Archiv

Artikel Tagged ‘Rowan Atkinson’

R.I.P. Mel Smith

Mit nur sechzig Jahren ist Mel Smith gestern an den Folgen eines Herzinfarktes gestorben. Ein schwerer Verlust für die britische Comedy, die damit nicht nur einen großen Autor, Darsteller und Regisseur verliert, sondern auch einen herausragenden Produzenten, ja Mentor.

Denn während Mel Smith (zumindest hierzulande) vor allem als Hälfte von „Smith and Jones“ wahrgenommen wird, der an der Seite von Griff Rhys Jones in zehn (!) Staffeln „Alas Smith and Jones“ (BBC2/BBC1, 1984 – 1998) spielte, und von Fans der Britcoms vielleicht noch als Bestandteil der „Not the Nine O’Clock News“ neben u.a. Rowan Atkinson, so war er doch auch, zusammen mit Rhys Jones, Geburtshelfer zahlloser erstklassiger Comedyshows wie „Da Ali G Show“, „Green Wing“, „I’m Alan Partridge“, „Look Around You“, „The Day Today“, „The IT Crowd“ und „QI“. Schon 1981 nämlich gründeten Rhys Jones und Smith die Produktionsgesellschaft Talkback, mittlerweile eine der größten Produktionsfirmen Großbritanniens, die all diese Serien und die Panelshow „QI“ mit Stephen Fry produziert hat.

Natürlich ist Talkback schon 2003 (für 62 Millionen Pfund) an FreemantleMedia verkauft worden, so dass Smith an vielen der genannten Shows allenfalls indirekt beteiligt war; seine größte Zeit waren die 80er- und 90er-Jahre, und gesundheitlich ging es Mel Smith schon länger nicht mehr sehr gut. Aber sein guter Geist wirkte seit je über die Produktionen hinaus, an denen er direkt beteiligt war — indem er etwa Graham Linehan und dessen damaligen Autorenpartner Arthur Mathews als Mentor hilfreich war. Beide hatten ihre ersten Sketche in „Not the Nine O’Clock News“, und auch „Paris“ (Channel 4, 1994), die erfolglose Sitcom von Linehan und Mathews vor „Father Ted“, entstand bei Talkback.

Dementsprechend meldete sich Graham Linehan auf Twitter:

Very sad to hear news of Mel Smith’s death has been confirmed. He and Griff gave Arthur and I our break. Was always so kind & generous to us.

Ja, schade um Mel Smith, der die berühmten funny bones hatte. Wie man ganz leicht an diesem Sketch aus „Smith and Jones“ erkennen kann.

Der Mann, der Benny Hill war (extd. Rmx, letzter Teil)

1. September 2011 Keine Kommentare

Was bisher doch so alles geschah: Benny Hill wird zum Superstar der britischen Nachkriegscomedy, hat weltweit Erfolg über Erfolg — bis die Alternative Comedy seine Scherze zu rassistischem Altherren-Schmuddelhumor erklärt.

Doch es soll noch schlimmer kommen. 1989, Hill war gerade äußerst erfolgreich von einem Festival in Cannes zurückgekehrt, läßt der neue Leiter der Abteilung Leichte Unterhaltung von ITV, John Howard Davies, ihn zu sich kommen. Der festen Überzeugung, es ginge um die Einzelheiten der nächsten Staffel, erfährt Hill in einem Gespräch von nur wenigen Minuten Dauer zu seiner Überraschung: Thames Television danke ihm für alles, was sie zusammen erreicht hätten. Und seine Show sei abgesetzt.

Vom Olymp der Fernsehunterhaltung stürzt Benny Hill über Nacht ins Bodenlose. Schon Jahre zuvor hat die Yellow Press ihm Schmuddelskandälchen angehängt, die sich vorzugsweise um junge Frauen drehten, zu deren Darbietungen Hill „sich vergnügt“ habe. Ein Angebot aus den USA, für sechs Millionen Dollar 26 halbstündige Shows zu machen, nimmt er nicht mehr an, wohl weil er sich ungerne von seinem vertrauten Terrain wegbewegen will. Er zieht sich vollkommen aus der Öffentlichkeit zurück. Während Thames mit seiner Arbeit nach wie vor Millionen verdient, täglich bergeweise Fanpost eintrudelt und sich die Schecks weiterhin auf dem Kaminsims stapeln, geht es mit seiner Gesundheit rapide bergab.

