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Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 3

23. November 2009 19 Kommentare

cringe 1 ~ (at), move (the body) back or down in fear: The dog ~d at the sight of the whip. 2 behave (towards a superior) in a way that shows lack of self-respect; be too humble: a cringing beggar; to ~ to/before a policeman.

Oxford Dictionary of Current English, 1974

Komik durch Fremdschämen, größte Verlegenheiten und peinliche soziale Situationen herbeizuführen, ist keine Idee der Nullerjahre: Schon die Pythons haben im „Flying Circus“ mit dieser Spielart der black comedy gearbeitet. Sie ist nicht einmal etwas spezifisch englisches: Auch „Frasier“ (1993 – 2004) lebte zu einem guten Teil davon, daß sich Frasier (und Niles) regelmäßig selbst in mißliche Lagen manövrierten. Doch die Peinlichkeitslust (wenn man diesen Terminus parallel zur Angstlust einführen möchte) begann im britischen Fernsehen Mitte der Neunziger mit Steve Coogans „Knowing Me, Knowing You… With Alan Partridge“ (1994), blühte Ende der Neunziger mit „I’m Alan Partridge“ auf (1. Staffel 1997, 2. Staffel 2002) und hat seitdem ein Hoch: die „Ali G Show“ (2000) und Sacha Baron Cohens anschließende Filme „Borat“ und „Brüno“, „Peep Show“ (2003 – ), viele Serien aus Coogans Baby Cow-Produktionsgesellschaft: „Human Remains“ (2000), „Marion and Geoff“ (2000 – 03), „Nighty Night“ (2004 – 05); außerdem etwa Charlie Brookers und Chris Morris‘ „Nathan Barley“ (2005).

Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, was viele dieser Produktionen eint: Sie haben auf die eine oder andere Weise postmoderne Elemente, beschäftigen sich selbstreflexiv mit den Medien, konkreter: mit dem Fernsehen, oder mit der Wirklichkeit und ihrer Konstruktion in den und durch die Medien. Cohen tut dies (zumindest semi-) dokumentarisch, wenn er mehr oder weniger unbedarfte members of the public vor die Kamera stellt und sie sich dort blamieren läßt (aber sein Material stark bearbeitet), Coogan fiktional, indem er einen Fernseh-/Radiomoderator erfindet, der sich vor uns, seinem Publikum, durch inakzeptables Sozialverhalten selbst erniedrigt, und die Serie, die es auf Platz drei der Top-10-Comedys der aktuellen Dekade gebracht hat, treibt die postmoderne Reflexion auf die Spitze, indem sie sich mit („Reality“-) TV zum einen und mit Comedy selbst zum anderen beschäftigt und so in ungeahnte Höhen (oder Tiefen?) der Peinlichkeit vorstößt:

Platz 3: „The Office“ (2001 — 2003, BBC2)topten03b

David Brent (Ricky Gervais) ist der Boß aus der Hölle: Einer ohne jegliches Einfühlungsvermögen, ohne Autorität, der nicht nur von allen gemocht und als Freund betrachtet werden möchte, sondern Anerkennung für ein Talent einfordert, dessen völliges Fehlen jedem im Großraumbüro schmerzhaft bewußt ist außer ihm selbst: das Talent, komisch zu sein. Er hält sich für einen „chilled-out entertainer“, ist Fan von Fernsehcomedy (nennt sein Pub-Quiz-Team dementsprechend „The Dead Parrots“) und möchte vor der Dokumentar-Filmcrew, die ihn und seine Angestellten begleitet, stets den besten Eindruck hinterlassen. Seine unsicheren Blicke in die Kamera, seine Angebereien betreffen uns, sie sind an uns, die Zuschauer (und Comedyfans) vor dem Fernseher gerichtet und machen „The Office“ so schmerzhaft wie kaum eine andere Sitcom davor oder danach. Die Hölle, das sind auch hier die anderen, nämlich die, von denen David Brent geliebt werden möchte, und die ihrerseits kaum herauskommen aus der Dilemma-Hölle zwischen der Verzweiflung Brents und seiner Verblendung, ein begabter Unterhalter zu sein.

