Archiv

Artikel Tagged ‘Steve Edge’

Des Widerspenstigen Lähmung

22. November 2018 1 Kommentar

Was ist die erste Voraussetzung für Komik? Dass jemand scheitert. In der Regel an sich selbst. Was ist die Voraussetzung dafür, dass man scheitert? Man muss etwas wollen. Die erste Regel für Sitcoms (mit einer Hauptfigur) ist also: a) Sie will etwas. b) Sie kriegt es nicht.

Dass Romesh Ranganathans erste eigene Sitcom „The Reluctant Landlord“ (seit Oktober auf Sky1) selbst scheitert, liegt vor allem daran, dass die Hauptfigur zu wenig will.

Wirt wider Willen ist dabei Romesh Ranganathan selbst: Er hat (wie Ranganathan im wahren Leben) den Pub seines Vaters geerbt und stellt nun fest, dass er für die Arbeit am Zapfhahn nicht ausgeschnitten ist. Die Gäste (u.a. Nick Helm, „Uncle“, und Marek Larwood, „We Are Klang“) nerven mit ihrer Antriebslosigkeit und ihren langweiligen Geschichten, die Ehefrau (Sian Gibson, „Peter Kay’s Car Share“) nervt mit gesundem Essen und Bedürfnis nach Familienleben, die Konkurrenz vom Nachbarpub (Steve Edge, „Phoenix Nights“, „Star Stories“, „Peep Show“) ist ekelhaft freundlich und hilfsbereit.

Romesh shtick ist sein unbewegtes Gesicht, seine Art dead pan, mit der er — ganz wie Ranganathan in seinem ersten Leben als Stand Up-Comedian — durchaus okaye Scherze abliefert. Die aber, mangels Fallhöhe und guter Geschichten, „The Reluctant Landlord“ auch nicht retten, und oft mehr schnippisch, schlecht gelaunt und beleidigend wirken als wirklich komisch. Was dabei nicht hilfreich ist: dass genau dieser deap pan-Ansatz Ranganathans überschaubare schauspielerische Fähigkeiten noch zusätzlich unterminiert.

Sitcom-Hauptfiguren, die Komik vor allem aus ihrem Widerwillen gegen die Zumutungen der Welt gewinnen, gibt es ja viele: von John Cleeses Basil Fawlty über Dylan Morans Bernard Black in „Black Books“ (Channel 4, 2000 – 2004) bis hin zu Jack Dees Rick Spleen in „Lead Balloon“ (BBC 2006 – 11); von „Curb“ mal ganz zu schweigen.

Doch zum einen wollten viele von diesen Figuren bei zweiten Hinsehen ja doch etwas: Basil Fawlty wollte gerne zur Oberschicht gehören und auf niedere soziale Schichten hinabsehen, Bernard Black wollte aktiv keinen Kontakt mit seiner Mitwelt und wurde geradezu erfinderisch in seinen Vermeidungsstrategien, Rick Spleen wollte durchaus gerne Stand Up-Comedian sein, blieb aber eben seiner Charakterschwächen wegen eher erfolglos.

Wenn man aber schon Hauptfiguren entwickelt, deren Eigenschaften vorwiegen negativ sind (im Sinne von fehlenden Eigenschaften: unmotiviert, unnahbar), braucht es umso mehr comichafte Übertreibung (wie „Black Books“ in der typisch Graham-Linehanschen Phantasiewelt von „Father Ted“, „The IT Crowd“ und „Count Arthur Strong“ angesiedelt ist), gute Nebenfiguren — und originelle Geschichten.

Aber leider mangelt es „The Reluctant Landlord“ insgesamt an Originalität: Sitcoms, die in Pubs spielen, habe ich seit „Cheers“ einfach schon so viele gesehen, dass eine neue schon etwas sehr Eigenes, Anderes braucht. Das hat „Landlord“ leider nicht. Die Nebenfiguren sind weit von eigenem Leben und Charaktertiefe entfernt (wenn man sie mal mit Bill Baileys Manny Bianco und Tamsin Greigs Fran Katzenjammer in „Black Books“ vergleicht). Die Geschichten selbst fühlen sich schon von Anfang an extrem alt an — eine Ehefrau, die mit einem Faible für Smoothies und gesunde Ernährung nervt, really?! Und dann gibt es da noch Dialogzeilen wie „Rom, das ist alles deine Schuld“ — lazy writing vom Feinsten.

