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Artikel Tagged ‘Family Guy’

Sitcom, doggystyle

1. September 2011 2 Kommentare

Kommt nicht oft vor, daß eine australische Sitcom den Sprung ins US-Fernsehen schafft. „Wilfred“ (FX, 2011) aber ist es gelungen, und mehr als das: die Hauptfigur, der titelgebende Wilfred, wird weiterhin von seinem australischen Schauspieler verkörpert, dem Co-Creator der Show Jason Gann.

Wilfred ist ein Hund. Na ja, nicht wirklich: Er ist ein unrasierter, leicht moppeliger Thirtysomething, der in einem grotesken Hundekostüm steckt, raucht, trinkt und kifft. Und spricht. Aber alle halten ihn für einen Hund. Alle bis auf Ryan (Elijah Wood — ja, richtig gelesen: Elijah Wood!).

Der versucht in der ersten Folge vergeblich, sich mittels Tabletten umzubringen — und hat dann, statt tot zu sein, einen neuen Buddy: Wilfred, der eigentlich der attraktiven neuen Nachbarin Jenna (Fiona Gubelmann) gehört. Wilfred verhält sich allerdings nur bedingt wie ein Buddy: Zwar bringt er Ryan bei, auf einiges zu scheißen (etwa auf einen Job, für den er buckeln müßte), bringt ihn aber auch ordentlich in die Bredouille, indem er die erstbeste Gelegenheit nutzt, mit Ryan zusammen bei seinem anderen Nachbarn, dem Motorrad-Proll Spencer (Ethan Suplee, „My Name is Earl“) einzubrechen, ihm die Marihuana-Stauden zu klauen und in die Stiefel zu scheißen. Was nicht so schlimm wäre, hätte Wilfred nicht Ryans Portemonnaie am Tatort hinterlegt.

Klingt nach lowbrow Comedy, und tatsächlich sind viele Gags eher einfach (nichtsdestoweniger lustig): Wenn Wilfred an Straßenlaternen pinkelt (im Stehen, nicht auf drei Pfoten), Kellnerinnen erst anschmust und dann ihr Bein bespringt, Motorrädern schreiend hinterherrennt oder während der Fahrt aus dem Beifahrerfenster Leute in Nachbarautos anspricht. Männer in Hundekostümen, das ist eins über Männern in Frauenkleidern.

https://www.youtube.com/watch?v=ZR1VdlLiNK8?version=3&hl=de_DE

Aber es bleibt nicht bei dieser Ebene. Sondern es geht in jeder Folge um ein quasi-philosophisches Thema: Ryans Ängstlichkeit, Sterben und Tod, „Carne diem“. Eine melancholische Stimmung liegt oft über der Serie, die dem Klamauk oft ungeahnt Tiefe verleiht. „You, me, what’s the difference?“ fragt Wilfred Ryan einmal, und schon vorher hat er ihn mit der Frage verunsichert, ob sie nicht in Wirklichkeit die selbe Person sind. Nur Spaß, natürlich.

Dieses philosophische Halbdunkel stammt aus der Originalserie, die in zwei Staffeln (2007 und 2010) auf SBS One in Australien gelaufen ist. Die Witze allerdings sind im Original spärlicher — die stammen (vermute ich) vom Developer und Produzenten des Remakes David Zuckerman („Family Guy“). Zusammen ergibt das eine schöne Serie mit Independent-Anmutung, bei der man sich wieder mal fragt: Wieso ist da noch nicht früher einer drauf gekommen? Und sagen Hunde wirklich so schöne Sachen wie „What are you, a Golden Retriever? What do you care what other people think“?

Endlich Herbst (2): Neue US-Comedys im Schnelldurchlauf

25. September 2010 8 Kommentare

Die Herbstseason der amerikanischen TV-Sender hat eine Menge Comedy zu bieten, aber welche neue Serie taugt wirklich etwas? Genau läßt sich das natürlich erst nach zwei oder drei Folgen sagen, aber hier sind schon mal meine Vermutungen zu…

Better With You

ABC, 22 Min., Sitcom, Multi-Camera, Laugh Track

Worum geht’s? Drei Großstadt-Paare und ihre Beziehungsprobleme: Ein Paar (Ende dreißig) ist seit neun Jahren Jahren glücklich zusammen, ohne verheiratet zu sein, ein Paar (Anfang dreißig) erst sieben Wochen, aber schon bereit, vor den Altar zu treten, das dritte Paar (über sechzig) ist seit 35 Jahren verheiratet und hat sich kaum noch etwas zu sagen. Tatsächlich sehen wir aber eine Familie: die beiden Frauen der jüngeren Paare sind Schwestern, die Alten ihre Eltern.

