Archiv

Artikel Tagged ‘David Mitchell’

And the Bafta goes to…

Heute abend werden die Baftas vergeben, denen ich mangels sensationeller neuer Comedy in den letzten zwölf Monaten allerdings eher halb interessiert entgegensehe. In der Sparte Comedy Programme sind nominiert:

  • „The Armstrong and Miller Show“
  • „The Kevin Bishop Show“
  • „Stewart Lee’s Comedy Vehicle“
  • „That Mitchell and Webb Look“

Mein Favorit in dieser Kategorie wäre selbstverständlich Stewart Lee, dessen Stand-Up-Show (an der auch Armando „The Balding God“ Iannucci beteiligt ist) nicht  nur die einzige neue unter den Nominierten, sondern auch die originellste ist: solipsistisch, beißend, finster — ganz nach Lees Motto If you prefer a milder comedian, please ask for one.

„Armstrong and Miller“ liefern klassische Sketch-Comedy, die wesentlich von der Chemie zwischen Alexander Armstrong und Ben Miller lebt („Worst Week of My Life“) und zwar eine ganze Menge gute Ideen hat, aber schwerlich die Neuerfindung des Comedy-Rades ist. Gleiches gilt für Mitchell & Webb sowie Kevin Bishop: letzterer hat die schnellsten Gags, erstere haben den Vorteil, Mitchell und Webb zu sein. Alle drei (außer Lee) müssen sich das vergiftete Lob gefallen lassen, „solide“ zu sein: gut gemacht, handwerklich top, in weiten Teilen auch verläßlich komisch, aber eben traditionell.

Nominiert in der Sparte Situation Comedy sind

  • „The Inbetweeners“
  • „Miranda“
  • „Peep Show“
  • „The Thick of It“

Von diesen vier fallen für mich persönlich zwei sofort raus: Miranda Harts „Ich bin so ein liebenswerter Tollpatsch“-Sitcom und die Coming-of-Age-Comedy „Inbetweeners“, die gewiß viele Wiedererkennungs-Gags für 17jährige am Start hat, nicht aber für meine Generation. „Peep Show“ (sechs [!] Staffeln) und „The Thick of It“ (je nach Zählweise zwei bzw. drei Staffeln) sind beide verdienstvoll, aber über beide wurden auch schon sehr viele Loblieder gesungen.

Auch dieses Jahr finde ich es unerklärlich, daß „Outnumbered“ nicht einmal nominiert ist (bis auf Hugh Dennis als besten männlichen Performer). Aber es ist ja auch Miranda Harts unfaßbarer Mist nominiert (und Hart selbst sogar noch als „Best Female Perfomance in a Comedy Role“), während sagen wir „Psychoville“ oder „Gavin & Stacey“ ignoriert wurden.

Einzige Kategorie, die mich am Rande interessiert, ist dieses Jahr Drama Series, in der ich sowohl „Misfits“ als auch „Being Human“ gerne an erster Stelle sähe; beide Serien seien an dieser Stelle abermals schwer empfohlen.

Die komplette Comedy-Shortlist findet sich im British Comedy Guide.

Hübsche Spielidee, mäßig umgesetzt: „The Bubble“

22. Februar 2010 2 Kommentare

Drei Prominente, die vier Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten waren, müssen raten, welche Nachrichtenmeldungen aus den letzten Tagen stimmen und welche nicht: Das ist das Konzept von „The Bubble“ (freitags auf BBC2). Ganz schön aufwendig für eine 30-Minuten-Show — welcher Promi kann es sich schon leisten, fast eine ganze Arbeitswoche lang auf alle Medien zu verzichten? Und auch schön gemacht: Mit gefakten Fernsehreportagen und einem sympathischen Moderator, nämlich David Mitchell („Peep Show“) in seiner ersten eigenen Panel-Show.