Sky 1 hat, ich weiß nicht genau, warum, sofort gleich zwei Staffeln „The Reluctant Landlord“ bestellt. Romesh Ranganathan hat also noch einige Folgen Zeit, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Und zumindest den multikulturellen Aspekt der Serie mag ich tatsächlich. Aber an einen späten Erfolg dieser Serie glauben kann ich gerade noch nicht.

Flügellahme Stare

10. Juni 2012 5 Kommentare

Vor mittlerweile über zehn Jahren begann in England die Phase der dunkelsten Comedyshows aller Zeiten. „The Office“ (BBC2, 2001 – 03) war so eine Serie, und womöglich die prominenteste, aber sicher nicht die böseste, die damals entstand. Allen gemein war, dass sie ihre Zuschauer zwangen, halbstundenweise in menschliche Abgründe zu schauen und in die Abgründe zwischen Menschen, sei es zwischen dem Boss und seinen Angestellten, zwischen einem Moderator und seinen Gästen („I’m  Alan Partridge“, BBC2, 1997 – 2002) oder zwischen Ehepaaren („Human Remains“, BBC, 2000). Das war ungemütlich und trostlos, und wenn man als Zuschauer berührt war, dann allenfalls von einer eiskalten Hand.

Cringe Comedy war der heiße Scheiß der Stunde, je böser, desto besser. Selbst eine narzisstische Soziopathin wie Jill Tyrell (Julia Davis in „Nighty Night“, BBC3, 2004 – 05) konnte als Sitcomheldin taugen; eine „Heldin“, die den langsamen Krebstod ihres Ehemannes ausnutzt, um der Nachbarin, die selbst unter Multipler Sklerose leidet, den Mann auszuspannen.

In nicht wenigen dieser Shows spielte Steve Coogan mit, und wo er nicht mitspielte, produzierte er. Schon 1999 gründete er zusammen mit Henry Normal seine eigene Firma Baby Cow, die fortan vorwiegend eben diese düstere Comedy hervorbrachte: Neben „Human Remains“ und „Nighty Night“ waren das etwa „Ideal“ (BBC3, 2005 – 11), die Kiffersitcom mit Johnny Vegas, die allerdings nicht nur düster war, sondern auch eine heiter-surreale Note hatte, das psychedelisch-dämmrige „The Mighty Boosh“ (BBC3, 2004 – 07) sowie nicht zuletzt „Sensitive Skin“ (BBC2, 2005 – 07), ein schwarzes Comedydrama mit Joanna Lumley („Absolutely Fabulous“), in dem sie sich als arbeitende, älter werdende Frau ihren Zukunftsängsten stellen musste. Harter Tobak; geistreiches, aber sehr unterkühltes Fernsehen.

Heute aber ist alles anders. Die Zeiten, nicht nur in Großbritannien, sind selbst kühl geworden. Nichts mehr ist zu spüren von damaligen politischen Aufbruchsstimmung und der darauf folgenden Enttäuschung von New Labour. Und niemand will auch noch über so explizites menschliches Leid in Comedyshows lachen, wenn er es schon täglich in den Nachrichten sehen muss.

Darum schwingt seit einigen Jahren das Pendel in die andere Richtung. Nun sind es die heiteren Familienshows, in denen fiktionale Nestwärme und Zuversicht Zuflucht bieten angesichts realer Rezession, Arbeitslosigkeit und Randale auf der Straße. „Gavin & Stacey“ (BBC, 2007 – 10) war die Antwort von Baby Cow; eine Serie, in der sich Boy und Girl (Mathew Horne und Joanna Page) finden, trotz großer räumlicher wie gesellschaftlicher Distanz.