Der fake documentary-Stil von „The Office“ war zunächst aus rein praktischen Erwägungen entstanden: Stephen Merchant durchlief 1998 das „Trainee Assistant Producer Scheme“ (TAPS) der BBC, in dessen Rahmen ein kurzer Feature-Film produziert werden sollte. Merchant entschied sich, mit Gervais etwas Fiktionales zu drehen anstelle der üblichen Mini-Reportagen, und da sie das Kamerateam für nur einen Tag hatten, war es das schnellste, dokumentarisch vorzugehen: Das bedeutete, daß man auf Beleuchtung, Geräusche und narrative Setups keine Rücksicht nehmen mußte. Damit hatten sie sich im wesentlichen aus den gleichen Gründen für einen Docusoap-Ansatz entschieden wie zur gleichen Zeit (und bis heute) viele Fernsehstationen: Es war billiger und ging schneller.

Bald war jedoch klar, daß genau dieser Docusoap-Stil auch das beste Transportmittel war für die desaströsen Comedyversuche Brents. Der hofft, daß seine Zitate und Verweise auf Comedy oder komisch gemeintes (wie den sprechenden Plastikfisch an der Wand) auf ihn abfärben und ihn als komischen Typen dastehen lassen; nicht selten schiebt er, um ganz sicher zu gehen, daß er richtig verstanden wird, auch noch einen Appendix an Erklärungen und Quellenangaben hinterher. Er selbst ist allerdings nie lustig, allenfalls hysterisch, wenn er etwa mit einem aufblasbaren Riesenpenis herumimprovisiert, den Tim zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, und wird sofort bitter ernst, als es um eine seiner catchphrases geht:

Brent: Remember, you’re only as old as the woman you feel.

Gareth: I say that sometimes.

Brent: Yeah, I heard you say it the other day, and I thought, „He’s using one of my catchphrases“. I dont’t mind influencing a younger comedian — you’re not a comedian — but, you know, I usually credit someone if I use their comedy.

Die Verwechslung von Comedy-Referenzen mit Comedy erreicht ihren Höhepunkt, als Brent bei seiner Motivationsrede über einen Mann aus der Papierindustrie zu reden beginnt, Eric Hitchmough, und sich diesen sowohl als Basil Fawlty wie auch als Columbo vorstellt:

Brent: Imagine if Eric was a Los Angeles detective. Be a bit weird, wouldn’t it? „Um, yeah… One final thing, my wife loves you… and I don’t agree with that in a workplace!“ What’s that, Eric? You’ve given up being a Los Angeles detective and started running a hotel in Torquay? „Yes! Don’t mention the war! I mentioned it once, but I think I got away with it and I don’t agree with that in a workplace!“

Ricky Gervais spielt David Brent, der Eric Hitchmough imitiert, wie er John Cleese als Basil Fawlty nachäfft, der Adolf Hitler darstellt — postmoderner wird’s nicht.

„The Office“ trat auf den Plan, als die Unkenrufe zum Zustand der britischen Comedy kaum noch zu überhören waren: „Is this the end for TV Sitcoms?“ fragte die Daily Mail, „Something is rotten in the state of TV comedy“, witterte der Daily Telegraph), während der Guardian Fernsehcomedy mit  „Both feet in the grave“ sah (alle zitiert nach dem empfehlenswerten „The Office“ von Ben Walters) — daß aber wenige Wochen später mit „The Office“ eine Sitcom auf den Plan treten sollte, die die Maßstäbe für Jahre setzen sollte, war auch nach der Ausstrahlung der ersten Staffel nicht sofort klar: „The Office“ hatte marginale Quoten, fuhr für BBC2 die geringste Publikums-Zustimmungsrate des Jahres 2001 ein (abgesehen von der Übertragung vom Frauen-Bowling) und wurde von vielen Zuschauern nicht einmal als Comedy erkannt. Einige Jahre später war es die meistverkaufte Britcom-DVD aller Zeiten, verkauft an Sender in sechzig Länder und in einer US-Version adaptiert, die mittlerweile in der sechsten Staffel ist.

Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 5

13. November 2009 7 Kommentare

Große Budgets — kleine Budgets; viele Autoren — wenige Autoren; Fachleute für jeden Pups — Personalunion von Autor und Hauptdarsteller: Das sind die augenfälligen Unterschiede zwischen US- und britischen Sitcomproduktionen, leicht vereinfacht dargestellt.

Kleine Budgets bedeuten: Wenige Schauplätze, kaum Spezialeffekte, niedrige Gagen und hoher kreativer Druck, diese Handicaps auszugleichen. Wenige Autoren bedeuten: Weniger Episoden pro Staffel (sechs oder sieben vs. zwölf bis 24), niedrigere Gagdichte, dafür mehr Komik, die aus Charakteren entsteht. Personalunion von Autor und Hauptdarsteller zusammen mit hohem kreativem Druck bedeuten: Serien, die höchst individuelle Handschriften tragen und von (vergleichsweise) großer künstlerischer Freiheit geprägt sind.

Auf Platz fünf meiner höchst privaten und extrem willkürlich zusammengestellten Britcom-Top-Ten findet sich eine Serie, der man all die oben genannten Charakteristiken deutlich ansieht: Kleines Budget, Autor ist auch Hauptdarsteller, eigene Handschrift. Und sie spielt auch noch im Comedy-Zirkus zwischen Live-Gigs und Fernsehwerbung, Panel- und Talkshows, im writer’s room eines Comedians, der auch im wirklichen Leben einer ist.

Platz 5: „Lead Balloon“ (2006 — , BBC4/2)topten05

Rick Spleen (Jack Dee) ist ein Stand Up-Comedian und Autor, dessen Karriere nicht ganz so verlaufen ist, wie er sich das gedacht hatte: Er hat den Breakthrough nie geschafft, und statt einer eigenen Fernsehshow darf er allenfalls die Texte für das englische Äquivalent von „Ups — die Pannenshow“ schreiben. Sein sauertöpfisches Wesen, seine notorischen Lügen und geklauten Witze, seine ganzen Neurosen und kleinlichen Beschwerden erleichtern ihm das Leben genauso wenig wie sein amerikanischer Coautor Marty (Sean Power), der mit seinem aufgeräumten Sonnyboy-Wesen das genaue Gegenteil von Rick ist. Dessen Leben wiederum, das sich größtenteils bei ihm zuhause abspielt, wird bestimmt von seiner Familie, i.e. seiner ihn stets unterstützender Frau Mel (Raquel Cassidy), seiner nutzlosen Tochter Sam (Antonia Campbell-Hughes) und ihrem unmotivierten Freund Ben (Rasmus Hardiker) sowie der griesgrämigen osteuropäischen Haushaltshilfe Magda (Anna Crilly).

Egal, ob es nun darum geht, daß Rick Gewicht zugelegt hat und beim Fitneß-Training unüberlegterweise behauptet, das liege an einem Medikament gegen Krebs, er habe nämlich Krebs!, oder ob er den Wirt seines Stammcafés bei einem Seilspring-Marathon für eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit fünf Pfund sponsern will und erst zu spät begreift, daß das fünf Pfund pro Sprung bedeutet; ganz gleich, ob er während eines Fernsehquizes als prominenter Unterstützer einer Kandidatin die falsche Antwort vorgibt und sie damit um den Gewinn eines Autos bringt oder einen Selbstmörder rettet: Stets bugsiert er sich in das tiefste aller Fettnäpfchen. Es stellt sich heraus, daß sein Mitsportler im Club selbst Krebs hat und alles über das Krebsmedikament erfahren möchte, das Rick nimmt; er wird gezwungen, der erfolglosen Quizkandidatin von seinem Honorar ein Auto zu kaufen und entscheidet sich für das billigste, das er kriegen kann; der Selbstmörder entpuppt sich als Pädophiler.

