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Freundinnen müsste man sein

Dafür mag ich meinen Blog: Ohne hätte ich mal wieder ein kleines Juwel verpasst. Unter dem Jahresendpoll wies mich Blogleser Jan G. auf „Doll & Em“ (Sky Atlantic/HBO, seit 2014) hin, und dafür bin ich ihm dankbar, denn „Doll & Em“ ist eine feine kleine Sitcom.

Em, Emily Mortimer, war mir schon in Sorkins „The Newsroom“ (HBO, 2012 – 14) angenehm aufgefallen, und Doll, Dolly Wells, hat bereits die Promi-Spoof-Show „Star Stories“ (Channel 4, 2006 – 08) bereichert. Hier spielen sie eine fiktionale Version ihrer selbst, langjähriger bester Freundinnen also, die schon als Kleinkinder zusammen in der Badewanne saßen (wie man im Vorspann jeder Folge sehen kann). Freundinnen allerdings, deren Zusammenhalt durch ihre Karrieren auf einen Prüfstand gestellt worden ist, denn während Mortimer den Sprung nach Hollywood geschafft hat, ist Wells in Großbritannien und ihr Erfolg immer im Schatten von dem Mortimers geblieben.

Genau diese Spannung bildet die Grundlage für „Doll & Em“: Doll, frisch getrennt von ihrem Typ, flieht in die USA zu ihrer Freundin Em, der erfolgreichen Schauspielerin in L.A., zieht erstmal bei ihr ein — und wird Mortimers persönliche Assistentin. Langjährige Freundinnen, mit einem Mal in einer Chef-Angestellten-Beziehung? Das sind Clashs programmiert.

Vor allem, wenn man eine so passiv-aggressive Haltung an den Tag legt wie Doll.

Und eine so britisch-indirekte wie Em.

Was sofort durchschlägt, als Doll und Em, abends auf der Couch liegend, geklärt haben: Doll soll als PA praktisch nichts machen, neinnein, keinen Kaffee morgens, und ins Studio fahren braucht sie Em auch nicht, sie kann einfach chillaxen, ist ja nicht viel zu tun, das geht dann schon klar … Gut, dass wir das geklärt haben … Eis? Ja, bitte. — Soll ich’s holen? Nein, nein! Ich kann’s aber holen. Ok. — Ist das Teil des Jobs? Nein!! — Ist es …?

Fünf Folgen lang werden die Karten immer wieder hübsch neu gemischt: Mal muss Doll bei einer Party für Susan Sarandons Balg das Kindermädchen spielen (und tappt prima ins Fettnäpfchen, als sie laut denkt, das Kind sei Sarandons Enkel), so dass Em ihrer Freundin erstmal die Anstandsregeln Hollywoods erklären muss, mal punktet Doll wider Erwarten bei Ems Kollegen am Set und wird plötzlich sogar gecastet, droht also ihrer besten Freundin die Show zu stehlen.

Schließlich aber kommt es zum Bruch der beiden Freundinnen, und die Nachwirkungen dieses Bruchs in der letzten Folge, Doll ist zurück in England, Em kommt mit Familie auf Heimatbesuch nach London, runden „Doll & Em“ sehr schön ab als eine Charakterstudie, die einmal mehr das voll ausspielt, was britische von amerikanischen Sitcoms unterscheidet: die Tiefe der Charaktere, die Schatten über den Figuren, die einem dadurch erst ans Herz wachsen. Was durchaus ein bisschen zu Lasten lauter, schneller Lacher geht, aber wer Oneliner erwartet, ist bei „Doll & Em“ ohnehin von Anfang an verkehrt.

„There’s usually three processes in movies here“, lässt sich Doll in einer Szene erklären: „You’re sort of overvalued or you’re overhyped. You overhype yourself, everybody’s brillant. And then you get used, and then you get discarded. It’s always in that sequence.“ Aber natürlich muss Doll zu dieser Einsicht selbst gelangen, auf die harte Tour.

Dass sie dabei Unterstützung nicht nur von Sarandon, sondern auch von Chloë Sevigny erhält, von John Cusack, Andy Garcia und einigen anderen Gaststars, die sich selbst spielen, schadet der Serie natürlich auch nicht; in der zweiten Staffel kommen Olivia „House M.D.“ Wilde und Mikhail Baryshnikov dazu.

Einzig etwas mehr dramaturgische Stringenz hätte ich „Doll & Em“ gewünscht, die ihre Serie auch (mit Hilfe von Regisseur Azazel Jacobs) selbst geschrieben bzw. teilimprovisiert haben. Hin und wieder mäandert „Doll & Em“ ein wenig, könnte noch deutlicher auf den Punkt kommen, etwas präziser sein.

Aber bevor diese leichte Unschärfe wirklich stört, sind die ersten sechs Folgen auch schon wieder vorbei.