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Man spricht Deutsch

ZDFneo will die Generation Internet zurück vor die Glotze locken — mit jungen britischen Sitcoms. Donnerstags zeigt der Digitalkanal „How Not to Live Your Life – Volle Peilung“.

Die schlechte Nachricht ist: Sie werden Don Danbury vermutlich nicht mögen. Zu Recht, denn der Endzwanziger ist furchtbar unsympathisch: präpotent, ich-fixiert, Schnösel durch und durch. In der ersten Folge „How Not to Live Your Life – Volle Peilung“ zieht er in ein schmuckes Häuschen, das ihm seine Oma vererbt hat, lässt sich anschließend von ihrem Pfleger den Arsch nachtragen und seine Jugendflamme Abby als Untermieterin einziehen, um ihr besser nachstellen zu können. Manchmal in den Kleidern seiner Oma.

Es stört die Macher der Show nicht, dass dabei sehr viele Fragen offen bleiben: Warum nur findet Abby Don charmant? Weshalb bleibt der Pfleger im Haus wohnen und lässt Don seine Dienste in Anspruch nehmen? Und wovon lebt der frisch gekündigte Don überhaupt? Und wie viel ist von diesem dezidiert britischen Humor, der von der einen oder anderen hierzulande eher unbekannten Verklemmtheit lebt, überhaupt lustig? Wer länger als zwei Folgen an „How Not to…“ dranbleiben will, der muss schon ein bisschen in die Serie investieren.

Die gute Nachricht ist: Sowohl die BBC, die „How Not to…“ gemacht hat, als auch ZDFneo haben Geduld mit Don. Und mit Dan Clark, der den Don spielt, die Serie geschrieben und sogar produziert hat. Clark war ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, die BBC hat ihn dennoch eine ganze Serie entwickeln lassen — und sie trotz Quoteneinbruchs nicht etwa mittendrin abgesetzt. Das hat sich ausgezahlt, denn „How Not to…“ hat sich als Slow Burner entpuppt, als Serie also, die erst nach etlichen Folgen zu ihrer Form findet. In Großbritannien ist schon die dritte Staffel in Arbeit.

„Wir müssen eine Serie nicht gleich absetzen oder auf einen unattraktiven Platz verschieben, wenn die Quote nicht auf Anhieb stimmt“, sagt Sebastian Lückel, der zuständige ZDF-Redakteur — schließlich liegen die Quoten von ZDFneo eh noch im kaum messbaren Bereich. „How Not to…“ ist bereits die dritte Britcom auf demselben Sendeplatz. „Wir wollten zeitgemäße und interessante Sitcoms im Programm haben“, sagt Lückel, „und oberstes Kriterium war ein spezieller Witz. Wenn man diese Richtung verfolgt, landet man fast zwangsläufig bei britischen Serien.“ Denn Britcoms sind, um das Mindeste zu sagen, gerne exzentrisch: böse, albern, vulgär, psychedelisch — und oft innovativ. Auf anderen Sendern, die mit Mainstream à la „Two and a Half Men“ Quote machen müssen, kann man sie sich kaum vorstellen: Das ist echtes Minderheitenprogramm. Für Minderheiten, die längst nicht mehr sehen wollen, was die Sender ihnen vorsetzen (und die allmählich zur Mehrheit werden), sondern massenhaft DVDs via Import bestellen oder sich gleich illegal im Internet versorgen. Mit „30 Rock“ etwa, der preisgekrönten US-Comedy von und mit Tina Fey, die als Sarah-Palin-Double auch hierzulande bekannt geworden ist. Auch „30 Rock“ hat einen Platz bei ZDFneo gefunden, sogar solide synchronisiert.

Die Synchronisation bleibt allerdings der Pferdefuß aller Bemühungen, britische Comedy in Deutschland zu etablieren. Sie zerstört zwangsläufig viel Sprachkomik und irritiert, weil sie versuchen muss, kulturelle Unterschiede einzuebnen, die es sowohl in der Fluch- und Schimpfkultur als auch in sexuellen Tabus gibt. Unterschiede, die zwischen Deutschen und Briten größer sind als zwischen Deutschen und Amerikanern. Früher konnten Öffentlich-Rechtliche, die sich auch damals schon um die Zielgruppe gebildeter und medienaffiner junger Menschen sorgten, britische Comedy im Zweikanalton oder mit Untertiteln ausstrahlen. Das lassen heute die TV-Lizenzen nicht mehr zu: Zu groß ist die Sorge, die Serien mit Originalton könnten mitgeschnitten werden und auf noch mehr Internetplattformen auftauchen.