„Lead Balloon“ (der Titel bezieht sich auf den sprichwörtlichen Blei-Ballon, der im Englischen so abstürzt wie im Deutschen die bleierne Ente untergeht) hat den Paradigmenwechsel durch „The Office“ und „Curb Your Enthusiasm“ mitgemacht und überzeugt als Sitcom der Nullerjahre durch die Dialoge, die so alltäglich-improvisiert und ungekünstelt laufen wie die von „The Office“, aber so kunstvoll mehrere anscheinend unzusammenhängende story lines verknüpfen und in großen Katastrophen kulminieren lassen wie „Curb“. In der dritten Staffel schließlich gibt es wie in „Curb“ auch noch mehrere Story-Bögen, die sich durch die ganze Series ziehen. Jack Dee wirkt so überzeugend wie Larry David, weil auch er tatsächlich aus dem Metier ist und vor „Lead Balloon“ schon als Stand Up-Comedian und Fernseh-Moderator in England recht prominent war; seine Bücher (zusammen mit Pete Sinclair) sind vor allem in ihrer Innenansicht der Comedy-Welt glaubwürdig.

Die ersten beiden Staffelnsind auf DVD erschienen, eine vierte Staffel ist für Herbst 2010 angekündigt.

Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 8

21. Oktober 2009 10 Kommentare

Platz acht festigt einen Trend, der sich durch die weiteren Plazierungen in meinen höchst persönlichen Britcom-Charts fortsetzen wird: Den zur cringe comedy. Peinliche Momente, in denen der Zuschauer kaum anders kann, als vor Fremdscham im Sofa zu versinken oder sich in distanzierendes und insofern rettendes Gelächter zu flüchten — das war DER Comedy-Trend der nuller Jahre. Vielleicht war die britische Sitcom der letzten Dekade auch deshalb nicht mehr so mehrheitsfähig wie (und damit leider auch ein bißchen weniger relevant als) früher: Weil sie alle ausschloß, die nicht bereit waren, sich solchermaßen unangenehmen Situationen auszusetzen. Andererseits war britische Fernsehkomik dadurch auch englischer denn je und das genaue Gegenteil deutscher Comedy, die immer noch weitgehend integrativ ist und möchte, daß alle zusammen lachen und es möglichst gemütlich haben.

Auf Platz acht findet sich die zweite Serie des Großmeisters der cringe comedy, Ricky Gervais, die nicht ganz so böse ist wie seine erste, es aber nichtsdestoweniger unter die besten zehn geschafft hat:

Platz 8: „Extras“ (2005 – 2007, BBC2/HBO)topten08a

Fatale Selbstüberschätzung ist einer der schnellsten Wege zu Demütigung, und Andy Millman (Gervais) mangelt es daran niemals: Der Film- und Fernsehstatist hängt fest an seinem Glauben, ein verkanntes Schauspieltalent zu sein, und bringt sich durch diese Fehlwahrnehmung permanent in Verlegenheit, vor wie hinter den Kulissen. Umso mehr, als er neben Größen des Fachs wie Ben Stiller, Kate Winslet und Samuel L. Jackson spielen muß und keine Gelegenheit ausläßt, von einem ins nächste Fettnäpfchen zu treten: Er versucht, aus seiner Komparsenrolle in einem Balkankriegsdrama eine kleine Sprechrolle zu machen, und belästigt damit den schwer traumatisierten Autor, der im Kosovo Frau und Kind verloren hat, auf dem Set. Er gratuliert Jackson für seine Rolle in „The Matrix“ und gibt sich, weil er ihn mit Laurence Fishburne verwechselt, indirekt als Rassist zu erkennen, der einen Schwarzen nicht vom anderen unterscheiden kann (Edit: genaugenommen war es Maggie, die Jackson mit Fishburne verwechselt hat, siehe Kommentare). Er versucht sich an David Bowie ranzuwanzen, was damit endet, daß der ihn mit einem improvisierten Schmäh-Lied öffentlich bloßstellt.

