, sich doch mal wieder auf die Jagd (wir verstehen: „cougars“) nach Männern zu begeben.

Und damit nimmt das Elend seinen Lauf. „All of the single guys our age are either broken, gay or chasing younger girls.“ Diesen Spruch hat man nun wirklich noch nie gehört, jedenfalls nicht seit letzter Woche. Oder wie wär’s damit: Jules streitet sich mit ihrem (gutaussehenden) Nachbarn, der bezweifelt, daß sie einen jüngeren Typen abschleppen könnte. Sie, nicht dumm, ruft einem schätzungsweise dreizehnjährigen Radfahrer zu: „Hey, kid!“ und reißt sich blitzartig den Morgenmantel vom Leib, woraufhin der herüberstarrende Teenager die Straße aus den Augen verliert und kopfüber in ein offenes Cabrio fällt. Darauf sie zu dem Nachbarn: „Suck it!“ Genau! Bzw.: cringe. Und natürlich schleppt sie kurz darauf doch noch einen 22jährigen ab.

Ob beabsichtigt oder nicht, ein Fünkchen Realismus findet sich doch. Als Jules ihren Sohn fragt: „Why do you never laugh at my jokes?“, antwortet dieser: „Because they make me sad.“

Wer sich für den Typ magersüchtiger, nervtötend hyperaktiver Botoxjunkie und einen wie aus einem Cartoon entsprungenen, ganz und gar unglaubwürdig coolen und welterfahrenen Teenager begeistern kann, kommt hier garantiert auf seine Kosten. Man möchte Jules empfehlen, in Würde zu leben und vielleicht mal ein Buch zu lesen; dann gäbe es zwar „Cougar Town“ nicht, aber damit ließe sich ja leben.