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Archiv für die Kategorie ‘Sketchshow’

Kein Empfang

Jede Fernsehshow braucht das gewisse Etwas: Einen Clou, der sie von allen anderen Shows unterscheidet und einzigartig macht. Und jeder Blogeintrag hier braucht etwas, das über die reine Kritik („hat mir gut gefallen“) hinausgeht und ihn idealerweise auch dann lesenswert macht, wenn man die Show selbst nicht gesehen hat. Bei „No Signal“ (FX, mittwochs) fällt mir so ein Text schwer, möglicherweise, weil sie das gewisse Etwas eben nicht hat: zu viel Ähnliches habe ich schon gesehen, sei es „Broken News“ oder die „Kevin Bishop Show“, die alle von kurzen, schnellen Fernsehparodien leben, wie sie hierzulande von „Switch“ sehr hübsch betrieben werden. „No Signal“ tut so, als zappe jemand mit ADS durch etwa 3876 digitale Kanäle und bliebe dabei hie und da hängen, etwa bei „America’s Next Serial Killer“ oder der „100 Greatest 100 Greatest TV Moments Show Show“, bei der auf Platz 100 die „100 Greatest Cheese on TV Moments“-Show liegt, zwischendurch läuft russisches Homeshopping etwa für russische Bräute oder DVD-Werbung für Actionfilme („Plotless II“). Optisch ist das alles prima, vermutlich weil die beiden Köpfe hinter der Show, Pete Cain und Louis Bogue, aus der Werbung kommen; wirklich komisch aber ist es nur hin und wieder (nämlich etwa „American’s Next Serial Killer“).

„No Signal“ ist in England lediglich deshalb aufgefallen, weil es die erste britische Eigenproduktion des Fox-Ablegers FX ist, der in Großbritannien seit fünf Jahren digital empfangbar ist, und daß ich dennoch hier darüber berichte, hat nur einen Grund: Die schöne Homepage der Serie, die es dem Betrachter unter nosignaltv.com ermöglicht, selbst durch etliche der Sketche durchzuzappen und sich so ein Bild zu machen. Wer auf TV-Parodien dieser Art steht (und ein bißchen Ahnung von britischem Fernsehen hat, das da parodiert wird), greife aber lieber zur oben schon empfohlenen „Kevin Bishop Show“; Kevin Bishop selbst hat schon als Mitglied des „Star Stories“-Ensembles Meriten erworben.

https://www.youtube.com/watch?v=Z7ZfwomAPPY&hl=de&fs=1

Fett ≠ lustig

11. März 2009 2 Kommentare

Vor der Aufzeichnung der ersten Folge einer neuen Comedyshow hat das Produktionsteam häufig zwei Wünsche: Daß das Live-Publikum lacht, und daß es nicht zu sehr lacht. Denn so peinlich Totenstille ist, wo Gelächter sein soll, so unangenehm ist auch übertriebenes Gelächter, das die Zuschauer vor dem Fernseher mit der Frage zurückläßt, was da nun so wahnsinnig komisch gewesen sein soll. Insbesondere mit großer Erwartung aufgeladene Premieren fallen in letztere Kategorie; unter anderem John Cleese berichtete schon von seinen diesbezüglichen Befürchtungen beim Start von „Fawlty Towers“.

Daß das Livepublikum von Mathew Hornes und James Cordens erster gemeinsamer Sketchshow „Horne and Corden“ (BBC3, seit 10.3.) bereits frenetisch lacht, bevor ein einziger Scherz gemacht ist, liegt genau daran: die beiden genießen bei ihrem eher jungen Zusehern einen enormen Sympathievorschuß. Beide sind aus der über die Maßen erfolgreichen romantischen Sitcom „Gavin & Stacey“ bekannt. Dort ist Horne als Gavin in der Hauptrolle zu sehen, Corden als sein bester Kumpel Smithee; letzterer ist außerdem eine Hälfte des Autorenduos. In „Gavin & Stacey“ sind beide, eingebettet in die realistische Story einer Liebe zwischen Großstadt und Provinz, in ihrer jeweiligen Rolle gut: Horne als straight guy, der zwischen der frisch entflammten Liebe seines Lebens und seinem langjährigen Buddy vermitteln muß, Corden als tragikomischer Dicker, der zwischen Sonnyboy und Trauerkloß changieren darf.

„Horne and Corden“ aber enttäuscht, und zwar nicht nur, wenn man davon ausgeht, daß beide es, zwei Staffeln „Gavin & Stacey“ legen das nahe, besser können müßten. Ihr Material ist schwach, die Scherze auf Kosten von Schwulen und Übergewichtigen sind mau, und auch mit Obszönitäten wie einer Unterrichtsstunde im Pimmelzeichnen lockt man 2009 kaum noch einen Hund hinter dem Ofen hervor, selbst wenn er „Little Britain“ noch nicht gesehen haben sollte. Weder freut man sich als Zuschauer, bereits innerhalb der ersten Viertelstunde den adipösen Corden zweimal oben ohne und einmal völlig nackt gesehen zu haben, noch kitzelt einen die latente Homoerotik zwischen den beiden. Die war bei „Gavin & Stacey“ immer ein schön unwägbares Element, aus dem komische Funken geschlagen werden konnten, wird hier aber zur Masche, wenn sich etwa Superman und Spiderman in der Hallenbad-Umkleide zieren, sich voreinander auszuziehen.

Erste Folgen zu verreißen ist immer ein bißchen unfair, aber mit so viel Erfahrung, wie beide haben — Horne war z.B. auch in Sketchen der „Catherine Tate Show“ zu sehen — darf man hier wohl eine Ausnahme machen und konstatieren: „Horne and Corden“, obwohl mit fantastischen Einschaltquoten gesegnet, ist nicht und sind nicht lustig. Schade eigentlich.