Zur Seite stehen Andy sein törichter Agent Darren (Stephen Merchant) und Maggie Jacobs (Ashley Jensen), ebenfalls Komparsin und ein Quentchen einfältiger als Andy; zusammen ergeben Andy und Maggie einen double act, der von ferne an Stan Laurel und Oliver Hardy erinnert: Maggie in der Rolle des naiven Stan, Andy in der des genervten Olli. Die Ähnlichkeit der Mimik ist stellenweise verblüffend.

In der zweiten Staffel hat Andy es zu einer eigenen BBC-Sitcom gebracht („When The Whistle Blows“), doch schnell ist klar, daß die Herabwürdigungen damit längst kein Ende haben: Andy wird so lange gezwungen, Kompromisse zu machen, bis sein ehrgeiziges Comedy-Projekt zur Doofi-Sitcom mit der schlichten catchphrase „Are you having a laugh?“ samt „funny wigs and glasses“, lustigen Perücken und dicken Brillen, verkommen ist (ein Schelm, wer an deutsche Sitcoms á la Atze Schröder dabei denkt). Peinlicher noch als seine schlimm schlechte Sitcom, für die sich Andy bald sehr schämt, ist nur: ihr phänomenaler Erfolg, der dazu führt, daß Andy bald von Kritikern beschimpft wird und von bescheuerten Fans verfolgt, die nichts anderes von ihm wollen, als daß er seine Cathphrase aufsagt — wieder und wieder und wieder… Im Weihnachts-Special schließlich hat Andy es geschafft, ein Fernsehstar zu werden, während Maggie ihre Karriere zugunsten eines Putzjobs aufgegeben hat.

In „Extras“ konnte man Ricky Gervais auf dem Höhepunkt seiner bisherigen Comedylaufbahn sehen: „The Office“ hatte ihm, der zuvor völlig unbekannt gewesen war, alle Türen geöffnet. Britische Prominenz von Patric Stewart bis Orlando Bloom standen Schlange, um in seinen Produktionen mitspielen zu dürfen, selbst Hollywood-Stars wie Robert DeNiro wollten dabeisein. Gervais nutzte die Gelegenheit, um die Film- und Fernsehwelt zu karikieren, griff dafür aber zu konventionelleren Methoden als zuvor bei „The Office“: Statt dessen Mockumentary-Stil (und damit sich selbst) zu kopieren, entwarf Gervais „Extras“ als traditionellerer Sitcom (eine Kamera, kein laugh track) — was ihm Fans prompt übel nahmen, die etwas ähnlich abgründig-bitteres wie „The Office“ erwartet hatten. Diesen Erwartungen zu entsprechen, wäre allerdings schwerlich möglich gewesen. „Extras“ aber war bei genauerer Betrachtung immer noch böse und brillant genug, um als würdiger Zweitling in die Geschichte einzugehen.

In the News (7)

17. Oktober 2009 3 Kommentare

Monty Pythons überlebende Mitglieder (plus ein cardboard cut-out von Graham Chapman) haben sich wiedervereinigt: in New York, um einen Spezial-Bafta entgegenzunehmen. Die London Times berichtet von der Feier, ebenso der Guardian, der auch noch einen Clip hat, auf dem Eric Idle wie ein Gebrauchtwagenhändler aussieht. In der Times wiederum darf „Top Gear“-Petrolhead Jeremy Clarkson in seiner Kolumne berichten, wie sein Vater ihn mit neun aus dem Bett geholt hat, um ihm Monty Python zu zeigen, und entpuppt sich als inoffizielles Mitglied der „Dead Parrots“ (dem Pub Quiz-Team aus „The Office“).

Ricky Gervais darf, apropos „The Office“, den Fragebogen im Guardian ausfüllen („The most significant event of the decade? The war on terror. Or writing an episode of The Simpsons. It’s hard to choose, isn’t it?“).