Doch seit diesem Riesenerfolg schwächelt die einstige Vorzeigeschmiede für junges Talent. Vor allem „Starlings“ (seit Mai auf Sky1), der neueste Versuch von Baby Cow, auf den Paradigmenwechsel zu reagieren, wirkt wie eine Auftragsarbeit.

https://www.youtube.com/watch?v=D4OUgZaIYTQ?version=3&hl=de_DE

Dabei hätte dieses Familien-Comedydrama in den englischen Midlands theoretisch das Zeug zum Erfolg: zwei gute und erfolgreiche Autoren/Darsteller, nämlich Matt King und Steve Edge, einen veritablen Star als Hauptfigur: Brendan Coyle, den Bates aus „Downton Abbey“ (ITV, seit 2010), sowie die übliche dysfunktionale Familie im Mittelpunkt, inklusive schwächelndem Familienbetrieb, exzentrischen Verwandten und einem Neugeborenen.

Warum geht das Rezept nicht auf? Vielleicht, weil man es allzu leicht durchschaut: Matt King (der auch die sehenswerte Koch-Sitcom „Whites“, BBC2, 2010, mitgeschrieben hat) spielt nach Super Hans in „Peep Show“ (Channel 4, seit 2003) einen weiteren von sich selbst eingenommenen Künstler, unter den gar nicht so dräuenden Familienproblemen liegt stets ein etwas zu geschmackvoller Folk-Soundtrack, oft sitzen die Familienmitglieder einfach beisammen und sind nett zueinander. Das ist, nun ja, nett — aber sehr komisch ist es leider nicht. Fernsehen als Lagerfeuerersatz.

Vor allem Brendan Coyle hat mich enttäuscht in seiner seifenoperflachen Rolle als stets supernetter Familienvater, der seine Herz- und Geldprobleme immer schön für sich behält, um seine Familie nicht zu belasten. Coyle hat leider nicht den kleinsten funny bone, und die Autoren scheinen ihm auch keinen zuzutrauen. Pointen haben sie ihm jedenfalls vorsorglich erst gar nicht ins Buch geschrieben.

„Starlings“ ist eine einzige Versicherung für den Zuschauer, dass das Happy End nur wenige Meter bzw. Minuten entfernt ist: der spinnerte Onkel darf auch noch bei uns wohnen, soll er halt in den Wohnwagen im Hof einziehen! Die kleinwüchsige Tochter darf davon träumen, Fußballtorwart zu werden — Träume sind ja nicht verboten! Sogar der quasi autistische Sohn, der sich nur für die Spinnen und Reptilien in seinem Nerd-Zimmer interessiert, kriegt eine Freundin ab: Alles wird gut. Ach wo, wird: alles ist gut.

Für Baby Cow aber ist nicht alles gut. Fragt sich, ob eine Produktionsfirma breiter aufgestellt und folglich in der Lage sein müsste, auch den Mainstream zu bedienen. Das hat mit „Gavin & Stacey“ ja schon einmal geklappt — allerdings womöglich nur, weil James Corden und Ruth Jones (die mit „Stella“ selbst gerade auf dem Gebiet der nordenglischen Wohlfühlfamiliencomedy unterwegs ist, und zwar gleichfalls auf Sky1), weil Corden und Jones also damals noch ihrer Zeit in puncto Comedygeschmack voraus waren und schon den Trend zum kleinen Glück vorwegnahmen, als noch das große Unglück en vogue war.

Oder täte Baby Cow besser daran, sich weiterhin zu spezialisieren und auch gegen den Zeitgeist das zu machen und zu fördern, womit sie groß geworden ist: düstere, eher avantgardistische Comedy. Womöglich sind die Nischen dafür nicht mehr groß genug, weil die englischen TV-Budgets schon immer legendär niedrig waren und immer weiter abnehmen. Vielleicht liegen die besten Zeiten für Baby Cow also schon hinter uns. Das wäre äußerst schade.