Leider scheint es, als ob die Idee besser gewesen wäre als ihre Umsetzung, denn entweder ist in der ersten Woche so wenig passiert, daß die Produzenten auf ohnehin unter „Vermischtes“ versteckte Meldungen zurückgreifen mußten, die auch den meisten Menschen mit Zugang zu Medien entgangen wären, oder das Publikum sollte die Chance erhalten, selbst mitzuraten. Letzteres erscheint mir wahrscheinlicher, nimmt aber dem Konzept ein wenig Wumms: Wozu jemanden dann überhaupt vier Tage auf Medienentzug schicken? Die in der ersten Show verwendeten News waren jedenfalls sehr unspektakulär und kaum dazu angetan, als Satire auf Medien zu funktionieren, denn man konnte sich eher bei allen möglicherweise richtigen Nachrichten vorstellen, daß sie echt waren, als daß man gedacht hätte: die sind doch alle erfunden, sowas gibts doch nicht.

So bleibt die interessanteste (richtige) Nachricht zu „The Bubble“ die, daß die BBC ihren Mitarbeitern in einem Anfall von Humorlosigkeit verboten hat, für die Show Nachrichtenbeiträge zu faken, um auf keinen Fall die Glaubwürdigkeit der BBC-News zu beschädigen. Diese Meldung kam selbst in der ersten Folge vor — und keiner der Gäste tippte darauf, sie könnte stimmen.

Best Peep Show in Town

6. Oktober 2009 4 Kommentare

Bei manchen Serien fragt man sich wirklich, warum man sie überhaupt guckt — fünf Staffeln lang. Bei „Red Dwarf“ etwa war es so: Ich hatte von dem massiven Kult gehört, der die Serie umgibt, es gab ein günstiges Box-Set, und ich hatte viel Zeit; na ja, jedenfalls die 15 Stunden, die diese fünf Staffeln dauerten. Ein lustiger Farbiger, eine Katze in Menschengestalt, ein Hologramm und ein depperter Computer auf einem Raumschiff, das klang ja auch vielversprechend. Nach fünf Staffeln aber habe ich es dann aufgegeben: Billigste Kulissen und Effekte, die in ihrer Schlichtheit selbst (die TV-Serie des) „Hitchhiker’s Guide“ hinter sich ließen, die 80er-Jahre in ihrer schlimmsten Erscheinungsform, unglaublich langweilige Episoden — ich hatte vorher gewußt, daß die Serie schon bei ihrer Erstausstrahlung ein Slow Burner war, der erst nach vielen Jahren allmählich Fans hinter sich versammelte, aber das war mir zu slow. Die restlichen drei Staffeln und alle Wiederbelebungsversuche dieses Jahres habe ich mir dann geschenkt.

Beinahe wäre es mir mit „Peep Show“ (Channel4) ebenso gegangen. Da wäre mir allerdings etwas entgangen, denn die sechste Series (hat gerade Halbzeit) scheint mit Abstand die beste zu werden.

Was möglicherweise daran liegt, daß Mark und Jeremy mit dieser Staffel erwachsener geworden sind. Ich hatte in meiner Besprechung im März vermutet, ich sei zu alt für „Peep Show“, möglicherweise ist es aber umgekehrt: „Peep Show“ war zu juvenil für mich und gewinnt mit der Alterung nun eine Tiefe, des es vorher nicht hatte. In dieser Staffel stehen Mark und Jeremy nun vor Erwachsenenproblemen: Sophie (Olivia Colman) ist schwanger und weiß zunächst nicht, ob von Mark (David Mitchell) oder Jez (Robert Webb), und Mark verliert seinen Job. Das zwingt beide aus ihrer spätjugendlichen Duldungsstarre heraus und schafft Fallhöhe für peinlichere Momente denn je, etwa wenn Jez etwa in Anwesenheit von Mark behauptet, er, Jeremy, sei der Kindsvater, es tatsächlich aber besser weiß und deshalb dem unendlich erleichterten Mark Minuten später gestehen muß, er habe mit dieser Lüge nur seine neue Freundin Elena beeindrucken wollen, in Wirklichkeit sei er, Mark, Vater von Sophies Baby.

