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Archiv für August, 2010

Seit heute in den Regalen: „The Infidel“

9. August 2010 12 Kommentare

David Baddiel war sich bis zum Schluß nicht sicher, ob er mit seiner Bodyswap-Komödie „The Infidel“ nicht den Zorn aller Muslime auf sich ziehen würde. Er habe, so Baddiel in einem Fernseh-Morgenmagazin, seinen Produzenten für dessen Mut bewundert und ihn gefragt, ob er nicht eine Fatwa befürchte. Der habe gesagt: Nein, befürchte er nicht. Und was das sei, eine Fatwa.

Die BBC hatte diesen Mut nicht und ist nach einer Weile (und nach Sachsgate) aus der Filmentwicklung ausgestiegen. Dabei ist „The Infidel“ tatsächlich harmlos und wird gerade von Muslimen hoch geschätzt: Er wird bereits nach Pakistan und Iran verliehen (nicht aber nach Israel, interessanterweise). Vermutlich, weil die Normalität der nicht besonders religiösen Familie Nasir, wie sie im Film gezeigt wird, für die allermeisten Muslime sehr zur Identifikation einlädt. Und Omid Djalili ist ja ohnehin unglaublich sympathisch.

https://www.youtube.com/watch?v=BMudF0MQgC0&hl=de_DE&fs=1

Eine ausführliche Kritik zum Film findet sich höchstwahrscheinlich in der nächsten TITANIC, bis dahin nur soviel: Baddiels Film ist über weite Strecken sehr komisch, das Ende ist allerdings vermutlich mit einer Brechstange geschrieben worden. Insgesamt hat „The Infidel“ die Tendenz, ein wenig zu harmlos zu sein. Es sind aber viele gute Scherze dabei, und die entschädigen durchaus für die Harmoniesucht. 8,93 Pfund bei Amazon kann man sich den Spaß schon kosten lassen; und wer es gerne schwärzer mag, muß ja nur noch ein paar Tage warten: dann kommt Chris Morris‘ „Four Lions“ in die Läden.

Höchster Gang

7. August 2010 8 Kommentare

Ja. Das ist also „Top Gear“ auf deutsch (Kabel1). „Er fährt los“ statt „He’s off!“, Wendungen wie „bei Gott“. Sagt das wirklich jemand? Ich sicher nicht. Die Sprecher, von denen nur der von Jeremy Clarkson halbwegs seinem englischen Pendant nahe kommt, klingen so unbeteiligt wie ihre Übersetzungen hölzern sind. Was dem Wesen von „Top Gear“ nun wirklich nicht entspricht, denn wenn Clarkson, Hammond und May eins nie sind, dann unbeteiligt. Aber gut.

Die Frage ist: Wäre es so ein großer Unterschied, wenn die deutschen Texte und ihre Aufsager besser wären? Die Show weniger stark gekürzt? Ich bezweifle es. Und fürchte: auf Kabel1, zwischen „Abenteuer Auto“ (was für ein Titel für eine Beamtensendung wie diese!) und „Achtung Kontrolle, Sie Arschloch!“ ist „Top Gear“ einfach verloren. So wie der hervorragendste Trüffel in einem Rezept, das ansonsten aus den Zutaten Gülle und Kotze besteht.

Comedy Landmarks (3): Gleneagles Hotel, Torquay

6. August 2010 2 Kommentare

Gutgut, es ist kein Comedy Landmark im eigentlichen Sinne, denn hier wurde nie eine Sitcom gedreht. Aber jeder kennt die Serie mit dem Hotel im Titel, das für das Gleneagles Hotel in Torquay an der englischen Riviera steht: „Fawlty Towers“ (BBC2, 1975-’79).

Das Glenagles. Die Außenansicht des Hotels, das in "Fawlty Towers" gezeigt wird, existiert leider nicht mehr - es ist 1991 abgebrannt.