Peter Capaldi, der ewig fluchende Spin Doctor Malcolm Tucker in Armando Iannuccis genialem Film „In the Loop“ und der vorangegangenen Serie „The Thick of It“, darf sich zur kommenden Staffel eben dieser Serie im Guardian äußern (gibts eigentlich auch andere Zeitungen auf dieser komischen Insel?).

Curb Your Enthusiasm gewidmet ist schließlich eine Eloge in der Times, die sich mit den speziell jüdischen Aspekten der Serie befaßt, und

ich gehe jetzt wieder ins Bett, Herrschaften, das Buchmessenfest gestern war sagenhaft, und dementsprechend aufgequollen fühlt sich mein Kopf jetzt auch an innendrin, aber das ist angesichts der sensationellen Feier nur angemessen und nicht weiter schlimm. Nur meine goldene Uhr, die ich zum Abschluß meiner beinah zehn Dienstjahre bei TITANIC gestern abend ja wohl bekommen haben muß, kann ich irgendwie nirgends finden. Dafür hat Gärtner jetzt vermutlich zwei. Sei’s, wie es sei. Gute Nacht!

Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 9

14. Oktober 2009 8 Kommentare

Eines meiner Hauptkriterien dieser Britcom-Top 10 des ausgehenden Jahrzehnts ist, das erwähnte ich schon bei Platz 10 („Black Books“), die leichte Zugänglichkeit von Serien. Das bedeutet: Das Verhältnis von Dialogwitz und visual gags muß stimmen, die Geschichte muß ein gewisses Tempo haben und sollte in einem Setting stattfinden, das uns Kontinentbewohnern auch ohne intime Kenntnisse der britischen Kultur zugänglich ist.

Platz 9 meiner Charts entspricht allen diesen Kriterien auf das Hervorragendste und erschien deshalb offenbar auch hiesigen Fernsehschaffenden so anschlußfähig, daß sie eine deutsche Version davon drehten. Die war nicht wirklich gut, hielt sich aber immerhin weitgehend an die Vorlage und war deshalb auch nicht ganz schlecht. Die Rede ist von

Platz 9: „The Worst Week of My Life“ (2004 – 06, BBC1)topten09

Die letzten sieben Tage vor der Hochzeit von Mel (Sarah Alexander) und Howard (Ben Miller) entwickeln sich zur reinen Katastrophe: Was schiefgehen kann, geht schief. Das beginnt bei kleineren Mißgeschicken — dem Ehering, der ins Waschbecken fällt — und endet damit, daß der Hund der Schwiegereltern tot ist, ihr Auto kaputt, die Oma im Krankenhaus und das Haus mit Haßparolen beschmiert. Howard, Sohn eines Klempners, hat von Anfang an bei den snobistischen Eltern seiner Zukünftigen keinen leichten Stand. Aber dadurch, daß er immer verzweifelter versucht, doch noch alles ins Lot zu bringen, indem er lügt, hinhält, vertuscht, was nur geht, macht er Zug um Zug alles immer noch schlimmer: Mit jeder Folge, die je einen Tag der Woche erzählt und meist mit einem hübschen Cliffhanger endet, wird das Chaos größer, liegen die Nerven blanker. Howards einziges und großes Glück ist, daß seine Frau ihn wirklich liebt und zu ihm hält. Doch auch ihre Leidensfähigkeit hat Grenzen.

„The Worst Week of My Life“ hat alle Zutaten einer klassischen Farce: Unwahrscheinliche Zufälle, sprachlichen Witz und ein rasantes Tempo, das sich immer noch steigert. Die Slapstickmomente sind erfrischen gewalttätig, werden aber durch den betont klassischen Sitcom-Rahmen (eine Kamera, kein laugh track) aufgehoben. Infolgedessen gibt es zwar höchst peinliche cringe comedy-Momente, sie sind aber nie so schmerzhaft, so schneidend böse sind wie etwa bei „The Office“, sondern immer burlesk-komisch. „The Worst Week“ ist also familienkompatibel, einerseits, schafft es aber andererseits, innerhalb dieser Harmlosigkeit erschütternd komische Übertreibungen einzubauen, die mich hin und wieder zum Japsen gebracht haben vor Vergnügen.

