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Arsch vs. Eimer

Wie schön, dass Sommerloch ist. Da kann man sich endlich mal wieder auf Nebenkriegsschauplätzen tummeln wie dem der Causa Matthias Matussek vs. Kurt Krömer.

Was bisher geschah: der Krawalljournalist Matthias Matussek hat beschlossen, eine Einladung in Kurt Krömers Krawalltalkshow „Krömer — Late Night Show“ anzunehmen, ist dort von Krömer als „hinterfotziges Arschloch“ und, mehrfach, als „Puffgänger“ bezeichnet worden und hat sich dann entschieden, nun furchtbar beleidigt zu sein und auf Herausschneiden von Teilen seines Auftritts oder des ganzen Auftritts zu klagen. Mit eher geringer Aussicht auf Erfolg, was man so hört.

In der Folge aber ist ein großes Zetern und Klagen losgegangen: der eine darf seine Gewaltphantasien im „European“ ausleben und von Huren und Asiatenärschen träumen, der andere schäumt seinen Hass einfach ohne Umwege über Argumente ins Internet und schimpft auf den „TV-Kretin“ („und man spricht da noch von ‚Kunstfreiheit'“). Matussek selbst sieht im Nachhinein für sich zwei Optionen, „Krömer eine reinzuhauen oder rauszugehen“, obwohl er natürlich beides hätte machen können. Hat er aber nicht, sondern die ganze Sendung über mitgespielt und hinterher sogar noch für ein Foto posiert.

Ich bin reichlich ratlos, und zwar nicht nur über die Stellvertreterreaktionen von Leuten, die die Sendung m.W. gar nicht gesehen haben und insofern (mal wieder) über etwas urteilen, das sie nur vom Hörensagen kennen. Das alleine sollte ja nun schon stutzig machen; aber Schwamm drüber, ist halt Sommerloch, und die Medien tun ja offenbar alles dafür, noch Öl ins Feuer zu gießen.

Nein, ratlos bin ich in erster Linie über Matussek. Der Mann ist doch Medienprofi. Wer, wenn nicht er, wüsste denn, dass Menschen, die in den Medien vorkommen, und noch dazu bei Comedyshows, immer Rollen spielen? Alexander Bojcan die des Kurt Krömer und Matthias Matussek die des Gastes?

Denn da geht doch das Missverständnis schon los: dass Kurt Krömer überhaupt satisfaktionsfähig wäre. Ist er nicht, er ist nur eine Rolle, eine Kunstfigur, wie Ali G die Rolle ist, in der Sacha Baron Cohen die Gäste seiner „Ali G Show“ noch viel mehr beleidigt und gedemütigt hat. Ohne dass die hinterher geklagt hätten, denn dort wussten sie, dass sie Gäste sind, die gekommen sind, um ihre Rollen als Gäste zu spielen. Die gekommen sind, um sich zur Unterhaltung des Publikums von Ali G zum Horst machen lassen. Und nicht, um die Welt über das Erscheinen ihrer neue Bücher, Filme oder Platten zu informieren. Wie um Himmels willen konnte Matussek das glauben?

Kurt Krömer kann niemanden beleidigen, so wenig wie Ekel Alfred oder der Kater Garfield jemanden beleidigen können: Weil sie Figuren sind, Erfindungen, Fiktionen, die per definitionem mit Platzpatronen schießen, selbst wenn sie „Amok laufen“, wie Matussek jetzt behauptet. Selbst wenn die Trennung von Kunstfigur und Darsteller nicht so klar wäre wie hier, weil sie unterschiedlich heißen: der Rahmen der Sendung muss doch klar machen, dass man sich in einer künstlichen Situation befindet. Das hat es ja nun sogar schon im deutschen Fernsehen gegeben, zum Beispiel von Karl Dall, wenn sich noch jemand an „Dall-As“ (1985 – 1991, RTLplus) erinnern kann.

Die Untergriffigkeit der Krömer-Show ist also ihr Konzept. Nun zu verlangen, für Matthias Matussek eine Ausnahme zu machen und ihn in Ruhe sein Buch bewerben zu lassen, ist geradezu grotesk. Gerade Matussek, dem Spiegel-Leser sogar im Spiegel ins Stammbuch schreiben dürfen, er, der „Chefkonservative des Spiegel„, sei der „blindgläubigste Ratzinger-Bewunderer und gockelhafteste Papsttum-Propagandist“, „der Hannes Jaenicke des Feuilletons“ (Leserbriefe in der Ausgabe 29/2013, S. 14), muss sich dessen bewusst sein, welche Angriffsfläche er für Krömer bietet. Zumal er ja mit Krömer durchaus auf Augenhöhe ist, schlagfertig, wortgewandt, ein Alphamännchen des Alphamännchenjournalismus, und nicht etwa eine radebrechende Dolly Buster, die von Karl Dall auf ihre großen Titten angesprochen wird.

Ali G hat in einem legendären Doppelinterview mit David und Victoria Beckham „Posh Spice“ gefragt, ob sie sich von David anal hernehmen lassen würde:

Ali G: Me heard that there is an insulting song that they sing about you has you heard it, what is the words?

Victoria Beckham: They say Posh Spice.

Ali G: That you take it up the arse.

Victoria Beckham: That’s right.

Ali G: But that’s not insulting, that’s the biggest compliment you can pay someone. No but seriously, does you take it up the botty?

Victoria Beckham: No of course I don’t.

Ali G: Beckham, you telling me you ain’t never been caught offside?

David Beckham: No.

Eine Situation, in der andere Männer, und zwar zur Verteidigung ihrer Frau, wohlgemerkt, nicht um sich selbst zu wehren, durchaus handgreiflich hätten werden können. Was war die Reaktion von Victoria und David? Sie haben gelacht. Offenkundig war die Situation ihnen peinlich, aber sie haben sie weggelacht. Und die Reaktion des Publikums? Sie haben die beiden dafür geliebt.

Matthias Matusseks großes Ego aber lässt so eine Reaktion nicht zu. Dafür liebt er sich selbst viel zu sehr. Meine Reaktion aber als Publikum: Ich halte ihn für eine arme Wurst. So unterschiedlich kann’s gehen.

  1. butters
    25. Juli 2013, 22:51 | #1

    Ich habe das gar nicht mitbekommen und den Atem beim Lesen Ihres Textes angehalten und war am Ende erleichtert, dass Kurt Krömer gut abschneidet bzw. MM als hinterfotziges Arschloch zurückbleibt, der er nun mal offensichtlich ist.
    Ich habe nämlich eine Schwäche für KK, und hoffe, dass es in Zukunft kein allzu guilty pleasure wird, ihm zuzuschauen, trotzdem ihn gewiss auch die Wilmersdorfer Witwen anhimmeln.

  2. 26. Juli 2013, 19:23 | #2

    @butters: wieso sollte es eine guilty pleasure sein ihm zuzuschauen? Ich finde das überhaupt nicht so 😉

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