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Looking through Mark’s and Jeremy’s eyes

Jede Sitcom braucht, um erfolgreich zu sein, eine Idee, die sie unverwechselbar macht; ohne ein originelles Moment bleibt sie Abklatsch. Dabei sticht dieses entscheidende Merkmal mal mehr, mal weniger deutlich ins Auge: Jeder sieht ohne weiteres, daß es bei „Alf“ Alf war, den sonst keine Serie aufzubieten hatte (und zum Glück, möchte man sagen); schon ein bißchen schwieriger wird es bei „The Office“ oder „Seinfeld“, wo das Bemerkenswerte war, daß es um nichts bemerkenswertes ging — Stichwort: Show about nothing. Im Marketing spricht man von Unique Selling Proposition, kurz: USP.

Bei „Peep Show“ ist dieses Alleinstellungsmerkmal sofort auffällig: Der Zuschauer sieht die Welt mit den Augen der beiden Protagonisten Mark und Jeremy (David Mitchell und Robert Webb). Heißt: Dialoge werden direkt in die Kamera gesprochen, der Zuschauer nimmt je den Standpunkt einer der Figuren ein. Die beiden Jugendfreunde teilen sich eine Wohnung (nämlich die von Mark), obwohl sie keine Gemeinsamkeiten haben: Mark ist ernst, bieder, beruflich halbwegs erfolgreich, aber unsicher, während Jeremy faul, narzisstisch, verantwortungslos und alles in allem ein großes Kind ist, das in den Tag hineinlebt, obwohl es langsam ein bißchen zu alt ist für einen nie ernsthaft verfolgten Traum vom Leben als Rockstar. Sein bester Freund ist eine überlebensgroße Version seiner selbst: der Möchtgern-Musiker Super-Hans, ein vollkommen suspektes und vertrauensunwürdiges Subjekt, zu dem ausschließlich Jeremy aufsieht. Mark wiederum ist (jedenfalls zu Beginn) in seine Kollegin Sophie (Olivia Colman, „Green Wing“) verliebt, stolpert aber dermaßen über seine eigene Unentschlossenheit, daß er sie schließlich heiratet, obwohl er sich zuvor bereits dagegen entschieden hat.

Sam Bain und Jesse Armstrong, die Autoren von „Peep Show“, sind vielfach ausgezeichnet worden für ihre Serie, und obwohl sie Channel4 nur mittelmäßige Zuschauerzahlen beschert hat, liefen bereits fünf Staffeln und ist eine sechste in Vorbereitung: Denn ihr dunkler, böser Humor hat der Serie vor allem unter jüngeren männlichen Zuschauern ein begeistertes Fanpublikum verschafft, das sich über die immer peinlicheren Situationen freut, in die das Ensemble gerät: Sei es daß Jeremy mit Sophies Mutter schläft, sich einen Job schönredet, bei dem er einem von ihm verehrten Musiker, ähm: zur Hand geht oder daß Mark sich zum Stalker entwickelt, als Sophie in die Provinz versetzt wird.

Leider ist das Gimmick, das „Peep Show“ so einzigartig macht, nach meinem Dafürhalten auch das größte Handicap der Serie. Denn so schön es ist, entlarvende innere Monologe als Kommentare zur Handlung zu hören und die knietiefen Fettnäpfchen dementsprechend noch eindringlicher zu empfinden, die hier durchschritten werden, so hölzern wirken die meisten Schauspieler, wenn sie nicht mit anderen Schauspielern interagieren, sondern mit der Kamera, in die sie hineinsprechen müssen. Da entsteht keine Chemie, das bleibt ein bißchen lebloser, als es sein könnte, und wirkt schnell formelhaft — zumindest auf mich. Vielleicht bin ich aber auch einfach schon ein bißchen zu alt für „Peep Show“, vielleicht sollte ich mich eher an die Sketchshow „That Mitchell And Webb Look“ halten, die mir Murmel schon mehrfach ans Herz gelegt hat.

Die „Peep Show“-Clips bei YouTube, wo sich sogar ganze Folgen finden, lassen sich leider hier nicht einbetten, aber immerhin verlinken: Zum ersten Teil der ersten Folge bitte hier entlang!