Auch die Technik der First Person Camera, die uns im Schnitt/Gegenschnittverfahren in die Köpfe der Protagonisten versetzt und es uns so erlaubt, ihren Gedanken mehr als den Dialogen zuzuhören (Buch: Jesse Armstrong, Sam Bain), funktioniert immer besser (sehr schön zu sehen in diesen beiden Szenen vom Anfang der dritten Episode) und wird immer lustiger, etwa wenn Mark während eines kleinen Streits im Geiste Jez‘ Grammatikfehler korrigiert. Ja, „Peep Show“ sprüht gerade so vor schnellen Scherzen, treffenden Formulierungen (insbesondere von Marks heimlicher Flamme Dobbie) und pointierten Dialogen und könnte eine der besten Britcoms der Nullerjahre sein und ein Beleg dafür, daß die große englische Sitcom doch nicht tot ist. Eine siebte Staffel ist für 2010 jedenfalls schon in Auftrag gegeben.

I will be watching

Ein Argument gegen die Überlegenheit der US-Fernsehcomedy über die britische, das ich in den Kommentaren unter dem Guardian-Artikel aus dem letzten Eintrag gelesen habe, war: Die Amis haben nicht so lustige Panel-Shows. Da ist was dran, und auch wenn ich weiß Gott nicht auch noch sämtliche Comedy-Panel-Shows gucken kann, so werde ich doch hierfür eine Ausnahme machen: Charlie Brookers heute abend zum ersten Mal ausgestrahlte Show „You Have Been Watching“ (Channel 4, 22 Uhr), die sich, Überraschung, rund um’s Fernsehen dreht! Regelmäßig dabei sein wird der von mir zunehmend geschätzte David Mitchell (die ersten Folgen „That Mitchell and Webb Look“ waren sehr lustig), zu Gast heute abend ist u.a. Richard Herring.

Fast ein bißchen schade, daß der Umzug aus dem BBC4-Versteck Brookers früherer Sendungen auf den weitaus prominenteren Sendeplatz bei Channel 4 vermutlich wegen der Live-Übertragung von Michael Jacksons Beerdigung ein bißchen weniger triumphal ausfallen wird, als er es sonst getan hätte.

Ich bin bafta

27. April 2009 2 Kommentare

bzw. nicht ganz zufrieden mit den diesjährigen Gewinnern des jährlichen Preises der British Academy of Film and Television Arts (gestern abend war die Preisverleihung): Baftas für David Mitchell in „Peep Show“ (Comedy Performance) und „The IT Crowd“ (Situation Comedy) — das sind zwei Baftas für x-te Staffeln mittlerweile doch eher schwächelnder Sitcoms, und null (in Zahlen: zero) Baftas für die in beiden Kategorien ebenfalls nominierten „Outnumbered“ respektive Claire Skinner in ihrer Hauptrolle darin. Shame! Und auch den Bafta für das beste „Comedy Programme“ hätte ich nicht an „Harry and Paul“ vergeben, sondern sicher eher an „Star Stories“. Wo  nicht „The Peter Serafinowicz Show“. Oder, wie es Karen formuliert hätte: „Up your beeping beep beep!“

Die gute Nachricht am Rande: Die zweite Staffel „Outnumbered“ ist noch besser als die erste und wird auf DVD erscheinen! Die schlechte: Allerdings erst im November.

Looking through Mark’s and Jeremy’s eyes

8. März 2009 4 Kommentare

Jede Sitcom braucht, um erfolgreich zu sein, eine Idee, die sie unverwechselbar macht; ohne ein originelles Moment bleibt sie Abklatsch. Dabei sticht dieses entscheidende Merkmal mal mehr, mal weniger deutlich ins Auge: Jeder sieht ohne weiteres, daß es bei „Alf“ Alf war, den sonst keine Serie aufzubieten hatte (und zum Glück, möchte man sagen); schon ein bißchen schwieriger wird es bei „The Office“ oder „Seinfeld“, wo das Bemerkenswerte war, daß es um nichts bemerkenswertes ging — Stichwort: Show about nothing. Im Marketing spricht man von Unique Selling Proposition, kurz: USP.

