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Holy F***ing Circus

Hier ist der ganze Film: „Holy Flying Circus“ (BBC 4), über den ich in Erwartung großer Dinge schon mal berichtet habe: die filmische, aber betont fiktionale Aufarbeitung der Kontroversen rund um „Monty Python’s Life of Brian“ (1979), die in einer Fernsehdiskussion zwischen John Cleese und Michael Palin hie, Malcolm Muggeridge und dem Bischof von Southwark Mervyn Stockwood auf der anderen Seite gipfelte.

Leider ist „Holy Flying Circus“ überhaupt nicht meins, gleichwohl ich das Restwerk des Autors Tony Roche sehr schätze, der nicht nur Teil des Autorenteams von „The Thick Of It“ und „In The Loop“ ist, sondern auch schon für das gerade laufende und recht schöne Comedydrama „Fresh Meat“ (Channel 4) geschrieben hat. Abgesehen von der wirklich verblüffenden Ähnlichkeit des Casts mit den Originalfiguren mochte ich überhaupt nichts an diesem Film, genauso wenig wie ich Leute mag, die minutenlang Python-Szenen (oder irgendwelche anderen Höhepunkte der Comedy) aufführen. Denn das war es im Wesentlichen: Eine Imitation. Ein Versuch, Comedy im Ton der Pythons zu machen. Ranwanzerei also, Fantum, genauso schlimm, wie wenn man einen Film über die „Simpsons“ im Stil der „Simpsons“ machen würde.

Eventuell ist es die fehlende Fallhöhe, die zu solcher Epigonie führt — da soll ja kein Denkmal gestürzt werden. Das ginge auch gar nicht, oder nur mit größten Schwierigkeiten, weil man sich nicht über Menschen lustig machen kann, die sich ihrerseits seit je über Denkmäler lustig gemacht haben. Das geht dann auf der anderen Seite zu einfach, wenn man empörte Christen als komplette Hanswurste inklusive einem Tourette-Trottel, einem Stotterer und einem Mark Heap-Creep zeigt: da stimmt dann zwar theoretisch die Fallhöhe (aufgeblasene, bigotte Christen), praktisch liegen dieses Opfer (heutzutage) aber schon so am Boden, daß man als Satiriker eigentlich Beißhemmungen kriegen sollte.

Dazu kommt ein Skript, das ziellos herumeiert (jaja, schon klar, die Mäander der Pythons), Darren Boyd, der Basil Fawlty spielt statt John Cleese, ein Terry Jones, der gleichzeitig die Ehefrau von Michael Palin ist, ach Gott. Es nimmt mich nicht wunder, daß die überlebenden Pythons sich von „Holy Flying Circus“ distanziert haben (allerdings weniger aus künstlerischen Gründen als aus solchen der historischen Genauigkeit) und John Cleese die BBC als „talentfreie Zone“ beschimpft hat. Dieses Experiment, diese Hommage (falls es als solche gedacht war) ist nicht gelungen, und ich bin da offenbar eher auf Seiten der Zuschauer, deren Twittereinträge deutlich kritischer sind als die Pressestimmen: Die finden „Holy Flying Circus“ zu meiner Überraschung nämlich tatsächlich eher gut.

  1. 21. Oktober 2011, 11:32 | #1

    Stephen Fry als Gott war eine lustige Idee – abgesehen davon kann ich deine Kritik unterschreiben.

  2. jeun
    21. Oktober 2011, 11:45 | #2

    geil, danke!

  3. jeun
    21. Oktober 2011, 11:50 | #3

    @jeun
    fürs einstellen, mein ich.

  4. Torsten
    21. Oktober 2011, 13:32 | #4

    Ja, es ist echt peinlich, wenn Leute großartige Kunst zu imitieren versuchen und nicht begreifen, dass das Original einfach nicht zu toppen ist. Genauso überflüssing wie diese unzähligen, mit regionalem Dialekt verschandelten „Dinner For One“-Klone an Sylvester.
    Und wer denkt, ein furzender Jesus wäre eine gute Idee, hat nicht mal ansatzweise verstanden, warum „Brian“ so genial war – es war eben entgegen der Befürchtungen und Polemiken religiöser Fantiker KEINE Verarschung und Bloßstellung von Jesus, und deshalb haben und hätten die echten Pythons so einen niveaulosen Witz nie gemacht.