((Jaja, die Überschrift versteht wieder mal keiner: eine Anspielung auf „Gary Gilmore’s Eyes“ von den Adverts.))

  1. Tom
    25. März 2009, 12:03 | #1

    Although lots of my friends talked about this show a lot and would get very excited when a new series was about to begin, I never really got into Peep Show until two series were broadcast back-to-back late one night. It is genius. I love it. I found “That Mitchell And Webb Look” very hit-and-miss, leaving me with the impression that these guys are better actors than comedy writers, although David Mitchell is a great panellist on lots of Radio 4 shows and on the Stephen Fry’s brilliant QI. (Has anyone in Germany seen QI? It is fantastic. I bet there will be a thoroughly unwatchable version featuring all the usual suspects coming to a tv near you soon).

  2. plicktzah
    25. März 2009, 16:51 | #2

    Sehr geehrter Herr Nagel, ich möchte mich hiermit mal für diesen Blog und Ihre Britcom-Humorkritik-Specials in der Titanic bedanken. Durch letztere bin ich erst richtig auf viele meiner jetzigen Britcom-Favoriten aufmerksam geworden. Was wäre mein Leben ohne The Smoking Room, The Young Ones, The Office, Father Ted und v.a. ohne Spaced … Ich müsste wohl in dem Glauben leben, Monty Python und Fawlty Towers wären das Einzige, was England je an Comedy oder gar geistreicher Unterhaltung hervorgebracht hat. Schaurig.

    Von Mitchell & Webb sind mir die Radio Series am allerliebsten, The M&W Situation und -Look haben aber vieles davon grandios ins Fernsehen übersetzt. Die Peep Show – obwohl sehr komisch – ist mir auf Dauer zu anstrengend; wegen eben dem Grund den Sie hier anführen, den hölzernen Dialogen.

  3. Matthias N.
    25. März 2009, 22:53 | #3

    Ich persönlich, der ich dem Artikel nach natürlich voll in die Zielgruppe der Sendung falle (Mitte 20, männlich), kann gerade von „Peep Show“ nicht genug bekommen, wobei ich inzwischen auch so ziemlich alle anderen Sendungen des Duos Mitchell/Webb nach etwas skeptischem Einstieg zu schätzen gelernt habe. (Manchmal ist mein Eindruck, dass die portionsweise Darreichung der Sketche bspw. in „…Situation“ ihrer Wirkung etwas entgegenarbeitet, z.B. beim wunderbaren „Farming“-Sketch, der in meinen Augen besser wirkt, wenn man ihn (wie auf YouTube möglich) im Ganzen sieht.) Die Ansicht zum seelenlosen In-die-Kamera-Sprechen teile ich nur bedingt. Manch einem aus der Besetzung mag es leichter fallen wie den grandiosen Matt King und Paterson Joseph, manch anderem weniger, allen voran Mitchell. Dennoch halte ich gerade die Mischung aus tiefdunklem Humor und teilweise einfach urkomischen und intelligent kommentierten Situationen für schlicht großartig und bin dakbar dafür, auf diese hervorragende Sitcom geschubst worden zu sein.

  4. Moritz K.
    22. März 2012, 21:02 | #4

    Ich bin von vollstem Herzen bekennender Peep Show-Fan! Klar fällt es sofort auf, dass durch das in-die-Karmera-sprechen viele Situationen etwas konstruiert rüberkommen. Aber für mich gehört grade dieser etwas unprofessionelle Stil eben zum Humor der Serie und beschert ihr ein großen Plus in Punkten Symphatie.
    Also in Deutschland läuft nichts, was auch nur annähernd an die bescheidene, aber grade deswegen großartige Klasse von Peep Show rankommt. Hier wird die Serienlandschaft leider immer amerikanischer. Serien, in denen z.B. ein fiktives Publikum mit abgemixten Lachgeräuschen die Stimmung machen muss und dem Zuschauer anzeigt, wann er zu lachen hat, möchte ich meinem Sinn für Humor echt nicht antun.

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