Und ist das lustig? Ungefähr so wie „Dharma & Greg“: Solide, aber überraschungsfrei, alles leicht übertrieben gespielt und mit einer nervigen Lachspur verstärkt. Ein Restaurantbesuch zu sechst ist der Höhepunkt der ersten Folge: Das jüngere Paar gesteht seine Heiratsabsicht, die von den Eltern zwar ohne Begeisterung, aber auch ohne Entsetzen aufgenommen wird. Zwar ist Casey ein Trottel (ungefähr wie Joey aus „Friends“), aber immerhin gibt es eine Hochzeit — wenn schon die ältere Schwester nicht und nicht heiraten möchte. Ben, Caseys Schwager in spe, versucht dem jüngeren zu helfen, indem er ein Kärtchen mit Konversations-Dos-and-Don’ts vorbereitet („Nicht über die Schönheits-OP ihres Vaters sprechen — vor fünf Jahren hatte er noch Segelohren, und von einem Tag auf den anderen waren sie weg!“) — nützt aber natürlich nichts („I like your ears!“).

Fazit? „Modern Family“ — nur eben unmodern. Eine Sitcom für die konservative Mehrheit der Amis.

Muß man eine zweite Folge davon gucken? Nein.

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Nach dem Klick: Kurzkritiken zu „My Generation“, „Shit My Dad Says“, „Outsourced“, „Raising Hope“ und „Running Wilde“!

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In the News (1)

21. August 2009 5 Kommentare

„Getting On“, Jo Brands finstere Krankenhaus-Sitcom, soll fortgesetzt werden: Innerhalb des nächsten Jahres sollen sechs weitere Folgen auf BBC4 laufen. Das berichtet The Stage. Freut mich, weil mir schon die erste (aus nur drei Folgen bestehende) Staffel gut gefallen hat: etwa der trockene Doku-Stil Peter Capaldis, den er aus Iannuccis „The Thick of It“ mitgenommen hat. Die erste Series erscheint in guten zwei Wochen auf DVD.

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Eine etwas andere, nämlich kritische Sicht auf die Abtreibungs-Folge von „Family Guy“, die FOX nicht gezeigt hat, bringt Hadley Freeman heute im Guardian zu Papier: Er Sie hält „Familiy Guy“ für zunehmend konservativ, womöglich um, in Reaktion auf Barack Obamas Präsidentschaft, weiterhin „kontrovers“ zu bleiben („This would explain why conservative wingdings Rush Limbaugh and Karl Rove are to appear on the show“), und Seth MacFarlane für unlustig:

Although it is currently impossible to see the actual episode, there is a video of the actors doing a read-through of the script and then the outrage becomes understandable. My goodness, Seth MacFarlane put some nasty words in Peter Griffin’s mouth. And they’re not even funny.

Schlimmer aber: Er Sie hält den „Family Guy“-Macher für weitgehend frei von politischen Überzeugungen. Wozu aber, fragt Freeman, via Comedy einen kritischen Standpunkt vertreten, wenn man gar keinen hat?

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Und zuletzt fragt ebenfalls der Guardian seine Leser, was sie wohl auf keinen Fall mit 496 000 in der Lotterie gewonnenen britischen Pfund Sterling anfingen, und hofft auf die Antwort: sie Charlie Sheen in die Hand drücken, damit der in einer weiteren Folge „Two And a Half Men“ auftritt. Welchen Grund könnte es tatsächlich für den Erfolg dieser unfassbar langweiligen Sitcom geben? Mir fällt keiner ein, außer: Die Leute stehen halt auf altmodischen Scheiß, der ihnen sagt, wann und wo sie lachen müssen. Das ist in etwa auch die Erkenntnis des Guardian-Texts.