Filme für lange Zugfahrten

22. November 2010 14 Kommentare

Ich fahre gerne mit der Bahn. Gewiß, es nervt, wenn man mal wieder auf irgendeinem Provinzbahnhof gestrandet ist, weil man den einen Anschlußzug verpaßt hat und der nächste eine Dreiviertelstunde Verspätung hat — aber deshalb werde ich nicht zum Bahn-Hasser.

Allerdings werde ich zum Bahnfahrer-Hasser; jedenfalls bei Reisen, die länger als drei Stunden und/oder mehr als zwei Tage am Stück dauern. Ich fühle mich einfach belästigt: Durch junge Mütter über Vierzig, die (statt das Kleinkindabteil zu nehmen) den gesamten Großraumwagen durch stundenlanges Geschrei ihres Nachwuchses ruckzuck vom Segen der Kinderlosigkeit überzeugen. Durch Businessfrauen, die sich so zwanghaft an ihren Koffer klammern, daß sie selbst im überfüllten Zug lieber einen Sitzplatz mit ihrem Lieblingsgespäckstück blockieren, statt es ins Gepäckfach zu tun. Durch Dauertelefonierer. (Btw: Wer nicht nur rücksichtslos, sondern auch noch dumm genug ist, seine Geschäftstelefonate in höchster Lautstärke zu führen und dabei auch noch die eigene E-Mail-Adresse durchzutrompeten, muß sich über ein erhöhtes Aufkommen von Newslettern des Hörgeschädigtenverbandes nicht wundern.) Und dann gibt es noch diese massiv adipösen, nach Rauch und Schweiß stinkenden Assos, die sich neben einen an einen Tisch quetschen, sofort anfangen, Frikadellenbrötchen, Krautsalat und Dosenbier zu verzehren, sich über Kriegsfilme zu unterhalten und nach einem Toilettengang zurückkommen mit der Bemerkung, sie hätten nicht kapiert, wie „man das Waschbecken anschaltet“. Das Waschbecken schaltet man gar nicht an, Idiot! Man hält einfach seine Pfoten unter den Hahn, so wie bei praktisch allen Autobahnraststätten seit zehn Jahren auch! Iihhh!!

Noch schlimmer sind höchstens die Deppen, die am Ende der Fahrt den eben beschriebenen Flegeln attestieren, ihre Rücksichts- und Manierenlosigkeit sei schon in Ordnung. Diese Unterwürfigkeit gegenüber Leuten, die weder geschriebene noch ungeschriebene Regeln kennen bzw. sie vielleicht sogar kennen, aber schlicht nicht akzeptieren, scheint mir neu. Vielleicht bewundern tatsächlich immer mehr Knallköpfe andere Knallköpfe, die einfach mehr Mut zum „Ich zuerst“ haben als sie selbst.

Nun denn. Auf solchen Bahnfahrten gibt es nur eine Möglichkeit: Notebook und Kopfhörer auspacken (ja, liebe kinderreiche Familien und Bundeswehrler: Filme guckt man im Großraumabteil IMMER mit Kopfhörern! IMMER!!) und all das nachholen, was über die letzten Monate liegengeblieben ist. Lieber selbst einen möglicherweise schlechten Film gucken als Trottel über „Killing Fields“ reden hören und wie gerne sie da mal hinfahren würden, um sich das selbst anzusehen („Ob da noch Totenköpfe rumliegen?“ Grundgütiger!).

Für eine solche Fahrt taugt etwa „Magicians“ (2007) ganz gut. Der lag schon sehr lange bei mir herum — weil er nicht nur bei Rotten Tomatoes eine sensationell schlechte Bewertung hat, sondern weil auch andere, die ihn gesehen hatten, ihn eher so mittel fanden. Meine nicht sehr hohen Erwartungen aber hat er mühelos übertroffen.