Zuerst erschienen in der taz von heute; die Überschrift habe ich mal der gedruckten Ausgabe angepaßt.

  1. Andreas
    18. Februar 2010, 12:13 | #1

    ZDF neo oder ZD paläo: Solange Serien nicht in Originalversion im Fernsehen kommen, bleibt der Fernseher bei mir abgeschaltet und der Rapidshare-Account wird verlängert. So einfach ist das. Unrechtsbewusstsein hab ich keines, denn legal kann ich dieses mein Kulturbedürfnis nicht aktuell stillen. Sollen sich die Lizenzgeber mal überlegen, was wirtschaftlicher für sie ist. Oder alternativ die Serien gleich in USA und UK in deutscher Synchronisation senden, wegen des besseren DVD-Verkaufs.

  2. stevland
    18. Februar 2010, 12:20 | #2

    „Zu groß ist die Sorge, die Serien mit Originalton könnten mitgeschnitten werden und auf noch mehr Internetplattformen auftauchen.“ Bis eine britische Sendung in Deutschen Fernsehen auftaucht kann man sich diese doch schon seit Monaten illegal runterladen, da macht das Deutsche Fernesehen den Kohl auch nicht mehr fett, oder?
    Es ist doch einfach ein Geldproblem, oder? Meines Wissens nach bedeutet Zweikanalton dass man doppelt zahlt. Leider nicht rentabel.
    Wie dem auch sei, es ist zwar schön dass die Sender nach GB schauen, aber solange synchronisiert wird ist es für mich uninteressant.

  3. Kenny von Spenny
    18. Februar 2010, 13:59 | #3

    Ich glaube, manchmal meint es ein Sender einfach auch nur gut mit seinen Zuschauern. Man nimmt an, die meisten Zuschauer könnten gar nicht so gut Englisch, um jeden spezifischen Witz – womöglich auch noch in einem bestimmten Regionaldialekt – zu verstehen. Und wenn die Synchronisation einigermaßen gelungen ist, keiner das Original kennt und die Serie trotzdem ankommt, dann bräuchte man doch überhaupt keine (alternative) Tonspur mehr. Nach dem Motto vielleicht „was man (der Zuschauer) nicht weiß, macht ihn doch auch nicht heiß“. Vielleicht bekommen wir bald auch synchronisierte Neufassungen einheimischer Comedys zu sehen. Z.B. eine hochdeutsche Fassung vom Ohnsorgtheater.

  4. Jeun
    18. Februar 2010, 14:07 | #4

    Wir sind doch aber auch gar nicht die Zielgruppe. Britcomnerds, die eh alles schon längst kennen. Ist doch super, dass es überhaupt Anstrengungen in der Richtung Kulturvermittlung für die breitere Masse gibt, auch wenn ichs mir nicht angucken werde.

  5. Kenny von Spenny
    18. Februar 2010, 14:42 | #5

    Also mir haben absurderweise einige der Witzchen da gut gefallen, obwohl sie übersetzt waren. Aber danach musste ich schon kurz innehalten und habe überlegt, ob ich jetzt vielleicht an der falschen Stelle gelacht habe, weil ich ja das Original gar nicht kenne. Das womöglich gar nicht lustig gemeint war. Lustig übrigens auch die Vorstellung, jeder ausländische Sender würde sowas nach seinem eigenen Geschmack synchronisieren: in Spanien z.B. weint dann das Publikum über eine Sendung, während meinetwegen in Rumänien ein Volksaufstand über die gleiche Sendung auszubrechen droht, weil man die dort schlichtweg anders synchronisiert hat.