Am 11. Februar 1992 wird er mit Brustschmerzen eingeliefert, einen Bypass lehnte er aber ab. Wenige Stunden, nachdem er acht Tage später entlassen wird, hat er einen Rückfall und wird, diesmal mit Nierenversagen, abermals ins Krankenhaus gebracht. Am 18. April stirbt Benny Hill, und er wird erst Tage später gefunden: von seinem jahrzehntelangen Begleiter, Produzenten und Regisseur Dennis Kirkland. Der wundert sich zuerst, daß Hill auf seine Anrufe nicht reagiert, sucht dann Hills Wohnung auf, und als ihm die Nachbarn sagen, dort laufe seit Tagen nonstop der Fernseher, klettert er schließlich auf den Balkon im dritten Stock. Von dem aus sieht er Hill zusammengesunken in seinem Sessel sitzen. Die Polizei bricht die Tür auf, und obwohl sie Kirkland verbieten möchte, irgend etwas zu verändern, darf der schließlich wenigstens Hills zerzauste Frisur ein wenig richten; ein letzter Dienst an dem großen Solitär. Als die Todesnachricht um die Welt geht, unterbricht das chinesische Fernsehen sein Programm für diese Meldung; sogar dort hatte man den universellen Humor Hills verstanden. Hills Vermögen geht mangels eines aktuellen Testaments an Nichten und Neffen, die Hill niemals gekannt hat; die einzigen Menschen, die ihm nahestanden, wie etwa sein „Angel“ Sue Upton, gehen leer aus.

„Goodnight, mother of five.“
„Goodnight, father of three.“

Was aber ist Benny Hills Vermächtnis? Nachdem die Welle der Political Correctness der Achtzigerjahre abgeebbt ist, hat mittlerweile auch die englische Comedy nicht keine großen Probleme mehr mit Männern in Frauenkleidern. Selbst Blackfacing, die durchaus problematische, weil rassistische Tradition weißer Entertainer, sich als Negerl zu schminken, wird nicht mehr geahndet: Matt Lucas und David Walliams etwa praktizierten es wieder für „Little Britain“ wie auch für ihre neue Show „Come Fly With Me“, die beide mittlerweile zum Mainstream gerechnet werden dürfen. Sacha Baron Cohen verkleidet sich in seiner Figur des Borat als beleidigend vulgärer Südländer und spielt in der Figur des Brüno den klischeehaft effeminierten Homosexuellen – mit einer anderen Intention als Benny Hill, gewiß. Der Ansatz aber ist der gleiche. Ist es nun Fortschritt, daß Hills sexualisierte Scherze, die lange einen sensationell schlechten Ruf hatten, heute wieder „gehen“? Hat eine dialektische Weiterentwicklung stattgefunden, die heutige Usancen dieser Art von damaligen unterscheiden, indem sie quasi als Parodie empfunden werden oder als anders gewendet, nämlich (wie im Falle Borats und Brünos) gegen das Publikum statt gegen die dargestellte Figur? Oder kann man wieder einmal einfach alles der Postmoderne in die Schuhe schieben, die macht, daß heute viele verschiedene Farben auf der Palette aktueller Comedy nebeneinander existieren dürfen?

Im wahren Leben nie auch nur in einer längeren Beziehung gewesen: Benny Hill auf einem Promofoto für "Who done it" (1956)

Die Shows Benny Hills von damals wirken heute jedenfalls beinah harmlos. Kaum eine Frau dürfte sich von ihnen tatsächlich noch angegriffen fühlen; genauso wenig wie von einer barbrüstigen Ingrid Steeger in einer Folge „Klimbim“ von 1974. Eher schon beschleicht einen eine gewisse Nostalgie, wenn man sich daran erinnert, daß es vielleicht ausgerechnet die „Benny Hill Show“ war, in der man mit 13 die ersten tiefen Ausschnitte und langen Frauenbeine gesehen hat, und wie unschuldig diese Kindheit und Jugend war angesichts der ubiquitären Übersexualisierung heutiger Medien. Von Internet und Youporn mal ganz abgesehen.

Wie war es nun, abschließend gefragt, um das Sexleben dieses dirty old man wirklich bestellt gewesen? Die einen behaupten, er sei sein Leben lang schwul gewesen, habe sich aber nie geoutet. Andere meinen, er hätte einfach nie wirklich Spaß am Sex gehabt, schon weil Frauen in ihm immer nur einen lustigen, dicklichen Kumpel gesehen hätten. Drei Frauen hat er Heiratsanträge gemacht, alle drei haben abgelehnt. Sein Frauentyp aber, wenn er denn einen gehabt hat, soll nie der der großen Blonden gewesen sein, sondern eher der der drallen Dunkelhaarigen. Die Reiseziele seiner Weltenbummeleien aber, Marseille, Hamburg, Bangkok, sprechen dafür, daß er es vorgezogen hat, für unverbindlichen Sex zu bezahlen, statt Beziehungen mit Frauen einzugehen, die ihn in seiner Egomanie nur eingeschränkt hätten.

