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Archiv für die Kategorie ‘Allgemein’

In eigener Sache

Heute hat das neue Bühnenprogramm „So liegen Sie richtig falsch“ von Bernhard Hoëcker Premiere, in dem es um Wahrnehmungsfehler und -täuschungen geht. Es ist bestimmt sehr lustig, wie bis jetzt alles, was ich von Bernhard Hoëcker gesehen habe, aber ich muss das natürlich sagen, ich habe nämlich schon als Autor für ihn gearbeitet — und nicht zuletzt jetzt für das neue Programm.

Ich hoffe sehr, dass er auch diesmal wieder genügend Zeit für seine Improvisations-Nummern mit dem Publikum gelassen hat, die live eine noch ganz andere Wirkung entfalten als im TV/auf DVD, weil dort ja immer alles vorbereitet sein könnte, und nur live weiß man als Zuschauer: das ist wirklich alles aus der Lamäng, wie er da ganze Blöcke mit Scherzen einbaut, die sich auf Dinge beziehen, die erst wenige Minuten vorher im Zusammenspiel mit dem Auditorium entstanden sind.

Darum meine warme Empfehlung: „So liegen Sie richtig falsch“ von Bernhard Hoëcker — demnächst bestimmt auch irgendwo in Ihrer Nähe! (Tourdaten auf Bernhards Seite werden regelmäßig ergänzt.)

Britcoms jetzt bei Twitter

22. Januar 2015 Keine Kommentare

In den letzten Tagen habe ich, Early Adopter der ich bin, mich mal ein bisschen bei Twitter herumgetrieben. Und während ich privat keinen rechten Verwendungszweck dafür habe, na, jedenfalls noch nicht, dachte ich, ich könnte ja mal einen Britcoms-Account einrichten: nämlich @BritcomsDE.

Noch steht da garnix, aber mein (vager) Plan ist es, wo ich schon in der letzten Zeit nicht mehr so viel gebloggt habe, wenigstens bei Twitter rauszublasen, was ich gerade zuletzt gesehen habe und was ich davon halte. Wenn das in der Kürze der Twittereinträge machbar ist.

Mal sehen, ob das jemanden interessiert.

Bis später!

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Das Buch zur Sitcom

23. Dezember 2014 Keine Kommentare

In der heute erscheinenden Titanic findet sich in der Humorkritik noch ein Tipp für ein schnell besorgtes letztes Weihnachtsgeschenk: „Funny Girl“ alias „Miss Blackpool“, den neuen Roman von Nick Hornby.

Was erwarten wir uns von einer Sitcom? In der Regel doch das: eine Handvoll Figuren, die sich bei ihrem Streben nach Glück selbst im Weg stehen. Geschichten von Aufbruch und Suche, von der Anpassung an neue Situationen, von errungenen Trophäen und dem Preis, der für sie bezahlt werden muss. Mit ein bisschen Glück tauchen wir auch noch in ungewöhnliche Milieus ein, haben mehr zu lachen, als wir erwarteten, und erkennen eine zugrundeliegende These bzw. ein Motiv, über das man aber nicht allzu lange nachdenken muss. Leichte Unterhaltung eben.

Mehr nicht, aber auch nicht weniger, will Nick Hornby mit all seinen Romanen. In seinem jüngsten, dem bei KiWi erschienenen »Miss Blackpool« (Originaltitel: »Funny Girl«), macht er das light entertainment selbst zum Sujet. Denn »Miss Blackpool« erzählt vom goldenen Zeitalter der britischen leichten Unterhaltung, der Fernsehsitcom der mittleren sechziger bis Mitte der siebziger Jahre. Der Zeit also, als noch die ganze Familie zusammen vor dem Fernsehgerät saß und das, was man am Vorabend gesehen hatte, am nächsten Tag themenbestimmend war; der Zeit, da es keine große Auswahl an Sendern gab und alle das Gleiche gesehen hatten.

