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Brooklyn nein-nein

28. Januar 2014 Keine Kommentare

Die Frau und ich haben leicht unterschiedliche Fernsehgeschmäcker. Nicht völlig unterschiedlich, naheliegenderweise, aber doch ein wenig. Sie schläft gerne mal bei Nerd-Comedy wie „Community“ ein (etwa bei der vorletzten Folge, einer bottle episode, die nur im Studienraum der Gruppe spielte) und behauptet dann, das sei „nicht lustig“ gewesen, obwohl meine Theorie eher die ist, dass man gar nichts lustig finden kann, während man schläft. Und ich gucke die eine oder andere Folge ComedyDrama wie vielleicht „Doc Martin“ oder „Stella“ eher ihr zuliebe, als dass ich wirklich noch mehr romantische Abenteuer zwischen Provinzbewohnern mit liebenswerten Schrullen sehen müsste.

Meistens aber sind wir uns einig. Zum Beispiel bei „Parks and Recreation“ (NBC, seit 2009), das auch in der sechsten Staffel noch so gut ist, dass es in unserem TV-Programm ganz oben steht. Oder „Cuckoo“ (BBC3, 2012) mit dem fabelhaften Andy Samberg. Was also lag näher, als dass „Brooklyn Nine-Nine“ (Fox, seit September 2013) eine neue gemeinsame Lieblingsserie werden würde, stammt es doch wie „Parks and Recs“ (und die US-Version von „The Office“) von Michael Schur und seinem Co-Autor (auch bei „Parks“) Dan Goor und featured in der Hauptrolle Andy Samberg als New Yorker Polizisten?

Tatsächlich: „Brooklyn Nine-Nine“ ist komisch. Samberg nervt und unterhält genauso wie in „Cuckoo“ in seiner Rolle als kindisch-lustiger Detective Jake Peralta, die einzelnen Folgen sind sehr schnell (so schnell, dass der Nachklapp unter den Schlusstiteln oft noch eng mit der Handlung der Folge zu tun hat), und die Figuren, die um Samberg herumgestellt sind, erinnern zwar mehr oder weniger deutlich an die aus „The Office“ und „Parks and Recs“ (Rosa Diaz [Stephanie Beatriz] ist schon allzu deutlich an April Ludgate [die sensationelle Aubrey Plaza] angelehnt), funktionieren aber dennoch/genau deswegen. Wir waren so begeistert, dass wir gleich vier, fünf Folgen am Stück weggeguckt haben.

Dann aber stellte sich eine überraschende Ernüchterung ein: Das Bedürfnis weiterzugucken wurde im Laufe einer Woche viel weniger stark, als ich es erwartet hätte. Und die Folge, die wir dann gesehen haben, war zwar wieder voll mit Knallergags und hübschen Ideen. Aber so richtig heiß loderte das Feuer in unseren Herzen und, äh, unterm Zwerchfell nicht mehr.

Tatsächlich haben Schur und Goor für „Brooklyn Nine-Nine“ eine Zutat radikal sparsamer eingesetzt als für „Parks and Recs“: nämlich Emotion. Zwar ist Leslie Knope (Amy Poehler) schon per se liebenswerter als der aufsässige Jake Peralta. Aber auch die Geschichten um Leslies Liebesleben und das der Figuren im Grünanlagendepartment kommen bei „Parks and Recs“ deutlich stärker zum Tragen als die in „Brooklyn Nine-Nine“. Wo sie nämlich (fast) vollkommen fehlen. (Es gibt zwar einen Subplot rund um eine zum Scheitern verurteilte, weil einseitige Liebe zwischen Diaz und dem Unglücksraben Boyle [Joe Lo Truglio], aber die wird nur zum komischen Effekt eingesetzt.)

Das liegt nah, einerseits. Auch das legendäre „Police Squad!“ (ABC, 1982), mit dem Zucker, Abrahams, Zucker die Grundlage für die „Naked Gun“-Reihe schufen, war schon genauso gestrickt: dicht voll mit Gags, frei von emotionaler Tiefe. Das Genre Police Procedural eignet sich vermutlich auch schlechter für Liebes-Nebenhandlungen, weil die immer sofort berufliche Komplikationen mit sich bringen, seien es die Kollegen, die sich in amouröse Stricke verheddern, oder, schlimmer noch, Polizisten und Zeugen/Verdächtige/Opfer oder gar Täter. Da ist die Stadtverwaltung deutlich geeigneter, in der es nicht sofort größte Konflikte gibt, wenn sich Angestellte miteinander einlassen. Oder mit Bürgern.

Aber leider fehlt ohne dieses Investment in die Charaktere auch sofort der Anker für den Zuschauer: Warum soll ich mit Peralta mitfühlen, wenn er gegen konkurrierende Detectives von anderen Dezernaten den Kürzeren zieht? Oder wenn er gegen einen Jugendlichen nicht ermitteln kann, weil dessen Vater Schlüsselfigur in der Polizei ist? Sambergs Jake Peralta ist in erster Linie eine pain in the ass, Leslie Knope hingegen ist eine Kämpferin für das Gute, Wahre und Schöne. Peralta ist Bart Simpson, Leslie Knope ist Lisa — und so komisch Bart, so komisch Homer ist: wirklich emotional verbunden bin ich als Zuschauer mit Lisa und Marge.

„Brooklyn Nine-Nine“ ist freilich trotz dieser Einwände immer noch sehr komisch und hat zu recht zwei Golden Globes abgeräumt. Die erste Staffel „Brooklyn Nine-Nine“ würde in meinem Privatranking vermutlich sogar gegen die vierte „Community“ gewinnen (nicht gegen die aktuelle, die ist wiederum deutlich besser als „Brooklyn Nine-Nine“). Aber es ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie viel komischer Comedy sein kann, wenn man in die Charaktere investiert ist, wenn die Komik auch aus den Charakteren heraus kommt — und nicht ausschließlich aus Onelinern, Slapstick und schnellen Pointen, wie phantastisch auch immer sie sein mögen.