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Artikel Tagged ‘Armando Iannucci’

Changes

gab es leiderleider bei der „Time Trumpet“-Edition für die DVD, die ich nun auch endlich gesehen habe: So ist etwa am Ende der ersten Folge der gleichnamige Song von David Bowie rausgeflogen, über den Armando Iannucci die entsprechenden Worte und Satzfetzen von Tony Blair und David Cameron aus ihren Wahlkampfreden montiert hatte („Just gonna have to be a different man“, ha, ha) — zu teuer, der Bowie-Song, vermute ich mal. Ohne diesen ergibt die Montage natürlich keinen rechten Sinn mehr. Schade weiterhin, daß jegliche Extras fehlen bei dieser DVD. Ich mag Extras.

It’s the hardest job in the world

24. April 2009 3 Kommentare

Noch nie habe ich eine Parodie auf Bill Hicks gesehen, und auch noch keine so schöne Parodie auf den klassischen britischen Fernseh-Sketch wie in der fünften Folge von „Stewart Lee’s Comedy Vehicle“, in der Lee über den Zustand des Stand Up Comedians im Allgemeinen und dem des amerikanischen im Besonderen räsoniert. Sein Bill Hicks heißt Dyl Spinks (und sein Eddie Murphy Cracker Saucerips), und der Clip beginnt bei 4:27.
https://www.youtube.com/watch?v=OvTQqNvm7pI&hl=de&fs=1

Die Parodie auf den traditionellen Sketch, die Lee im letzten Drittel unterbringt, folgt auf einen rant über die Billigaccomodationen der Hotelkette Travelodge, wie ihn auch die Starkolumnisten diverser deutscher Magazine nicht schöner formulieren könnten. Bei Lee folgt dann allerdings die Einsicht, daß die besten Comedians zwar nicht unbedingt jung sterben — aber jedenfalls bevor sie beginnen, sich über Budget-Hotels zu ereifern. Oder über andere Bürokratie-Monster wie das National Apple Office (ab 4:03):
https://www.youtube.com/watch?v=DDwQ66XBrH8&hl=de&fs=1

Es gibt die komplette Folge bei YouTube; wer schon mit Armando Iannucci und Chris Morris vertraut ist, sollte sich unbedingt mehr ansehen — beide waren an der Produktion von „Stewart Lee’s Comedy Vehicle“ beteiligt.

Fernsehsatire für Fortgeschrittene

24. April 2009 5 Kommentare

Prominente, die in einer Clipshow auf die letzten dreißig Jahre zurückblicken: Das klingt nicht nach einer besonders aufregenden Fernsehidee. Das ändert sich unmittelbar, wenn man die Retroshow im Jahre 2031 spielt: Der nostalgische Blick auf die erste Autopsie-Show, eine Makeover-Show, in der sich Kinder Schönheitsoperationen unterzogen, oder an die Nachrichten von dem Tag, als Terroristen erstmals auf die Idee kamen, Flugzeuge mit Hochhäusern anzugreifen, hat komisches Potential.

Dieses Potential hat der italienischstämmige Schotte Armando Iannucci für seine sechsteilige Satire »Time Trumpet« (ab Montag auf DVD erhältlich) weidlich ausgenutzt. Iannucci, der seit seinen Anfängen bei »The Day Today« und »I’m Alan Partridge« ein Händchen für Parodien bewiesen hat, zieht hier alle Register seines phantasievoll-abseitigen, meist aber eher leisen Humors: Brillant von CGI-Animationen unterstützt, breitet er seine höchst eigene Vision vom Fernsehen der Zukunft aus. Dieses wird ab 2010 mit »Rape an Ape« Quotenerfolge feiern, einer Spielshow, in der die Kandidaten versuchen müssen, einen Gorilla zu bespringen: »Am Anfang wurde mir richtiggehend schlecht davon«, erinnert sich zu entsprechenden Ausschnitten da ein gealterter David Beckham, »abgesehen von den paar kurzen Momenten, die wahnsinnig komisch waren. Heute ist es natürlich ein Klassiker!« – »Ich hab es nie gemocht, aber ich hatte auch nichts dagegen, solange der Affe nicht verletzt wurde … oder wenn er verletzt wurde, zumindest hinterher medizinische Betreuung erhielt!« – »Man wußte genau, wie spät es war, wenn die Titelmelodie lief: Hey, ›Rape an Ape‹ kommt, so spät schon! Man fühlte sich geborgen, wenn die Titelmusik lief. Das war die kuscheligste vergewaltigungsbasierte Titelmelodie aller Zeiten.«