  6. 18. Februar 2010, 16:00 | #6

    Interessanterweise wird von Seiten mehrerer Sender der Behauptung widersprochen, es habe etwas mit den Lizenzen zu tun, wenn ZDFneo Britcoms nicht im Zweikanalton ausstrahlt (während sie es mit „Seinfeld“ ja tun).
    Bei Sky legt man Wert darauf, auch ganz frische Serien aus den USA (etwa „24“) im Zweikanalton auszustrahlen – allerdings eben US-Serien -, kann aber nichts dazu sagen, ob das evtl. mit finanziellem Mehraufwand einhergeht.
    Und der WDR ergänzt:

    Sie schreiben in Ihrem Artikel „Man spricht Deutsch“ in der heutigen Ausgabe der taz, dass Öffentlich-Rechtliche heute aus Lizensierungsgründen keine Serien mehr im Original mit UT ausstrahlen können. Das mag für manche Produktionen zutreffen, es geht aber auch anders: Das junge Digitalprogramm Einsfestival sendet jeden Donnerstag eine Episode der britischen Serie „French & Saunders“ als OmU. Auch „Omid Djalili“ – Ihnen sicher ein Begriff – wurde in dieser Form ausgestrahlt.

    Das wiederum gilt nun aber eben für OmU (was für internationale Online-Piraterie wegen hardcode-Untertiteln allerdings ohnehin uninteressant ist), nicht für Zweikanalton. Bleibt die Frage: Warum ist Zweikanalton heute bei den Öffentlich-Rechtlichen so aus der Mode gekommen?

  7. 18. Februar 2010, 17:26 | #7

    Naja, OmU ist ja überhaupt schon mal was. So hab ich erst Black Adder,Fawlty Towers und über SWR Monty Python kennen, schätzen und vorallem lieben gelernt. Aber heute sendet ja kaum einer noch Omu, selbst die IT Crowd muss sich eine Eindeutschung von Comedy Cental (die es besser wissen müssten, siehe Little Britain, das zugegebenermassen dank Kalkofe wenigstens erträglich war) gefallen lassen. Gerade so kleine Sender wie Neo oder CC könnten doch vielleicht sogar Doppelprogrammierungen fahren: Einmal OmU, einmal Synchro. Wäre dann interessante zu erfahren, was besser lief. Aber da die Quotenerhebung dem Kaffeesatzleserei eines Blinden ohne sensorische Fähigkeiten gleicht wird das alles für immer verborgen bleiben und der Kenner greift auf RS und DVD zurück. Tschüß Fernsehn, Hello TV.

  8. Dashcroft
    18. Februar 2010, 20:21 | #8

    „Volle Peilung“ – es hört und hört nicht auf. „Monty Python – Ein Spaßvogel kommt selten allein“, „Mr. Bean – Der total verrückte Faxenclown“, „Fawlty Towers – Hotelbesitzer küßt man nicht“, „Alan Partridge – Ein Moderator dreht durch“, „Absolutely Fabulous – Die fabulösen Edelschlampen“ – kann jederzeit fortgesetzt werden …

  9. 19. Februar 2010, 09:10 | #9

    „Black Books – Der Irre aus dem Buchladen“, „Spaced – Zwei außer Rand und Band“, „Outnumbered – Die schrillen Fünf“

  10. stevland
    19. Februar 2010, 15:29 | #10

    Nicht zu vergessen „Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis“
    Und das lief leider tatsächlich so in den hiesigen Kinos.

  11. René
    19. Februar 2010, 21:38 | #11

    Britcoms – Ein Forum wie ein Peitschenhieb

  12. Dashcroft
    20. Februar 2010, 01:00 | #12

    Max-Goldt-Leser, Sie sind enttarnt!

  13. René
    21. Februar 2010, 02:39 | #13

    Lieber Dashcroft,

    ja, Sie haben natürlich recht. Überdies kann man auf ninjavideo.net jetzt auch diesen neuen Podcast-Zeichentrick von Ricky Gervais anschauen. Das habe ich nicht von Max Goldt.

    Grüße

  14. René
    21. Februar 2010, 02:43 | #14

    „The Ricky Gervais Show“

  15. 12. Mai 2010, 11:24 | #15

    hast du flut und rufst nach dämmen?
    wer hilft dir beim schwerlaststemmen?
    tut mal wieder alles klemmen?
    dann schrei lauthals nach liz lemon

    manchmal lässt sie sich enthemmen
    und trinkt wodka in kaschemmen
    außer ihr sind alles memmen:
    brillenträgerin liz lemon

    keine zeit zum haare kämmen
    gibts kein sushi, isst sie bemmen
    die fatalste aller femmen?
    klarer fall: das ist liz lemon

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