In den frühen Siebzigern waren die Pythons zu Dreharbeiten am „Flying Circus“ im hübschen Seebad Torquay und residierten ebenda im Gleneagles. Der Hotelmanager des Gleneagles, ein gewisser Donald Sinclair, zeichnete sich rasch durch, nun ja, unkonventionelles Gebaren aus, indem er beispielsweise Eric Idles Aktentasche, die dieser kurz an der Rezeption liegen gelassen hatte, kurzerhand hinter eine Mauer vor dem Hotel brachte — schließlich hätte in der Tasche ja eine Bombe versteckt gewesen sein können. Idle soll eine gute Weile danach gesucht haben. Bei Tisch ließ Sinclair Terry Gilliam wissen, man esse in England nicht „so“: Gilliam hatte sein Mittagessen zunächst in kleine Stücke geschnitten und diese dann mit der Gabel in der rechten nach und nach verspeist. Jahre später, als die BBC mit John Cleese in Verhandlungen um eine Sitcom stand, erinnerte der sich an den „most wonderful rude man I have ever met“ — und so quartierte er sich abermals, später sogar mit seiner Frau Connie Booth, im Gleneagles in Torquay ein, um den erfrischend unhöflichen Hotelmanager zu studieren und Anekdoten über ihn zu sammeln. Die Geschichte ist so oft erzählt worden, ich erspare mir hier weitere Details.

So viel Presserummel gab es um das Gleneagles, daß Donald Sinclair es schließlich verkauft hat und in die USA ausgewandert ist

Leider war das Gleneagles völlig ausgebucht, als wir in Torquay ankamen. Schade, denn obwohl es mehrfach umgebaut und renoviert wurde, zuletzt 2006, strahlt zumindest die Lounge eine quasi historische Ruhe aus, und bei einem Tee und lecker Keksen hat man einen sehr schönen Blick hinunter zum Meer. Gegenüber der Rezeption sind einige gerahmte Zeitungsausschnitte und Autogramme, viel mehr erinnert nicht an „Fawlty Towers“. Ach doch: der Kellner. Der ist zwar nicht aus Spanien, sondern aus Polen, aber genauso sympathisch wie Manuel. Und bevor jemand fragt: We didn’t mention the war.

Prunella Scales, John Cleese, Connie Booth und Andrew Sachs (vorne)

Auf das Foto mit meinem dicken Bauch vor dem Gleneagles verzichte ich heute mal…

Danke für die Monty Pythons, Spanien!

4. August 2010 3 Kommentare

Ohne das spanische Fernsehen und einen seiner Mitarbeiter hätte es womöglich keine zweite Staffel des „Flying Circus“ und in der Folge keinen Durchbruch der Pythons gegeben! Das erzählte zumindest Terry Jones am Rande eines kroatischen Filmfestivals, wie der Daily Telegraph berichtet.

Die BBC, wenig begeistert von der ersten Staffel des „Flying Circus“ (1969), habe versucht, dem spanischen Fernsehdirektor zu erklären, es handle sich gar nicht wirklich zum einen Zirkus und er würde die Show vermutlich gar nicht mögen. Vergebens: der Spanier wollte unbedingt die erste Season sehen — und kaufte sie anschließend für seinen Sender. Was, so Terry Jones, wiederum für die BBC den Ausschlag gegeben habe, doch noch eine zweite Staffel bei den Pythons zu bestellen. Obwohl sie, wie jüngst gefundene Dokumente belegen, den „Flying Circus“ „abstoßend, nihilistisch und geschmacklos“ fanden.

In diesem Sinne: Vielen Dank, Spanien, für die Monty Pythons! Wer aber weiß, welche großen humoristischen Momente und geniale Komiker uns entgangen sind, weil sie kein spanischer Sender übernehmen wollte…

In the News

2. August 2010 3 Kommentare

Ricky Gervais wird abermals Gaststar bei den „Simpsons“: In einer Folge, die Anfang nächsten Jahres ausgestrahlt wird, soll er als er selbst bei der Oscar-Verleihung zu sehen sein. Das berichtet ew.com. Gervais hat bereits 2006 eine Folge der „Simpsons“ geschrieben und ist in ihr aufgetreten; die Oscar-Folge wird aber nicht er schreiben. Weitere Gaststars der nächsten „Simpsons“-Staffel werden Halle Berry, Hugh Laurie und Daniel Radcliffe sein.