Bei „Peep Show“ ist dieses Alleinstellungsmerkmal sofort auffällig: Der Zuschauer sieht die Welt mit den Augen der beiden Protagonisten Mark und Jeremy (David Mitchell und Robert Webb). Heißt: Dialoge werden direkt in die Kamera gesprochen, der Zuschauer nimmt je den Standpunkt einer der Figuren ein. Die beiden Jugendfreunde teilen sich eine Wohnung (nämlich die von Mark), obwohl sie keine Gemeinsamkeiten haben: Mark ist ernst, bieder, beruflich halbwegs erfolgreich, aber unsicher, während Jeremy faul, narzisstisch, verantwortungslos und alles in allem ein großes Kind ist, das in den Tag hineinlebt, obwohl es langsam ein bißchen zu alt ist für einen nie ernsthaft verfolgten Traum vom Leben als Rockstar. Sein bester Freund ist eine überlebensgroße Version seiner selbst: der Möchtgern-Musiker Super-Hans, ein vollkommen suspektes und vertrauensunwürdiges Subjekt, zu dem ausschließlich Jeremy aufsieht. Mark wiederum ist (jedenfalls zu Beginn) in seine Kollegin Sophie (Olivia Colman, „Green Wing“) verliebt, stolpert aber dermaßen über seine eigene Unentschlossenheit, daß er sie schließlich heiratet, obwohl er sich zuvor bereits dagegen entschieden hat.

Sam Bain und Jesse Armstrong, die Autoren von „Peep Show“, sind vielfach ausgezeichnet worden für ihre Serie, und obwohl sie Channel4 nur mittelmäßige Zuschauerzahlen beschert hat, liefen bereits fünf Staffeln und ist eine sechste in Vorbereitung: Denn ihr dunkler, böser Humor hat der Serie vor allem unter jüngeren männlichen Zuschauern ein begeistertes Fanpublikum verschafft, das sich über die immer peinlicheren Situationen freut, in die das Ensemble gerät: Sei es daß Jeremy mit Sophies Mutter schläft, sich einen Job schönredet, bei dem er einem von ihm verehrten Musiker, ähm: zur Hand geht oder daß Mark sich zum Stalker entwickelt, als Sophie in die Provinz versetzt wird.

Leider ist das Gimmick, das „Peep Show“ so einzigartig macht, nach meinem Dafürhalten auch das größte Handicap der Serie. Denn so schön es ist, entlarvende innere Monologe als Kommentare zur Handlung zu hören und die knietiefen Fettnäpfchen dementsprechend noch eindringlicher zu empfinden, die hier durchschritten werden, so hölzern wirken die meisten Schauspieler, wenn sie nicht mit anderen Schauspielern interagieren, sondern mit der Kamera, in die sie hineinsprechen müssen. Da entsteht keine Chemie, das bleibt ein bißchen lebloser, als es sein könnte, und wirkt schnell formelhaft — zumindest auf mich. Vielleicht bin ich aber auch einfach schon ein bißchen zu alt für „Peep Show“, vielleicht sollte ich mich eher an die Sketchshow „That Mitchell And Webb Look“ halten, die mir Murmel schon mehrfach ans Herz gelegt hat.

Die „Peep Show“-Clips bei YouTube, wo sich sogar ganze Folgen finden, lassen sich leider hier nicht einbetten, aber immerhin verlinken: Zum ersten Teil der ersten Folge bitte hier entlang!

((Jaja, die Überschrift versteht wieder mal keiner: eine Anspielung auf „Gary Gilmore’s Eyes“ von den Adverts.))