Auch diese Britcom, wie schon „Black Books“, ist für britische Verhältnisse eher warm, weil zumindest die unverbrüchliche Liebe zwischen Mel und Howard für emotionale Akzente sorgt, die in schwärzeren Britcoms generell fehlen. Unter anderem deswegen dürfte es auch für den amerikanischen Markt adaptiert worden sein. Der bevorzugt ja, ähnlich wie der deutsche, Sitcoms, die unter aller Komik einen Boden der Freundschaft/Familie einziehen, der Sicherheit gibt und gewährleistet, daß niemand alleine bleibt — friends will be there for you. So verlogen ich das finde, und so sehr ich die kalten Britcoms bevorzuge, in denen die Figuren wissen, daß alles Arsch ist und keine Familienbande stark genug sind, einen in einer kalten Welt voller Arschlöcher zu trösten: Für „The Worst Week of My Life“ mache ich eine Ausnahme.

Auf zwei Staffeln hat es „Worst Week“ gebracht, in der zweiten geht es um die letzte Woche vor Mels Niederkunft, plus ein mehrteiliges Weihnachts-Special („The Worst Christmas…“); da das Rezept aber je das gleiche war, ist die erste Staffel die bessere, weil überraschendere, ohne daß die Fortsetzungen aber wirklich schlechter wären. Dafür sorgt neben den Drehbüchern von Mark Bussell und Justin Sbresni in erster Linie der hochkarätige Cast, neben Miller („Moving Wallpaper“) und Alexander („Coupling“, „Green Wing“) vor allem die liebenswürdige Alison Steadman („Gavin & Stacey“) und Geoffrey Whitehead als Howards Schwiegereltern.

BBC3 jetzt mit Büro-Kindergarten

11. September 2009 Keine Kommentare

Who let the kids out?! Zwei neue Sitcoms auf BBC3 — und beides Teen-Formate? „Das finde ich nicht gut!“ (Helge Schneider)

„Lunch Monkeys“ porträtiert eine Handvoll Schulabgänger, die sich ganz gegen ihren Willen in einer unfaßbar langweiligen Arbeitswelt wiederfinden: In der Post-Abteilung einer großen Anwaltskanzlei. Dort juxen und albern sie den ganzen Tag herum, treten am ersten Arbeitstag mit iPod-Stöpseln in den Ohren beim Chef an, gehen dort gleich noch ans Handy, schreiben eine SMS und beleidigen anschließend seine Frau, die auf einem Schreibtischfoto eher unvorteilhaft rüberkommt — nein, lustiger wird’s nicht. Dazu noch ein Anwaltsschnösel, der drauf und dran ist, sich durchs ganze Büro zu bumsen („just the girls“) und direkt eine der Neuen schwängert, puha. Kinder, die Büro spielen.

https://www.youtube.com/watch?v=18VqWzyQbv4&hl=de&fs=1&

Vielleicht ist es der Erfolg von „The Inbetweeners“ (und der von „Gavin & Stacey“, auch wenn letztere schon ein paar Jährchen älter sind). Jedenfalls richtet die Beeb ihre Comedy-Neuentwicklungen nun offenbar in erster Linie an Kinder, möglicherweise in der Hoffnung, die kennen „The Office“ nicht. Oder, wie es Lucy Mangan ausdrückt: „Lunch Monkeys“

broke two of the golden rules of modern comedy. First, don’t set it in an office until memories of Gervais and Merchant’s genius creation have been given at least 30 years to fade. And second, if you do set it in an office, do not include the line: „It just seems like there should be more to life than this.“ It makes people weep, and not in a good, recognition-of-a-timeless-and-immortal-truth kind of way.

Mal sehen, ob wenigstens „Off the Hook“ was taugt, die andere neue Kinder-Sitcoms von BBC3.