  5. Kenny
    21. Oktober 2011, 17:03 | #5

    Oh jeh, hoffentlich macht dieser Retro-Trend nicht hier bei uns Schule, sonst kommt noch einer auf die Idee und verfilmt auch noch das Leben und Werk von Harald & Eddi. Oder, noch mehr oldschool: Moritz Bleibtreu spielt in seinem nächsten Film womöglich dann noch den Weiß Ferdl.

  6. 22. Oktober 2011, 09:15 | #6

    Oje, schrecklich. Aber das konnte auch nicht gut gehen, oder?

  7. Torsten
    22. Oktober 2011, 10:48 | #7

    Vor allem stellt sich mMn die Frage, was man mit gerade dieser Form von Film bezwecken wollte: Ein Doku-Drama? Für Doku ist das Ganze mit den surrealen Einschüben zu phantanstisch und dürfte großenteils frei erfunden sein, und deshalb haben sich die Pythons ja auch davon distanziert. Für eine (fiktive) Komödie wiederum lehnt sich das Ganze dann doch zu sehr an die realen Ereignisse an. Außerdem passt es auch nicht, dass das Ganze wie eine einzige Collage an einzelnen Python-Sketchen anmutet, in den letzten 10, 20 Minuten dann aber doch noch sowas wie ein Spannungsbogen aufgebaut und ernste Töne angeschlagen werden, die null zu der schnellen, unbeschwerten, nur auf den nächsten Lacher ausgerichteten Witzelei passen. Sehr viel interessanter wäre da eine richtige Doku gewesen, die die realen Ereignisse korrekt wiedergibt – wobei sowas ja schon auf der Special Edition-DVD von Leben des Brian vorhanden ist. Kann ich übrigens sehr empfehlen, die DVD ist auch sonst sehr gut mit Extras ausgestattet, und die exzellente, einstündige Doku ist den Kauf alleine schon wert.

  8. Edgar
    22. Oktober 2011, 17:10 | #8

    Uah, wer braucht denn so was?

  9. Vera
    22. Oktober 2011, 21:07 | #9

    Naja, wenigstens hat Holy Flying Circus dafür gesorgt, dass die BBC die Original Folge von ‚Friday Night, Saturday Morning‘ endlich in voller Länge gezeigt hat. Auch wenn ich beim Anschauen ungefähr so sehr wie Michael Palin innerlich gebrodelt habe…

  10. jeun
    22. Oktober 2011, 21:50 | #10

    Die Aliens bei 18:35 fand ich lustig. Man fragt sich aber in der Tat, was das ganze soll.

  11. RoFu
    6. November 2011, 22:46 | #11

    Kenny :
    Oh jeh, hoffentlich macht dieser Retro-Trend nicht hier bei uns Schule, sonst kommt noch einer auf die Idee und verfilmt auch noch das Leben und Werk von Harald & Eddi. Oder, noch mehr oldschool: Moritz Bleibtreu spielt in seinem nächsten Film womöglich dann noch den Weiß Ferdl.

    Ich muss gestehen, das ich Harald und Eddi damals großartig fand. Ich liebte die bekloppte Art von Eddi Ahrend in dieser Serie. Die beiden haben aus so manchem Fips Asmussen Gag noch was gemacht. OK, ich war jung und es gab nicht viel anderes…

    Monty Python is nu mal genug. Die waren in ihrer Zeit großartig und wichtig, aber es gibt vieles neues was sich auch lohnt anzusehen. Und um das Ausschlachten des Mythos kümmern sich die Pythons am besten selbst. 😉

  12. jeun
    3. Mai 2012, 09:39 | #12

    Guten Tag.
    Mal wieder eine Frage, bei der ich nicht recht weiß, wohin, daher also nun hier: Ich erwäge den Kauf von The Holy Book of Days: eine schicke Hoily-Grail-iPad-App. Vor allem die versprochenen 70 Minuten niemals gezeigtes Material hören sich gut an. Gibt auch ne eigene Website: http://holybookofdays.com/
    Da sich hier die Leute tummeln, die am ehesten Plan haben: Hat sich jemand das Ding schon angeguckt und kann vielleicht ein paar Takte dazu schreiben? Lohnt sich der Kauf oder bekommt nur man nur Informationen, die man schon längst kennt, nur halt ipadmäßig aufgehübscht?

  13. jeun
    3. Mai 2012, 21:45 | #13

    Gut, Wurscht, hab’s mir geholt. Falls sonst noch jemand mit sich ringt: Die Kohle ist gut gut investiert. Das ist ne knallige Multimediaschau mit haufenweise tatsächlich neuen Einblicken und Details. Macht Spaß.

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