»Time Trumpet« über die Veränderung der Medien unter dem Einfluß des user generated contents:

https://www.youtube.com/watch?v=1LZhnJ1K34k&hl=de&fs=1

»Time Trumpet« ist nicht auf schnelle Lacher aus; die meisten Szenen hinterlassen beim Zuschauer ein beinah unbehagliches Gefühl – wären viele Ideen (wie der Überfall der Supermarktkette Tesco auf Dänemark 2012) nicht eine Spur zu grotesk, um als kritisch-aufklärerische Satire durchzugehen. Oft ist es Iannuccis melancholische Off-Stimme, die am längsten in Erinnerung bleibt, sein sinnierender Tonfall, der einen im unklaren läßt, wieviel Kritik am Zeitgeist da beabsichtigt ist und wo der reine Nonsens beginnt. Wie ein LSD-Trip oszilliert »Time Trumpet« – die halluzinationsartigen Computeranimationen unterstützen diesen Vergleich – zwischen blühendem Quatsch und tiefer Philosophie, ist dabei aber immer unterhaltsam: Comedy auf Intellektuellen-Niveau. Wer zu sparsam ist, um für nur eine DVD hohe Versandkosten zu bezahlen, möge zusätzlich Iannuccis ebenfalls grenzgeniale »Armando Iannucci Shows« ordern – und staunen, in welche Phantasiewelten einen die Observational Comedy-Mäander Iannuccis tragen können.

Zuerst erschienen in der Humorkritik in TITANIC 5/2009

Oh Claude, Serge love

22. April 2009 1 Kommentar

Auf einen gemeinsamen Nenner lassen sich die YouTube-Clips von Adam Buxton nicht so recht bringen: Manche sind komplett selbst gedreht und variieren von Musik-Videos bis zu Parodien auf die Making-Ofs von Kinofilmen, andere bearbeiten Fernsehmaterial digital nach, wie es Armando Iannucci in „Time Trumpet“ gemacht hat (wo Buxton auch mitgewirkt hat; zu „Time Trumpet“ demnächst mehr an dieser Stelle). Die Pilotfolge „MeeBOX“ aus dem letzten Jahr (eine ganze Serie hat BBC3 dann doch nicht in Auftrag gegeben) sieht denn auch aus wie eine  Gemischtwarenhandlung und ist, recht durchwachsen, mal mehr, mal weniger komisch. Meine Lieblingsnummer war dieser funky song of praise (with subtitles):

Und mein zweitliebster Ausschnitt ist diese Wurstverherrlichung, eine musikalische Version der TITANIC-Wurstwerbung:

Armando the great adult

21. Februar 2009 6 Kommentare

Armando Iannuccis Werk ist auch in England immer noch ein Geheimtip. Zu wenig zieht es ihn vor die Kamera, lieber schreibt und produziert er, von seinen Anfängen bei „The Day Today“ an immer wieder mit Steve Coogan und Chris Morris, und oft seziert er dabei die Mechanismen von Fernsehen und Komik, was ihn mehr zu einem Comedian’s Comedian macht als zum Publikumsliebling. Lange kokettierte er damit, daß alle seine erfolgreichen Formate kennen, aber niemand seinen Namen richtig schreiben kann. Das dürfte sich spätestens mit der bösen Polit-Satire-Serie „The Thick Of It“ geändert haben, aber mir gefallen seine versponnen-philosophischen Armando Iannucci Shows besser, deren Sketche häufig mit Oberservational Comedy beginnen, indem Iannucci etwa darüber reflektiert, daß Kinder sich immer mehr wie Erwachsene benehmen, dann aber schön regelmäßig ins Surreale abgleiten, wie hier, wo er einige Schüler auf kindgerechte Weise davon abbringen möchte, erwachsen sein zu wollen:

Iannucci ist immer dann gut, wenn er leise, aber irritierende Töne anschlägt und dabei traditionelle Komikmuster dekonstruiert, ja transzendiert — aber was rede ich da, wenn man sich es ebensogut ansehen kann! Hier etwa ein schön zerstörter Stand Up mit Powerpoint-Unterstützung, ebenfalls aus den „Armando Iannucci Shows“:

Schon bei den „Iannucci Shows“, die bereits auf DVD erschienen sind (£4.98!) und definitiv in jede Britcom-Bibliothek gehören, hatte Iannucci Unterstützung von den Computer-Animatoren, die auch die Dinosaurier der BBC-Dino-Dokus zum Leben erweckt haben, die Pro7 hin und wieder ausstrahlt. Eben diese Animations-Götter haben auch Iannuccis bis dato letzter eigener Serie „Time Trumpet“ zugeliefert, einer Parodie auf Nostalgie-Shows, die aus dem Jahr 2031 auf die ersten dreißig Jahre des Jahrtausends zurückblickt – und darin z.B. auf TV-Shows wie „Rape An Ape“:
https://www.youtube.com/watch?v=UpjQx2xjy-Y&hl=de&fs=1

„Time Trumpet“ erscheint Ende April auf DVD, und es funktioniert prima als Gegengift etwa zu den grauenhaften Retro-Shows, wie ich sie vorhin aus Versehen beim Frühstück auf RTL eingeschaltet habe, wo Oliver Geißen die lustigsten Lieder von Fips Asmussen und Bernd Stelter–, ach, ich darf gar nicht darüber nachdenken. — Mit von der Partie ist bei „Time Trumpet“, man hat es im Ausschnitt gesehen, u.a. Richard Ayoade („The IT Crowd“, „The Mighty Boosh“).

Globalisierung doch ganz gut!

24. Januar 2009 17 Kommentare

Dank der Kreditkarte meiner Frau und diesem Eintrag bei Nerdcore bin ich (bzw. meine Frau, ha!) eben einen nicht ganz dreistelligen Betrag bei Amazon.co.uk losgeworden; aber von vorne:

Monty Python haben, TITANIC berichtete schon seinerzeit, sehr viele ihrer Filmclips in guter Qualität selbst bei YouTube hochgeladen — verbunden mit dem Hinweis, man könne und solle die Sachen auch auf DVD kaufen, wenn sie denn gefielen. Das wiederum haben sich offenbar viele Pythonfans zu Herzen genommen: Seitdem wurden nämlich bei Amazon über 200 mal so viele DVDs verkauft wie vorher. Möglicherweise auch deshalb, weil die DVDs derzeit so günstig sind wie noch nie — einmal schon von Amazon.co.uk günstig angeboten,  zum anderen, weil das Pfund derzeit recht niedrig steht (für Eurobesitzer jedenfalls; als ich zuletzt geguckt habe, waren es 1,10 Euro pro Pfund). Und natürlich ist das ein starkes Argument dafür, daß sich im Netz verschenkter Content bezahlt macht und Netz-Nutzer keineswegs nur klauen wie die Raben, sondern auch bereit sind, für etwas Geld auszugeben, was sie online kennengelernt oder wiedergesehen haben. Nun, und bestimmte DVDs, die es bei Amazon.de leider nicht gibt, kamen da bei meinem Spontankauf gerade eben dazu — ich erwähne stellvertretend hier nur mal die zweite Staffel „Look Around You„, die hierzulande ziemlich überteuert verkauft wird, und „Time Trumpet„, die CGI-verstärkte SciFi-Nostalgie-Show-Parodie des grenzgenialen Armando Iannucci; ist noch gar nicht raus, kann aber schon vorbestellt werden… Globalisierung rules ok für mich!

Und noch einen kleinen Fernsehtip für heute abend: Nach dem Dschungelcampfinale kommt „TV-Helden“ von und mit Jan Böhmermann, für den die Kollegen Gärtner, Rürup, Tietze und ich vor Ewigkeiten auch schon mal Witze geschrieben haben. Ich habe es noch nicht gesehen, aber es ist bestimmt gut! Gucken!