Vielleicht, und das wäre eine unschuldige Erklärung, ist Benny Hill in bestimmten Entwicklungen einfach früh stehengeblieben: Seine Beziehung zu Geld in den Fünfzigern, die zu Frauen schon vor der Pubertät. Er soll, so sagen Klassenkameraden, bereits zu Schulzeiten mehr an Bildern von (glamourösen) Frauen interessiert gewesen sein als an seinen Klassenkameradinnen. „He was a watcher“, sagt Kirkland: Hill tat sein Leben lang nichts anderes, als zuzusehen — er sah fern, nichts anderes tat er sein einsames Leben lang zuhause, wo er über eine ansehnliche Sammlung früher Schwarzweiß-Comedyfilme verfügte. Und er sah sich Liveshows an, in Frankreich, Spanien, überall auf der Welt. Er wollte der lustige Dicke auf der Bühne sein, umgeben von hübschen Frauen, die ihm zu Füßen liegen, eine Figur aus dem Varieté.

Bittere Ironie dürfte für ihn gewesen sein, daß ITV ihn absetzte, weil seine Art altmodisch und überkommen wirkte — und ihn aber ausgerechnet durch eine jüngere, aktualisierte Variation seiner eigenen Bühnenfigur ersetzte. Durch eine Figur, die wie er in ihren lustigsten Sketchen ohne Dialog auskam, deren stummer, alberner Slapstick und hauptsächlich visueller Humor genau wie seiner bald einen weltweiten Siegeszug antrat, und die auch noch aus den Reihen der Alternative Comedy kam: Am 1. Januar 1990 begann die steile Karriere von Rowan Atkinson in seiner eigenen Show „Mr. Bean“.

Funny Money

21. Oktober 2010 1 Kommentar

The Sun hat die Top-40-Verdiener der britischen Comedy zusammengestellt und ihre Einkünfte aus dem laufenden Jahr geschätzt. Die geringste Überraschung sind natürlich die Spitzenreiter:

1. Sacha Baron Cohen: 8 Millionen Pfund (9 Mio. Euro) dank „Brüno“ und „Borat“

2. Ricky Gervais: 7 Mio. Pfund (7,9 Mio. Euro) dank der US-Lizenz für „The Office“, seiner UK-Tour „Science“ und zwei US-Live-Auftritten für geschätzte 500 000 Pfund.

2. Rowan Atkinson: dito 7 Mio. Pfund aus seiner „Mr Bean“-Rente, die ihm die permanente Ausstrahlung seiner Kultserie in Flugzeugen bringt: „Mr Bean“ ist die am häufigsten gezeigte Show auf Flügen.

2. Peter Kay: dito 7 Mio. für seine erste Stand Up-Tour seit sieben Jahren, die im nächsten Monat anläuft.

Auf Platz 6 folgt Steve Coogan, der sich mittlerweile auf dem US-Film- und -Fernsehmarkt etabliert hat, mit 5 Mio. Pfund (5,6 Mio. Euro); Platz 9 geht an Eddie Izzard (4 Mio. Pfund). Erst auf Platz 16 kommt Stephen Fry (2 Mio. Pfund), Plätze 21 resp. 24 gehen an die „Little Britain“-Stars David Walliams und Matt Lucas (1,8 bzw. 1 Mio. Pfund). John Cleese trudelt auf Rang 29 ein mit einer halben Million Pfund, dito Bill Bailey, und Mitchell & Webb haben 700 000 bzw. 400 000 Pfund eingefahren.

Was verdienen eigentlich deutsche Comedians? Ich habe mal eben schnell gegoogelt, aber offenbar sind deutsche Medien a) weniger an den Umsätzen der Comedy-Industrie interessiert oder b) ein wenig zurückhaltender mit so privaten Informationen wie Jahreseinkünften. Wer weiß was?

Don’t use numbers

11. September 2009 3 Kommentare

Woran mißt man den Erfolg eines Gagautors? Im Falle Laurie Rowleys vielleicht daran: Für die „Not the Nine O’Clock News“ (mit Rowan Atkinson, Mel Smith und Griff Rhys Jones sowie dem jungen Chris Langham) schrieb er einmal einen Sketch über schwer alkoholisierte Darts-Spieler, der so populär wurde, daß Darts zu spielen aus der Mode kam — und der Konsum von Alkohol bei professionellen Darts-Austragungen daraufhin verboten wurde. Rowley ist nun gestorben, und in einem Nachruf werden fünf Tips für Gagautoren referiert, die ich hier mal weitergebe, zum Nutzen und Frommen der Allgemeinheit:

  • Don’t use numbers: the audience start worrying about figures and miss the joke.
  • Don’t distract with unnecessary details.
  • At all costs avoid „jingles“ — the repetition of a word.
  • Remember most people are mainly interested in sex and money.