Hornbys Protagonistin heißt Barbara, gewinnt zu Beginn der Handlung den Titel »Miss Blackpool«, gibt ihn aber umstandslos zurück, als sie feststellt, dass damit repräsentative Aufgaben verbunden sind. Lieber sagt sie ihrer Familie adieu und fährt nach London, nennt sich Sophie Straw und wird zum Star einer neuen BBC-Sitcom, in der sie, haha: Barbara heißt und aus Blackpool kommt. »Barbara (and Jim)« wird ein Triumph: Die beiden Autoren Tony und Bill treffen mit ihrer Geschichte um eine moderne Ehe zwischen einer Konservativen aus dem Norden und einem Mitarbeiter von Downing Street Nr. 10 unter dem Labour-Premier Harold Wilson genau ins Schwarze. Allerdings nicht bei jedem: Die Bartkrauler und Pfeifenraucher aus dem dritten Programm, deren Sendungen etwa »Sartre, Stockhausen und der Tod der Seele« heißen, goutieren diese eher flache Form des Amüsements gar nicht. Und auch die beiden Autoren stellen nach zwei erfolgreichen Staffeln fest, dass sie Unterschiedliches wollen: Während Tony zufrieden wäre, sein Leben möglichst ungestört weiterzuführen, fühlt sich Bill zu Höherem berufen, will Literatur und Theater machen und lieber Kunst für ein paar tausend Menschen als Unterhaltung für Millionen.

Weil sich Hornby in diesem Milieu auskennt und ein solider Handwerker ist, stimmt bei »Miss Blackpool« vieles: Es tauchen schöne Schauspieler auf, deren Wille zur Mitsprache Autoren und Produzenten in den Wahnsinn treibt, Senderverantwortliche, die ein gutes Drehbuch nicht von einem Teller Grütze unterscheiden können, und junge Magazinjournalistinnen, die Comedy über die falschen Entscheidungen beim Klamotteneinkauf machen wollen. Hornby streut etliche reale Figuren in seine Version des Swinging London ein, etwa Tom Sloan, den langjährigen Head of Light Entertainment der BBC, Lucille Ball und Keith Relf von den Yardbirds und reale Sitcoms wie »Till Death Us Do Part«, das ab 1966 zur erfolgreichsten jungen Comedy wird und im Buch den Ruhm von »Barbara (and Jim)« schnell verblassen lässt.

Das liest sich zügig weg, so wie sich eine halbstündige Sitcom weggucken lässt. Einzig ein strukturelles Problem bleibt: Während in einer Sitcom die Figuren nicht allzuviel dazulernen dürfen, weil sie am Ende einer Folge stets wieder bei der Ausgangssituation ankommen müssen, erwarten wir von Spielfilmen und Romanen, dass die Hauptfiguren reifen, wachsen, am Ende andere sind als zu Beginn. Das tut Barbara bei Hornby eher nicht. Und dass Hornby über lange Strecken seine Protagonistin verlässt, um die Geschichte der Autoren Tony und Bill zu erzählen, leuchtet zwar ein, weil sich an ihnen eben die unterschiedlichen Haltungen zum light entertainment schön veranschaulichen lassen; die Geschlossenheit der Erzählung aber stört es doch ein wenig.

So bleibt »Miss Blackpool« ein vergnügliches Buch, das die bunten sechziger Jahre in London treffgenau porträtiert. Ein Buch aber auch, über das man nach der letzten Seite nicht allzu lange nachdenken muss. Und mehr will es wohl auch nicht sein.

Zuerst erschienen in Titanic 1/2015.

Weihnachtszeit, Werbezeit

6. Dezember 2014 Keine Kommentare

Es gibt in Großbritannien eine moderne Tradition von besonders aufwändigen Fernsehwerbeclips zur Weihnachtszeit, die insbesondere von den großen Kaufhausketten geschaltet werden und bisweilen schon fast Kurzfilme sind — wie in diesem Fall der zweite Clip, der auch noch den (2014!) immer noch aktuellen Gedenkrummel zum 1. Weltkrieg thematisiert und die wahre Geschichte auf die Mattscheibe zaubert, wie englische und deutsche Truppen sich zur Weihnachtszeit aus ihren Schützengräben heraus näher gekommen sind und zusammen Weihnachten gefeiert haben. Wer da kein Tränchen verdrückt, dem ist nicht mehr zu helfen!

Aber erstmal der schöne Pinguin-Werbespot, und ja, ich weiß, es geht um Kaufhauswerbung. Böse, böse, dreimal böse! Aber auch schön.

Und hier der WW1-Spot, fast vier Minuten lang und in England während einer eigenen Werbeunterbrechung von „X Factor“ zu sehen gewesen:

Dan Owen hat in seinem Blog noch mehr davon plus eine Abstimmung, welcher am besten gefällt.