Das lag bestimmt zum Großteil am Charme von David Mitchell und Robert Webb, die hier eine Variation ihrer Charaktere aus „Peep Show“ spielen. Hier sind ein magischer Double Act, dessen Karriere zu Beginn des Films gescheitert ist: Harry (Mitchell) hat Karl (Webb) mit seiner Frau, der gemeinsamen Assistentin, in flagranti erwischt — und sie anschließend bei einem Zauberunfall mit einer Guillotine enthauptet. Jahrelang haben sich beide daraufhin mit Jobs über Wasser gehalten, doch nun möchte Harry wieder ins Geschäft einsteigen: Ein Magier-Wettbewerb winkt mit einem Preisgeld von 20 000 Pfund — Grund genug für Harry, über seinen Schatten zu springen und Karl um einen einzigen gemeinsamen Auftritt zu bitten, mit dem sie das Preisgeld abräumen, teilen und sich wieder voneinander verabschieden können.

Dieser Wettbewerb gibt das Grundgerüst von „Magicians“ ab, um das herum kleine Storys rund um eine neue Assistentin (Jessica Hynes, „Spaced“), Zauberkonkurrenten (etwa Steve Edge, „Star Stories“, „Phoenix‘ Nights“) und Karls Manager (Darren Boyd, „Whites“) gebaut sind; das Drehbuch haben die „Peep Show“-Autoren Sam Bain und Jesse Armstrong übernommen. (Wann kommen die eigentlich noch zum Essen und Schlafen? „The Thick of It“, „The Old Guys“, „Peep Show“, „The Mitchell and Webb Look“, „In The Loop“ — ein beachtlicher Output, den dieses Duo hat.) In weiteren Nebenrolle glänzen Peter Capaldi und Rasmus Hardiker („Lead Balloon“, „Saxondale“), und dieser ansehnliche Cast macht auch die etwas einfallslose Regie (Andrew O’Connor) wett. Ein im besten Sinne kleiner Film, der wahrscheinlich enttäuschen würde, wenn man ihn mit großen Erwartungen im Kino gesehen hätte — aber perfekte 90 Minuten Fernsehunterhaltung.

Auch Frank Oz„Death at a Funeral“ (2007) fällt in diese Kategorie, wenngleich er die deutlich bessere Dramaturgie hat. Das Begräbnis des Vaters führt die erwachsenen Kinder und viele Trauergäste auf einem prächtigen Landsitz in England zusammen und sorgt für die Fallhöhe, die eine Farce braucht; ein Bruderzwist, die Verwechslung einer stark halluzinogenen Droge mit Valium sowie ein Kleinwüchsiger, der mit Enthüllungen ihn und den Verstorbenen betreffend droht, machen „Death at a Funeral“ zu einer klassischen Screwball-Komödie. Daß ihr die großen Stars ein wenig fehlen, gleicht sie durch ein prima Ensemble aus (u.a. Kris Marshall und Andy Nyman, der cholerische Producer in „Dead Set“). Dafür, daß ein Amerikaner ihn gemacht hat, ein sehr englischer Film: Selbstverständlich fällt der Sarg um und der Verstorbene purzelt ins Wohnzimmer, trotzdem bleibt (ich weiß nicht genau, wie) die Würde des Toten unangetastet — ich hatte jedenfalls nie den Eindruck, daß da mit billigen Mitteln Witze auf Kosten von Toten gerissen würden.

Soviel zu alten Filmen. Den Rest der Zugfahrten habe ich mit alten Serien zugebracht, über die ich hier nicht en detail berichten möchte, aber auch mit einer neuen, die ich jetzt schon mal sehr empfehle: „Terriers“, eine der neuen US-Serien des Herbstes. Kritik folgt, sobald ich genau sagen kann, was genau so toll ist an der Serie. Der Plot ist an sich nämlich nicht besonders originell: Ein Ex-Bulle und trockener Alkoholiker löst zusammen mit seinem halbkriminellen Kumpel als Privatdetektiv ohne Lizenz Fälle in Kalifornien. Klingt irgendwie nach „Trio mit vier Fäusten“, ist aber dank immer neuer Wendungen und Ideen, bei denen ich oft mit offenem Mund dasitze und „Das habt ihr jetzt nicht gemacht, oder?!“ denke, eine der besseren Serien dieses Jahres und ein echter Geheimtip.