Hethethethetheth pethethethethetheth!

9. März 2009 5 Kommentare

Bono Estente! Gegen die Bleiwüste (und weil ich, toitoitoi, zwei Tage nicht vorm Computer sitzen muß) hier drei Clips der m.E. lustigsten Sketchserie aus der legendären und wärmstens zu empfehlenden „Fast Show“: Die „Chanel 9 News“ bzw. „Neus“ (mit Paul Whitehouse, Paul Shearer und Caroline Aherne). Verständlich auch für nicht-englischsprachige Menschen, weil in Phantasiesprache. Ich empfehle, die restlichen Clips bei YouTube zu gucken: selten habe ich schönere Steigerungen des Wahnsinns gesehen als in dieser crazy Parodie auf spanisch/lateinamerikanisches Billigfernsehen. Hethethetheth pethethethetheth! Butros butros ghali.


Armando the great adult

21. Februar 2009 6 Kommentare

Armando Iannuccis Werk ist auch in England immer noch ein Geheimtip. Zu wenig zieht es ihn vor die Kamera, lieber schreibt und produziert er, von seinen Anfängen bei „The Day Today“ an immer wieder mit Steve Coogan und Chris Morris, und oft seziert er dabei die Mechanismen von Fernsehen und Komik, was ihn mehr zu einem Comedian’s Comedian macht als zum Publikumsliebling. Lange kokettierte er damit, daß alle seine erfolgreichen Formate kennen, aber niemand seinen Namen richtig schreiben kann. Das dürfte sich spätestens mit der bösen Polit-Satire-Serie „The Thick Of It“ geändert haben, aber mir gefallen seine versponnen-philosophischen Armando Iannucci Shows besser, deren Sketche häufig mit Oberservational Comedy beginnen, indem Iannucci etwa darüber reflektiert, daß Kinder sich immer mehr wie Erwachsene benehmen, dann aber schön regelmäßig ins Surreale abgleiten, wie hier, wo er einige Schüler auf kindgerechte Weise davon abbringen möchte, erwachsen sein zu wollen:

Iannucci ist immer dann gut, wenn er leise, aber irritierende Töne anschlägt und dabei traditionelle Komikmuster dekonstruiert, ja transzendiert — aber was rede ich da, wenn man sich es ebensogut ansehen kann! Hier etwa ein schön zerstörter Stand Up mit Powerpoint-Unterstützung, ebenfalls aus den „Armando Iannucci Shows“:

Schon bei den „Iannucci Shows“, die bereits auf DVD erschienen sind (£4.98!) und definitiv in jede Britcom-Bibliothek gehören, hatte Iannucci Unterstützung von den Computer-Animatoren, die auch die Dinosaurier der BBC-Dino-Dokus zum Leben erweckt haben, die Pro7 hin und wieder ausstrahlt. Eben diese Animations-Götter haben auch Iannuccis bis dato letzter eigener Serie „Time Trumpet“ zugeliefert, einer Parodie auf Nostalgie-Shows, die aus dem Jahr 2031 auf die ersten dreißig Jahre des Jahrtausends zurückblickt – und darin z.B. auf TV-Shows wie „Rape An Ape“:
https://www.youtube.com/watch?v=UpjQx2xjy-Y&hl=de&fs=1

„Time Trumpet“ erscheint Ende April auf DVD, und es funktioniert prima als Gegengift etwa zu den grauenhaften Retro-Shows, wie ich sie vorhin aus Versehen beim Frühstück auf RTL eingeschaltet habe, wo Oliver Geißen die lustigsten Lieder von Fips Asmussen und Bernd Stelter–, ach, ich darf gar nicht darüber nachdenken. — Mit von der Partie ist bei „Time Trumpet“, man hat es im Ausschnitt gesehen, u.a. Richard Ayoade („The IT Crowd“, „The Mighty Boosh“).

Piloten-Check 2: (ohne Worte)

9. Februar 2009 Keine Kommentare

Die Irokesen-Haarschnitte, einer rot, einer gelb gefärbt, kontrastieren prima mit den schwarzen Anzügen, die die beiden japanischen Straßenkünstler Ketch! und HIRO-PON in ihrem Piloten Ketch! & HIRO-PON Get It On an allerlei öffentlichen Orten spazierentragen: Am Strand, im Café, auf dem Parkplatz — überall versuchen sie, eine Frau für Ketch! (oder HIRO-PON?) zu finden und sie mit magischen Fähigkeiten zu beeindrucken. Das klappt mal besser, mal schlechter, aber stets ohne Worte, und wirkt dank allerlei Regie-Sperenzchen recht surreal. Hin und wieder allerdings auch ein bißchen gewollt edgy — ganz so, wie man es von der Produktionsfirma BabyCow halt gewohnt ist, die mit dem kleinkriminellen Dealer Moz und „Ideal“ eine ebenfalls recht bunte Figur in einer leicht unwirklichen Welt geschaffen hat. „Ideal“-Creator Graham Duff ist prompt auch bei „Ketch! & HIRO-PON Get It On“ mit von der Partie, in diesem hübschen Ausschnitt aber nicht zu sehen (hohe Auflösung empfohlen):

Bis jetzt gibt es nur die Pilotfolge (BBC3, 6.2.), die eine halbe Stunde lang und sehr unterhaltsam ist, weil die physical comedy des Duos Gamarjobat in Kombination mit cleveren Einstellungen und rückwärts aufgenommenen Szenen einen ganz eigenen Look irgendwo zwischen Straßenkunst und Sketchshow ergibt.