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It takes a lot to make a stew

7. November 2014 1 Kommentar

Der weirdeste Sitcom-Vorspann ever, ever, ever — in zwölf epischen Minuten: „Too Many Cooks“. Ich bin nicht sicher, was ich davon halte, abgesehen davon, dass es mit Sicherheit das beste ist, was ich je gesehen habe und je sehen werde. Oder auch nicht.

(Warnung: „Too Many Cooks“ beginnt harmlos, bleibt es aber nicht.)

Alan Sepinwall ist sich auch nicht sicher, glaube ich.

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Was will Will wirklich?

30. Oktober 2014 15 Kommentare

Gerade geht ein Ausschnitt aus der Jimmy-Kimmel-Show rum, in dem Will Arnett von seinen Erlebnissen vor und hinter den Kulissen von „Wetten, dass..?“ erzählt. Hier ist er:

… leider nicht mehr.

Eine schöne Vorlage, die Meedia wie auch Nutzer sozialer Netzwerke gerne nehmen, um ihre Kritik an „Wetten, dass..?“ von prominenter Seite bestätigt zu sehen. Aber auch zu Recht?

Damit zweierlei klar ist: ich will weder „Wetten, dass..?“ schönreden, dazu ist ja die häufig und von jedermann geäußerte Kritik dann doch zu berechtigt. Es ist halt ein in die Jahre gekommenes Format, dessen Moderator einem durchaus unsympathisch sein darf. Und ich will auch nicht unterstellen, Arnett sei böswillig oder hätte nicht Recht mit dem, was er erzählt. Ich glaube ihm alles, was er sagt.

Aber da liegt schon der Hase im Pfeffer: es geht im Grunde nicht um Wahrheit oder Fakten oder Informationen bei dem Ausschnitt aus Kimmels Show. Sondern es geht um eine Anekdote, um Comedy, um fünf Minuten amüsantes Geplauder, das umso komischer ist, wenn es auf Klischees und Vorurteilen fußt, an die die Zuschauer anschließen können.

Glaubt man ja auch sofort, dass es ein Handicap gerade für Comedians ist, wenn ein Gespräch erst von Synchronübersetzern nachgeplappert werden muss, so dass jede Pointe, jedes Timing ruiniert sind. Da kann man schnell auf die Idee kommen, Deutsche hätten per se keinen Humor und seien unempfindlich gegen Witze — selbst wenn das nicht ohnehin das Klischee wäre, das jeder gerne belacht.

Noch einmal: dagegen habe ich gar nichts — Klischees sind natürlich Klischees, eben weil sie so oft stimmen, und in der Comedy unverzichtbar, wenn man schnelle, mehrheitsfähige Witze machen möchte.

Aber ich glaube nicht, dass man diese Witze zur Grundlage von inhaltlicher Fernsehkritik machen sollte. Oder auch nur zur Bestätigung eigener Kritik heranziehen.

Denn natürlich hätte sich Arnett genauso gut über italienisches, französisches, polnisches, russisches Fernsehen und seine Shows lustig machen können, wäre er dort eingeladen gewesen. Macht er ja vielleicht auch, was weiß ich.

Genauso wie sich jeder deutsche Fernseh- und Filmstar darüber lustig machen könnte, wie im Ausland Fernsehen gemacht wird — wenn darüber in Deutschland nicht sofort die Nase gerümpft würde (und wenn es deutsche Fernseh- und Filmstars gäbe, die im Ausland in Fernsehshows auftreten): die schrill-bunten Kulissen des französischen Fernsehens! Die leicht bekleideten Mädels im italienischen Fernsehen! Zum Schießen, diese Ausländer.

Aber würde das in Italien oder Frankreich wirklich zum Beleg dafür herangezogen, dass die eigenen, landestypischen Sehgewohnheiten falsch, schlecht, doof wären? Ich hoffe nicht.

Denn kann es wirklich darum gehen, dass ein amerikanischer Star in eine deutsche Fernsehshow eingeladen wird und dann praktisch keinen Unterschied zu zuhause feststellt? Weil überall die gleichen Standards gelten, weil es einen globalen Mainstream gibt, der überall gleichermaßen funktioniert? DANN wäre etwas falsch und schief gelaufen.

Um es nochmal zu sagen: das heißt nicht, dass mit „Wetten, dass..?“ alles gut wäre. Ist es nicht.

Aber ich glaube nicht, dass Will Arnett ein guter Zeuge der Anklage ist und dass dieser Clip als Beleg dafür dient, wie desaströs das deutsche Fernsehen ist.