Bewanderte Sitcom

31. Juli 2010 7 Kommentare

Natürlich ist „The Great Outdoors“ (BBC4) jedem wirklichen Englandkenner von vorneherein verdorben, ja: auf das Fundament einer faustdicken Lüge gebaut. Denn in einer (der ersten, am Mittwoch ausgestrahlten) Folge dieser Sitcom um einen Wander-Club, dessen Leiter mit einem gewaltigen Lattenschuß allen Mitwanderern auf die Nerven geht, fällt einen ganzen Tag lang erkennbar kein einziger Regentropfen! Ja, die Wanderer kommen nach einer langen Wanderung trockenen Fußes nach Hause! Vollkommen ausgeschlossen, denn in England regnet es jeden Tag, und ganz besonders, wenn jemand wandern gehen möchte. Ich weiß, wovon ich rede! Sieht man über diese unwahrscheinliche Prämisse allerdings großzügig hinweg, ist „The Great Outdoors“ gut — und hat das Zeug dazu, noch besser zu werden.

Die Miniserie (leider auf nur drei Folgen angelegt) folgt dem Wanderleiter Bob (Mark Heap), dessen aufgeblasene, eitle und anmaßende Art schwer erträglich ist. Sein bester Freund Tom (Steve Edge) ist ein ausgemachter Simpleton, dem Bobs neurotische Anfälle daher auch nichts ausmachen; Bobs achtzehnjährige Tochter Hazel leidet da schon mehr unter ihrem Vater. Neue Mitglieder, die mal einen Tag lang mitwandern wollen, werfen schnell das Handtuch und setzen sich ab — bis auf Christine (Ruth Jones), die nicht nur eine Regenjacke (ha!) dabei hat, einen riesigen Rucksack, GPS und eine Leuchtpistole, sondern sogar Verpflegung. Um die gibt es prompt Verteilungskämpfe, als sich herausstellt, daß der von Bob angesteuerte Pub auf sündteure Gastronomie umgestellt hat. Logisch, daß Christine schnell und sehr zum Mißfallen Bobs zu einer ernsthaften Konkurrenz in der Club-Führung wird…

Prima, daß Mark Heap sich nie zu schade wird, seine Paraderolle zu spielen: die des tragikkomischen, von Obsessionen geplagten Soziopathen. Damit hatte er seinen Durchbruch in „Spaced“ als der krisengeschüttelte Künstler Brian, damit brillierte er als der Hochgeschwindigkeitsneurotiker Alan Statham in „Green Wing“, und gerade sehe ich ihn in „Happiness“, wo er eine ein wenig gedimmte Version dieses Charakters gibt, in der er ebenfalls glänzt. Prima aber auch, daß um Heap etliche weitere hervorragende Comedians aufgestellt sind: Ruth Jones darf mal eine andere Rolle spielen als Staceys dicke Freundin Nessa in „Gavin & Stacey“, Steve Edge („Star Stories“, „Phoenix Nights“) ist sowieso hervorragend, und Katherine Parkinson („The IT Crowd“, „Doc Martin“, „The Old Guys“, deren zweite Staffel gerade läuft) ist sich für eine kleinere Rolle in der zweiten Reihe ebenfalls nicht zu schade.

Das liegt vielleicht daran, daß die Autoren der Show, Kevin Cecil und Andy Riley, zwar noch keine Namen haben, bei denen es jedem Comedyfan in den Ohren klingelt, das das aber nur noch eine Frage der Zeit sein dürfte: die beiden haben schon nach Graham Linehans Abschied von „Black Books“ seinen Platz als Autoren eingenommen, für die „Armando Iannucci Show“ geschrieben, für „Little Britain“, „Armstrong & Miller“, „Smack the Pony“ und „Trigger Happy TV“. Ihre erste eigene Serie „Hyperdrive“ sei ihnen verziehen — zum Ausgleich für diese eher mittelgute Moppel-im-Weltall-Comedy (mit Miranda Hart und Nick Frost) hat ja Andy Riley etliche Comicbücher gezeichnet, die ich auf diesem Weg auch jedem ans Herz legen kann: „Bunny Suicides“ und „Great Lies to Tell Small Kids“. Kaufen! Jetzt sofort!