„The IT Crowd“ soll abermals für den US-Markt neu aufgelegt werden. Graham Linehan in einem Chat des Guardian:

They’re working on one at the moment. I’m waiting to see the first script. I have encouraged them to do their own thing and not try to slavishly copy the original. As long as there’s no hugging, no learning, and big setpiece moments, I’ll be happy. I don’t even care if they don’t do it in front of an audience. Whatever works for them.

But if the show moves too far away from what I consider to be the IT Crowd ‚brand‘, I’ll be asking them to change the title.

Der erste Versuch einer US-Adaption hat vor drei Jahren NBC unternommen. Darin hat Richard Ayoade seinen Charakter Moss in einer annähernd wörtlichen Übernahme der britischen Version auch noch selbst spielen dürfen, was die ganze Sache einigermaßen absurd machte. Die nie ausgestrahlte Pilotfolge zeigt Chortle — ich finde sie einigermaßen unheimlich, wie aus einem nicht ganz so lustigen Paralleluniversum… Vielleicht wird die neue Adaption ja eigenständiger, etwa so wie die US-Version von „The Office“. Das dürfte jedenfalls die Hoffnung von Linehan sein.

Comedy-Landmarks (2): Black Books

2. August 2010 8 Kommentare

Mit den Britcom-Drehorten, die ich während meines Urlaubs besucht habe, ging es mir ein bißchen wie mit Leuten, die man aus dem Fernsehen kennt: Sie kommen einem im TV einfach größer vor, als sie im wirklichen Leben sind. Peter Capaldi etwa, den ich während der BBC-Besichtigungstour gesehen habe, ist nicht nur kleiner, als ich das erwartet hatte — er stand auch noch, in ein ruhiges Gespräch vertieft, in einer Schlange in der Kantine an! Statt einfach irgend einen Trottel anzubrüllen, er, der Trottel, möge ihm, Peter Capaldi, jetzt und sofort einen Tee und zwei Scones aus der Kantine bringen, sonst werde er, Capaldi, ihn, den Trottel, in einen Scheiße-Tank sperren und die Schlüssel wegwerfen! Eine echte Enttäuschung.

Doppelte Enttäuschung: unaufregende Ladenfront, und dann steht auch noch jemand im Bild!

An dem Buchladen, der sich tatsächlich hinter der schwarzen Ladenfassade verbirgt, wäre ich unter anderen Umständen vermutlich einfach vorbeigelaufen, so unaufregend ist er (aber natürlich: wie aufregend könnte er auch sein? Ein riesiger Neon-Pfeil mit Hinweis darauf, daß hier „Black Books“ gedreht worden ist?). Ganz in der Nähe von Kings Cross, mitten in London, und doch in einer Straße, die nicht so beschaulich ist, wie die Serie es vermuten ließe. Der Pub, vor dem Manny Händel mit ein paar Skins anfängt, liegt tatsächlich schräg gegenüber, wie es in der zweiten (?) ersten Folge zu sehen ist. Das läßt sich auf Fotos schlecht zeigen, deswegen habe ich die Film-Funktion meiner Kamera auf „dilettantisch“ gestellt, einmal um 360 Grad geschwenkt und das ganze schön doof kommentiert — das leicht amüsierte Glotzen der Leute, die vor dem Pub saßen, geflissentlich ignorierend. Wahrscheinlich kommt da alle halbe Stunde ein Affe und fotografiert.

Woran ich mich gerade nicht so genau erinnere: War Fran Katzenjammers Schnickschnackboutique blau? Und könnte somit der Laden links neben Black Books auch die Kulisse für ihren Laden gewesen sein?

UPDATE: Nein, Frans Laden war mintgrün, rechts neben Black Books und hieß „Nifty Gifty“ — und später war „Goliath Books“ darin. Danke, Marco und „Black Books“-Wikia.

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